Die Lage im Überblick
Putin sieht sich auf Erfolgskurs - auch in der Ukraine
25. Oktober 2024, 5:00 Uhr
Russlands Militär hat aus Sicht von Präsident Wladimir Putin weiterhin die Oberhand im Angriffskrieg gegen die Ukraine und zuletzt weitere Erfolge auf dem Schlachtfeld erzielt. Am Ende des Brics-Gipfels in Russland sprach der Kremlchef aber auch über den klaren Wunsch Chinas und Brasiliens nach einer friedlichen Lösung des Konflikts. Man sei weiterhin zu Verhandlungen bereit, jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen, sagte Putin auf der Abschlusspressekonferenz des Spitzentreffens in der Millionenstadt Kasan an der Wolga.
Im westrussischen Grenzgebiet Kursk sind nach seinen Angaben größere Teile der ukrainischen Streitkräfte eingekesselt worden. "Etwa 2000 ukrainische Soldaten wurden im Gebiet Kursk blockiert", sagte Putin. Zwar versuche die ukrainische Seite, den Zugang zu diesen Truppen wiederherzustellen, doch das russische Militär liquidiere diese Gruppe. Russische Truppen kämen an allen Frontabschnitten im Osten der Ukraine voran, sagte Putin zudem. Die bei einem Gegenstoß auf russisches Gebiet eingedrungenen ukrainischen Soldaten würden ebenfalls aus dem Land gedrängt.
Schon zuvor hatte er beim Brics-Gipfel gegenüber den dort anwesenden Staats- und Regierungschefs die militärischen Erfolge der russischen Armee herausgestrichen. Der Staatenbund wurde nach den ersten Mitgliedern Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika benannt. Inzwischen gehören ihm auch Ägypten, Äthiopien, der Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate an.
Zum Gipfel in Kasan reisten mehr als 20 Staats- und Regierungschefs vor allem aus Afrika, Asien und Lateinamerika an. Die Konferenz war das größte Treffen internationaler Spitzenpolitiker im Land seit Beginn des von Putin befohlenen Kriegs gegen die Ukraine im Februar 2022. Nach Darstellung des Kremls ist der Westen mit dem Versuch gescheitert, Russland international zu isolieren.
Putin erwähnte, dass China und Brasilien den Konflikt friedlich gelöst sehen wollten und Russland sich Verhandlungen nie verweigert habe. Doch Gespräche müssten sich an den "Realitäten vor Ort" orientieren. Er wies damit erneut die Forderungen Kiews nach einem vollständigen Rückzug russischer Truppen von ukrainischem Gebiet zurück. Russlands Militär hält einschließlich der bereits 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim etwa ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets besetzt.
Würde vom aktuellen Frontverlauf ausgehend verhandelt, bliebe das aber auch hinter den bisher von Moskau geäußerten Forderungen nach einem vollständigen Abzug der ukrainischen Streitkräfte aus den ost- und südostukrainischen Gebieten Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja zurück. Bislang kontrollieren russische Truppen die Regionen nur zum Teil, obwohl Russland sie vor zwei Jahren annektierte und zu eigenem Staatsgebiet erklärte.
Fragen zu den Berichten über Tausende nordkoreanische Soldaten zur Verstärkung der russischen Armee beantwortete der Kremlchef ausweichend. Ein Problem will er aber nicht erkennen. Russland und Nordkorea hätten eine strategische Partnerschaft geschlossen, in dem Vertrag gebe es einen Passus zur gegenseitigen militärischen Hilfe. "Wir haben nie daran gezweifelt, dass die nordkoreanische Führung unsere Vereinbarungen ernst nimmt. Was wir wie im Rahmen dieses Artikels tun werden, ist unsere Sache", sagte Putin in Kasan. Nötig seien noch Verhandlungen über die Ausgestaltung des Artikels. Es bleibe abzuwarten, wie sich das entwickle.
Putin reagierte auf die Frage eines US-Journalisten, der auf die Satellitenbilder von nordkoreanischen Truppenverlegungen hinwies. "Die Aufnahmen sind eine ernste Angelegenheit. Wenn es Bilder gibt, dann bedeutet das, dass sie etwas widerspiegeln", sagte Putin. Deutlicher wurde er nicht.
Putin sagte auch, westliche Staaten stellten schon lange nicht mehr nur Waffen und Satelliteninformationen bereit, sondern setzten auch Ausbilder und Offiziere in der Ukraine ein, um die Streitkräfte des Landes zu unterstützen. Putins Argumentation folgend wäre Russland demnach auch berechtigt, Hilfe anderer Staaten in Anspruch zu nehmen.
Die USA und die europäischen Staaten hatten nach Berichten über die Entsendung nordkoreanischer Soldaten nach Russland vor einer weiteren Eskalation des Konflikts gewarnt. In einer vom EU-Außenbeauftragten im Namen der 27 Länder veröffentlichten Erklärung heißt es, der Einsatz nordkoreanischer Truppen wäre ein einseitiger feindseliger Akt mit ernsthaften Konsequenzen für den Frieden und die Sicherheit in Europa und weltweit. Er würde demnach einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht darstellen, einschließlich der grundlegendsten Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen.
Mit Blick auf Russland heißt es in der Erklärung, die vertiefte militärische Zusammenarbeit des Landes mit Nordkorea zeige, dass es trotz seiner erklärten Bereitschaft zu Verhandlungen nicht aufrichtig an einem gerechten, umfassenden und dauerhaften Frieden interessiert sei. Russland eskaliere die Lage und suche verzweifelt jede mögliche Hilfe für seinen Krieg - auch von Akteuren, die den globalen Frieden und die Sicherheit schwerwiegend störten.
Fraglich ist, wie die EU auf eine direkte Beteiligung Nordkoreas am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine reagieren könnte. EU-Ratspräsident Charles Michel sieht als eine Option die Bereitstellung von noch mehr Waffen und Geld für Kiew. Eskalation sei ein zusätzlicher Grund für mehr militärische und finanzielle Unterstützung für die Ukraine, sagte der Belgier in einem Interview des Nachrichtenagenturnetzwerks European Newsroom (enr).
UN-Generalsekretär Antonio Guterres ist derweil nach seinem Besuch beim Brics-Gipfel wegen eines Händedrucks mit Putin und einer herzlichen Umarmung mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko in die Kritik geraten. "Es ist das dritte Jahr des Krieges, und der UN-Generalsekretär hat einem Mörder die Hand geschüttelt", schrieb die russische Putin-Gegnerin Julia Nawalnaja im Kurznachrichtendienst X. Sie macht den Kremlchef nicht nur für den Tod ihres Mannes Alexej Nawalny in einem russischen Straflager verantwortlich, sondern auch für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dessen Opfer.
Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.