Verteidigung

Rüstungsindustrie: Kaum Aufträge aus Sondervermögen

100 Milliarden Euro sind eine stolze Summe für die Bundeswehr. Doch die Rüstungsindustrie beschwert sich über ausbleibende Aufträge aus dem Paket.


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Soldaten des Panzergrenadierbataillons 371 zeigen ihre Ausrüstung, die vor einem Schützenpanzer Marder liegt. Diese Einheit war ein Teil der Nato-Speerspitze oder Very High Readiness Joint Task Force (VJTF).

Die Rüstungsindustrie macht der Bundesregierung angesichts ausbleibender Aufträge aus dem 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen für die Bundeswehr schwere Vorwürfe. "Bis heute ist der Bestelleingang bei der deutschen Industrie aus dem Sondervermögen verschwindend gering", sagte die Chefin des Panzergetriebe-Herstellers Renk, Susanne Wiegand, der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag).

"Irgendwann frage ich mich schon: Deutschland, was muss eigentlich noch passieren?" Die Industrie benötige Planungssicherheit. Wiegand ist auch Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), kritisierte: "Die Bundeswehr wartet in allen Bereichen auf die Nachbeschaffungen, doch es kommt einfach nichts bei der Truppe an." Die "Zeitenwende" müsse sich endlich materialisieren: im Haushalt, beim Personal, Material, Munition und der Infrastruktur.

Unterdessen könnte die tatsächliche Summe aus dem Sondervermögen, die für die Modernisierung der Bundeswehr zur Verfügung steht, nach Angaben des Verteidigungsministeriums in diesem Jahr weiter schrumpfen. Hintergrund sind die steigenden Zinsen, die der Bund für die Kreditaufnahme auch aus dem Sondervermögen begleichen muss. Es könne derzeit aber nicht gesagt werden, welche Investitionen dafür konkret wegfallen würden. Bisher ist die "echte" Investitionssumme den Schätzungen zufolge bereits auf 93 Milliarden Euro gesunken.

"Es besteht keine Notwendigkeit, bereits zum jetzigen Zeitpunkt einem eventuellen Einsparungsbedarf konkrete Beschaffungsmaßnahmen zuzuordnen", heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Ingo Gädechens (CDU), die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die "Welt am Sonntag" hatte zuerst darüber berichtet.

Das vollständig kreditfinanzierte Sondervermögen, das der Bundestag im Juni 2022 beschlossen hatte, muss die Zinslasten für die Kredite selbst tragen. Steigen diese, steht also weniger Geld für die konkreten Anschaffungen für die Bundeswehr zur Verfügung. Hinzu kommt, dass durch die derzeit hohe Inflation die Kaufkraft der verbliebenen Summe sinkt.

Im Kampf gegen die Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) seit dem Sommer 2022 die Leitzinsen kontinuierlich angehoben. Dadurch steigen auch die Zinsen, die der Bund für seine Kredite in Form von Bundesanleihen zahlen muss. Für viele Jahre nach der Finanzkrise 2008 waren sie im Vergleich zu heute kaum ins Gewicht gefallen.

Gädechens hatte in seiner Anfrage eine Summe von nunmehr 13 Milliarden Euro genannt, die angeblich von den 100 Milliarden Euro des Sondervermögens abgezogen werden müsse. Das Verteidigungsministerium nannte in seiner Antwort keine konkrete Zahl über die bereits bekannten sieben Milliarden Euro an Zinsbelastung hinaus. Sollte das Finanzministerium für den Bundeshaushalt 2024 aber einen Anstieg der Zinsen errechnen, "wird dieser im Rahmen der Fortschreibung des Wirtschaftsplans 2024 berücksichtigt werden", hieß es. "Damit stehen alle Zeichen ein weiteres Mal auf schmerzhafte Streichungen bei fest eingeplanten Waffenkäufen" sagte Gädechens laut "Welt am Sonntag".

Das Verteidigungsministerium hatte im Dezember aus dem Bundestag grünes Licht für die ersten milliardenschweren Bundeswehr-Projekte erhalten, darunter auch für die Beschaffung des Tarnkappenjets F-35, den Kauf eines neuen Sturmgewehrs als Nachfolgemodell für das G-36 und die Nachrüstung des Schützenpanzers Puma. Mitte Januar hieß es aus dem Finanzministerium, es seien bisher Verträge über etwas mehr als zehn Milliarden Euro geschlossen worden, noch sei aber kein Geld geflossen. Vor zwei Wochen teilte Pistorius' Ministerium mit, dass die Beschaffung von acht "mobilen sanitätsdienstlichen Behandlungseinrichtungen" für 40 Millionen Euro aus dem Sondervermögen genehmigt worden sei.