Uneins über zukünftige Bündnisse

Wegen den Grünen: Das Ende der CSU-Harmonie


Neben der CSU-Spur? Horst Seehofer (v. l.), Martin Weber und Alexander Dobrindt.

Neben der CSU-Spur? Horst Seehofer (v. l.), Martin Weber und Alexander Dobrindt.

Von André Wagner

Bei den Christsozialen ist es mit der Harmonie vorbei. Söder muss gleich drei Politiker aus der Parteispitze wieder auf Linie bringen.

München - Nach der bayerischen Landtagswahl vor einem Jahr und der Wahl von Markus Söder (CSU) zum Ministerpräsidenten und später auch zum CSU-Chef hatte sich in der CSU tatsächlich so etwas wie Entspannung breitgemacht. Kaum jemand sagte Böses über einen Parteifreund, allenfalls die Wirtschaftspolitiker gaben der Befürchtung Ausdruck, Söder tue mit seinem entschiedenen Kurs in Sachen Klima- und Umweltschutz vielleicht etwas zu viel des Guten und vergesse die traditionelle Wirtschaftsfreundlichkeit seiner Partei.

Söder: "Grüne haben SPD als Hauptgegner abgelöst"

Söder gab immer wieder vor: Die Grünen haben die SPD als Hauptgegner abgelöst. Der CSU-Chef teilte die politische Landschaft auf in diejenigen, die "ideologisch" seien und mit Verboten und Bevormundungen arbeiten wollten, und die anderen (zum Beispiel die CSU), die mit Freiwilligkeit und Anreizen zum Ziel kommen wollen. Im Übrigen, so die bis zum Überdruss strapazierte Sprachregelung, habe die CSU den Umweltschutz erfunden. Beweis: die Einsetzung des ersten Umweltministers.

Klare Sache, klare Vorgaben: Im Landtag gehen seither die CSU-Politiker die Grünen zum Teil schärfer an als es die Sache jeweils verlangen würde. Die eingefleischten Grünen-Gegner unter den Schwarzen entnahmen daher kürzlich den Medien zunächst mit Unglauben und dann mit Ärger, dass Parteivize Manfred Weber sich nach seinem gescheiterten Anlauf auf das Amt des EU-Kommissionspräsidenten nicht nur einen Bart, sondern auch eine etwas andere strategische Einschätzung zugelegt hatte und nun für ein schwarz-grünes Bündnis auf Bundesebene plädierte.

Oberreuter: CSU kommt nicht an Bündnis mit den Grünen vorbei

Sollte der Vorstoß mit Parteichef Söder abgestimmt gewesen sein, so war er ein Versuchsballon, der gleich wieder heruntergeholt wurde. CSU-Generalsekretär Markus Blume versicherte der Öffentlichkeit und der Partei, dass es bei der CSU "eine Grundskepsis. Was die Grünen angeht", gebe. Die Fragen, über die der Parteivize laut nachdenke, stellten sich jetzt nicht. In der Polit-Rhetorik bedeutet das: Ruhe jetzt.

Womöglich aber hat Weber nur angesprochen, wozu die Union schon in naher Zukunft ohnehin gezwungen sein könnte, meint der Passauer Politologe Heinrich Oberreuter. Zwar sei die Partei derzeit offenkundig noch nicht bereit zu einer Öffnung für die Grünen, wenn die Union aber weiterhin in Deutschland "koalitionsführend tätig" sein wolle, werde sie um weitere Bündnisse mit den Grünen nicht herumkommen.

Webers Vorstoß kam in München nicht gut an

Für viele in der Partei, die gerade erst auf das grüne Feindbild eingeschworen wurden, käme ein derartiger Strategiewechsel zu früh. Grünen-Verächter sitzen zahlreich in der CSU-Bundestagsfraktion und werden von dem erklärte Grünen-Gegner Alexander Dobrindt angeführt. Er komme bei Webers schwarz-grünen Fantasien "nicht ins Schwärmen", gab Dobrindt zu Protokoll.

Dass der alte CSU-Haudegen und Ex-Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer von einem Zusammenrücken mit den Grünen nichts hält, versteht sich fast von selbst. In der CSU-Landtagsfraktion in München ist Webers Vorstoß nach den Worten von Josef Zellmeier, dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses "nicht gut angekommen".

Oberreuter: "Özdemir wäre ein positives Signal gewesen"

So sieht es derzeit danach aus, dass Webers Vorstoß fürs erste versandet, zumal der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament nach Auffassung Oberreuters ohnehin "geschwächt" aus dem Gerangel um den Kommissionspräsidenten hervorgeht. Vielleicht würde Schwarz-Grün von den betont Konservativen in der CSU auch gnädiger beurteilt, wenn die Grünen-Bundestagsfraktion unlängst den als gemäßigter geltenden Cem Özdemir als Chef gewählt hätte. "Özdemir wäre ein positives Signal gewesen", meint Oberreuter.

Eine Aufweichung der CSU-Grundpositionen kam dieser Tage auch noch von einer Seite, mit der man in der Partei überhaupt nicht gerechnet hatte: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zeigte sich bekanntlich bereit, ein Viertel der im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen.

In der Partei hat sich bisher noch niemand gerührt, der Seehofers Altersmilde gelobt hätte. Auch nicht Markus Söder. Eine Annäherung der CSU an grüne Positionen ist auf dem Gebiet der Migrationspolitik erst einmal unwahrscheinlich.

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