Erst die Bienen, jetzt die Pflege
Personalmangel im Krankenhaus: Kommt es jetzt zum Volksbegehren?
5. März 2019, 19:43 Uhr aktualisiert am 5. März 2019, 19:43 Uhr
Eine neue Volksinitiative zum Personalmangel in Krankenhäusern hat genug Unterschriften zusammen, um den nächsten Schritt zu tun.
München - Kaum haben die Bienenretter des Volksbegehrens "Artenvielfalt" ihr Anliegen bis an die Staatsregierung herangetragen, da steht die nächste Initiative schon in den Startlöchern.
Am Freitag tritt das bayerische Volksbegehren "Stoppt den Pflegenotstand" in eine neue Phase ein. Dann überreichen die Organisatoren - ein Bündnis aus Politikern, Pflegern, Juristen und Ärzten - offiziell die Unterschriftenlisten an das Innenministerium, das den Gesetzentwurf juristisch prüfen muss. Eine der Initiatorinnen ist Rechtsanwältin und SPD-Mitglied Adelheid Rupp. Der AZ sagt sie, dass insgesamt 107.000 Unterschriften gesammelt wurden, nötig wären eigentlich nur 25.000 gewesen.
Die Pflege-Retter befinden sich in einem früheren Stadium als das Volksbegehren zum Artenschutz. Letzteres hat es bereits durch die Prüfung des Innenministeriums geschafft, der Landtag kann den Entwurf nun annehmen oder ablehnen.
Pflege-Volksbegehren: Bremen, Hamburg und Berlin als Vorbild für München
"Stoppt den Pflegenotstand" steht die Prüfung durch das Innenministerium noch bevor. Rupp ist jedoch optimistisch, dass dieses den Gesetzentwurf des Volksbegehrens durchwinkt: "Ich gehe davon aus, dass das Innenministerium logischen Argumenten zugänglich ist."
Dabei hat es in der Vergangenheit auch schon Misserfolge gegeben: Volksbegehren zur Pflege wurden bereits in Bremen, Hamburg und Berlin initiiert, Bestrebungen gibt es in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Schleswig-Holstein. In Hamburg will jedoch der Senat die Initiative vor das Verfassungsgericht bringen und so stoppen. Die Begründung: Die Kompetenzen für eine mögliche Gesetzesänderung lägen beim Bund, nicht in Hamburg.
Rupp sagt der AZ, dass die bayerische Rechtssprechung eine andere wäre und man auf die Unterstützung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zähle.
Die Kernforderung des bayerischen Volksbegehrens, an dem sich die Linke, SPD und Grüne beteiligen, ist eine gesetzliche Personalbemessung für die Pflege und andere Berufsgruppen im bayerischen Krankenhausgesetz.
Krankenhäuser sollen Personalbedarf einhalten
Der Gesetzentwurf sieht einen Personalschlüssel für Intensivstationen von 1:1 bis 1:3 vor, je nach Pflegebedarf. Für alle anderen Stationen soll der Personalbedarf auf Grundlage einer modernisierten Form der seit 1992 bestehenden Pflegepersonal-Regelung (PPR) ermittelt werden. Eine Modernisierung, erklärt Juristin Rupp, sei notwendig, da sich die Anforderungen an die Pflegekräfte deutlich erhöht hätten, insbesondere bei Patienten, die an Demenz oder psychischen Krankheiten leiden.
Die Krankenhäuser sollen laut dem Gesetzentwurf verpflichtet werden, den Personalbedarf zu ermitteln und müssen der Staatsregierung melden, ob die Vorgaben eingehalten werden. Wenn dies nicht der Fall sei, müsse ein Plan erstellt werden, wie man die Vorgaben künftig erfüllen will.
Das bayerische Gesundheitsministerium hält dem Volksbegehren entgegen, dass es auf Bundesebene seit diesem Jahr bereits eine Pflegepersonal-Untergrenze gibt. Diese geht den Initiatoren aber nicht weit genug. "Es ist genau das, was es im Wortlaut schon sagt: eine absolute Untergrenze", sagt Rupp. Ziel müsse es aber sein, eine gute Pflege sicherzustellen und die Pfleger nicht "wie Maschinen im Krankenhaus" einzusetzen.
Wenn die Unterschriften am Freitag eingereicht sind, hat das Innenministerium sechs Wochen Zeit, den Gesetzentwurf zu prüfen.
Von der Idee zum Gesetz - so ist das Prozedere in Bayern:
Die wichtigsten Schritte beim Volksbegehren:
1. Mindestens 25.000 Wahlberechtigte müssen das Begehren per Unterschrift unterstützen.
2. Die Unterschriften werden dem Innenministerium übergeben. Das prüft, ob der Vorschlag rechtens ist.
3. Gibt es keine rechtlichen Bedenken, kommt es zum Volksbegehren. Wahlberechtigte können sich in Listen eintragen.
4. Wenn sich mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten eintragen, geht das Begehren in den Landtag. Dieser kann es annehmen, ablehnen oder einen Gegenvorschlag machen.
5. Bei Ablehnung oder Gegenvorschlag gibt es einen Volksentscheid. Gesetz wird, wofür die Mehrheit mit Ja stimmt.