Nordamerika
USA schießen weitere Flugobjekte ab - Rätsel über Herkunft
11. Februar 2023, 22:56 Uhr aktualisiert am 12. Februar 2023, 17:42 Uhr
Mysterium am Himmel: Das US-Militär hat kurz nach dem Abschuss eines rätselhaften Flugobjekts über den USA ein zweites Objekt über Kanada zerstört. US-Präsident Joe Biden und Kanadas Premier Justin Trudeau hätten den Schritt am Samstag gemeinsam genehmigt, teilte das Weiße Haus mit.
Das Objekt sei aus Vorsicht und auf Empfehlung des Militärs abgeschossen worden. Es war völlig offen, wem es gehörte und mit welchem Ziel es unterwegs war. Unklar war auch, ob es eine Verbindung zum mutmaßlichen chinesischen Spionageballon gibt, den das amerikanische Militär vor wenigen Tagen über US-Territorium vom Himmel holte. Über China wurde am Sonntag laut Staatsmedien derweil auch ein unbekanntes Flugobjekt gesichtet.
Das Flugobjekt über Kanada war am Samstag von einem US-Kampfjet vom Typ F-22 über dem Gebiet Yukon im Nordwesten des Landes abgeschossen worden. Das Nordamerikanische Luftverteidigungskommando Norad hatte es zuvor genau überwacht, hieß es aus Washington. Erst am Freitag hatte das US-Militär ein Flugobjekt über Alaska unweit der Ölfelder von Prudhoe Bay abgeschossen. Die US-Regierung hatte das Vorgehen damit begründet, dass der zivile Flugverkehr gefährdet gewesen sei.
Kanadas Verteidigungsministerin Anita Anand sagte, das Objekt über ihrem Territorium sei in rund zwölf Kilometern Höhe abgeschossen worden. Auch das Objekt vor der Küste Alaskas war in dieser Höhe unterwegs - beide sollen unbemannt gewesen sein. Die Ministerin nannte das Objekt außerdem klein und sprach von einer "zylindrischen Form". Auch das hat es laut US-Medien mit dem zuvor abgeschossenen Objekt gemeinsam, das die Größe eines Kleinwagens gehabt haben soll. Damit unterscheiden sich beide Objekte in Flughöhe und Größe deutlich vom chinesischen Ballon. Der war laut US-Regierung in einer Höhe von 18 Kilometern unterwegs und hatte die Größe von zwei bis drei Bussen.
Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, sagte am Sonntag dem Sender ABC, Bidens Nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan, habe ihn über den Erkenntnisstand informiert: Derzeit gehe man davon aus, dass die beiden am Freitag und Samstag abgeschossenen Objekte ebenfalls Ballons seien, "aber viel kleiner als der erste".
Die Bergung beider Objekte war am Wochenende in vollem Gange. Besonders die Bergung des vor Alaska abgeschossenen Flugkörpers gestaltete sich schwierig. Sie werde durch die "arktischen Wetterbedingungen" erschwert, teilte der Kommandostab Northern Command (Northcom) mit. Dazu zählten eisiger Wind, Schnee und eingeschränktes Tageslicht. Die Bergung der Trümmerteile finde auf dem Meereis statt. Northcom betonte, noch gebe es keine weiteren Informationen zu dem Objekt, seinem Zweck oder seiner Herkunft.
Der Vorfall erinnerte an den mutmaßlich für Spionage eingesetzten chinesischen Ballon, den die US-Luftwaffe eine Woche zuvor vor der Küste des Bundesstaats South Carolina abschoss. Das US-Militär hatte den Ballon mehrere Tage über amerikanisches Festland schweben lassen - mit der Begründung, dass ein Abschuss wegen der herabfallenden Trümmer Risiken für die Bevölkerung mit sich bringe. Außerdem sei der Ballon deutlich über der Höhe des zivilen Flugverkehrs unterwegs gewesen. Abgeschossen wurde er erst über dem Atlantik. Schumer betonte, beim Überflug hätten die USA enorm viel nachrichtdienstliche Informationen gesammelt. Auch dessen Trümmerteile werden geborgen und untersucht. Die USA werfen Chinas Regierung vor, sie habe mit dem Ballon Militäreinrichtungen ausspionieren wollen. Peking sprach dagegen von einem zivilen Forschungsballon, der vom Kurs abgekommen sei, und bezeichnete den Abschuss als "Überreaktion".
Der Vorfall sorgte für weitere Spannungen im ohnehin belasteten Verhältnis beider Länder - auch weil die USA China beschuldigen, mit Ballons dieser Art ein großes internationales Überwachungsprogramm zu betreiben, mit dem sie mehr als 40 Länder auf fünf Kontinenten ins Visier genommen hätten. "Die Chinesen wurden gedemütigt", sagte Schumer. "Die Chinesen wurden beim Lügen erwischt. Und ich denke, das ist ein echter Rückschritt für sie." Er gehe davon, dass sie das Programm einstellen oder etwas anderes unternehmen müssten, nachdem sie aufgeflogen seien. "Denn sie stehen wirklich schlecht da."
Am Sonntag kamen dann auch aus China Meldungen über eine mysteriöse Sichtung. Die staatsnahe Tageszeitung "Global Times" berichtete, China bereite den Abschuss eines unbekannten Flugobjekts vor. Unter Berufung auf eine örtliche Schifffahrtsbehörde hieß es, das rätselhafte Objekt sei am Sonntag vor den Gewässern der bezirksfreien Stadt Rizhao in der Provinz Shandong entdeckt worden. Zunächst gab es keine weitere Informationen, um was für ein Objekt es sich handelte.
Unidentifizierte Flugobjekte sind an sich keine Seltenheit. 2020 richtete das US-Verteidigungsministerium eine Arbeitsgruppe ein, um "ungeklärte Phänomene in der Luft, die möglicherweise eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA darstellen könnten", zu analysieren. Seitdem veröffentlicht die Gruppe in unregelmäßigen Abständen Berichte dazu - zuletzt vor einigen Wochen. Daraus ging hervor, dass das US-Militär für viele Beobachtungen unidentifizierter Flugobjekte keine Erklärung hat. Die Meldung unerklärlicher Phänomene am Himmel habe zugenommen. Das Pentagon machte aber deutlich, man habe keine Beweise für außerirdisches Leben gefunden.
Der demokratische Abgeordnete Jim Himes sagte am Sonntag dem Sender NBC, angesichts des Mangels an Informationen werde in sozialen Medien auch nun wieder wild über eine Invasion von Aliens oder weitere Aktionen der Chinesen spekuliert. Das sei nicht hilfreich.