Diplomatie
Kenia als Vorbild: Scholz will Erdwärme stärker nutzen
7. Mai 2023, 14:17 Uhr
Zum Abschluss seiner dreitägigen Afrika-Reise hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für eine deutlich stärkere Nutzung der Erdwärme als Energiequelle in Deutschland ausgesprochen. "Geothermie ist an viel mehr Stellen in Deutschland möglich, als viele heute denken", sagte er am Samstag beim Besuch der größten Geothermie-Anlage Afrikas in Kenia. Das Potenzial werde auch in Deutschland als sehr groß eingeschätzt. Deshalb würden jetzt alle Geodaten und Informationen gesammelt, "damit der Mut wächst", diese teils kilometertief in der Erde liegenden Energiequellen auszuschöpfen.
Kenia war nach Äthiopien die zweite und letzte Station der dreitägigen Afrika-Reise des Kanzlers. Zum Abschluss fuhr er von der Hauptstadt Nairobi 120 Kilometer nach Nordwesten zu dem mit Vulkanen durchzogenen Nationalpark "Hells's Gate" (Tor zur Hölle), an dessen Rand die Geothermie-Kraftwerke liegen. Am ostafrikanischen Grabenbruch, der durch die Abspaltung der arabischen von der afrikanischen Erdplatte vor Millionen Jahren entstanden ist, gibt es zahlreiche hydrothermale Quellen, die für die Erzeugung von Wärme und Strom genutzt werden können.
Kenia gewinnt daraus fast 50 Prozent seines Stroms, verbraucht aber nur etwa zwei Prozent der Menge, die das deutlich stärker industrialisierte Deutschland benötigt. Deutschland könne von Kenia lernen, wenn es darum gehe, seine natürlichen Gegebenheiten zu nutzen, sagte Scholz. "Wir haben in Deutschland keine vulkanischen Regionen wie diese hier, aber wir haben viele Gegenden und Landschaften, in denen Geothermie gute Voraussetzungen hat."
Der Kanzler hatte kurz vor seiner Afrika-Reise in Schwerin eine Geothermie-Anlage eröffnet, die aus 1300 Metern Tiefe hochgepumptes Wasser für die Energieerzeugung nutzt. Nach Angaben des Bundesverbands Geothermie gibt es bereits 42 solche Anlagen in Deutschland.
Anders als Sonne und Wind kann die Erdwärme 365 Tage im Jahr 24 Stunden genutzt werden. Bei der Tiefengeothermie wird sie durch Bohrungen bis zu mehreren Kilometern Tiefe gewonnen - je tiefer man kommt, desto wärmer wird es. Einer Studie mehrerer großer deutscher Forschungszentren zufolge könnte mit der Erdwärme mehr als ein Viertel des jährlichen deutschen Wärmebedarfes abgedeckt werden.
Nach früheren Angaben des Bundesforschungsministeriums sollen bis 2030 mindestens 100 zusätzliche Geothermie-Projekte angestoßen werden. "Die Potenziale werden sehr hoch eingeschätzt", sagte Scholz. "Mit moderner Technologie haben wir auch die Möglichkeit, dass wir besser feststellen können, ob Bohrungen erfolgreich sein werden."
Deutschlands Engagement bei grünen Energieprojekten in Kenia - insbesondere im Bereich der Geothermie - hat eine lange Tradition. Bereits seit mehr als 20 Jahren investieren unter anderen die staatliche Förderbank KfW sowie die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in entsprechende Projekte. Auch an dem Aufbau der von Scholz besuchten Geothermie-Anlage Olkaria war Deutschland mit Millionen-Investitionen beteiligt.
Künftig will Deutschland auch den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Kenia stärker unterstützen. Ob dabei auch Wasserstoffimporte aus Kenia herausspringen, ist aktuell zwar noch fraglich. Für Kenia bietet der grüne Wasserstoff, der mit aus erneuerbarer Energie gewonnenem Strom produziert wird, jedoch großes Potenzial. Dazu gehört vor allem die Produktion von klimafreundlichen Düngemitteln für die Landwirtschaft.
Scholz hatte sich bei seinem Kenia-Besuch auch für den Zuzug von Fachkräften nach Deutschland stark gemacht und zuvor in Äthiopien eine Aufnahme der Afrikanischen Union in die G20 der größten Wirtschaftsmächte gefordert. Wirtschaft und Hilfsorganisationen reagierten positiv auf die Ergebnisse.
"Es ist bemerkenswert, wie offensiv die kenianische Seite dafür wirbt, gut qualifizierten Fachkräften in Deutschland eine Chance zu geben", sagte Christoph Kannengießer, der Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, der Deutschen Presse-Agentur. Diese könnten helfen, die demografische Lücke im deutschen Arbeitsmarkt zu schließen. Auch die Verlagerung von IT-Dienstleistungen nach "Silicon Savannah", wie die kenianische Hauptstadt Nairobi in Anlehnung an den Hochtechnologie-Standort Silicon Valley in den USA genannt wird, sei eine interessante Option.
Die Welthungerhilfe zeigte sich ebenfalls zufrieden. "Wir wünschen uns mehr solcher Begegnungen auf Augenhöhe, die nicht nur die Krisen und Konflikte sondern auch das große Potenzial dieser bevölkerungsreichen Länder am Horn von Afrika zum Ausdruck bringen", sagte Bettina Beuttner, die Sprecherin der Welthungerhilfe, der dpa.
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