Politik
Kann man das glauben?
6. Januar 2019, 10:07 Uhr aktualisiert am 6. Januar 2019, 10:07 Uhr
Eine Überraschung war es nach dem Vorspiel nicht: Auf der Winterklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten in Kloster Seeon wurde die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ordentlich umarmt. Nach dem vermurksten Jahr 2018, in dem in einem schwer nachvollziehbaren Streit zwischen CSU und CDU die Koalition an den Rand des Bruchs gebracht wurde, hat der designierte CSU-Vorsitzende Markus Söder Harmonie ausgerufen. Streit schade immer, sagte Söder nach der verlorenen Landtagswahl vom vergangenen Oktober.
Einen ausführlichen Bericht mit Video zur Winterklausur der CSU-Landesgruppe finden Sie hier: Zank zwischen CDU und CSU war gestern.
Von Seeon geht damit das - freilich reichlich strapazierte - Signal aus: "Wir haben verstanden". Sogar Landesgruppenvorsitzender Alexander Dobrindt, der als einer der Scharfmacher im vergangenen Migrationsstreit gilt, machte an führender Stelle der Unions-Bussigesellschaft mit. Was die Frage aufwirft, wie glaubhaft diese Show ist.
Wird die neue Harmonie weitere Wahlschlappen überdauern oder werden nach einer für die CSU enttäuschenden Europawahl im Mai wieder Stimmen laut werden, die das "Schließen der rechten Flanke" und "Merkel muss weg" verlangen? So wie es nach der Bundestagswahl im Herbst 2017 der Fall war. Aber was stört schon das Geschwätz von gestern?
Natürlich müssen sich beide Unionsparteien jetzt erst einmal möglichst geschlossen hinter dem gemeinsamen Europa-Spitzenkandidaten Manfred Weber versammeln. Für die CSU bietet sich mit Webers Kandidatur und der damit verbundenen Aussicht, den nächsten EU-Kommissionspräsidenten zu stellen, eine Riesenchance, aber auch ein großes Risiko. Sollte der Abwärtstrend in der Wählergunst trotz der Weber-Kandidatur anhalten oder sich sogar beschleunigen, ist nichts ausgeschlossen.
Immerhin gehen die Unionsparteien in personeller Hinsicht unvorbelastet in das neue Jahr. Die neue CDU-Chefin AKK und der designierte CSU-Chef Söder hatten noch keine Gelegenheit, aneinander zu geraten und ein so schwieriges Verhältnis aufzubauen wie dies bei Horst Seehofer und Angela Merkel der Fall war. In der CSU sind überdies keine Ambitionen erkennbar, den nächsten Unions-Kanzlerkandidaten zu benennen.
Es gibt also gewisse Chancen, dass die in Seeon ausgerufene "kooperative Konkurrenz" (Dobrindt) eine Weile hält. Ansonsten sollte man das, was in Seeon in die Mikrofone gesagt wurde, nicht allzu wichtig nehmen. Bezogen auf frühere Winterklausuren tut das die CSU auch nicht.