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Migration: Linken-Chefin Wissler attackiert Ampel und BSW


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Ihr letzter Bundesparteitag als Vorsitzende: Janine Wissler und Martin Schirdewan.

Von dpa

Nach einer Serie von Wahlniederlagen will die Linke mit sozialer Sicherheit bei Löhnen, Rente und Mieten sowie mit Offenheit für Migration beim Wähler punkten. Die scheidende Linken-Vorsitzende Janine Wissler warf den übrigen Parteien und der Regierung vor, die Migrationspolitik der AfD zu übernehmen.

"Die aktuelle Debatte fühlt sich an wie ein AfD-Look-a-like-contest (ein AfD-Doppelgänger-Wettbewerb)", sagte Wissler in ihrer Abschiedsrede beim Bundesparteitag in Halle. "Grenzkontrollen, Inhaftierung von Geflüchteten, Abschiebungen im großen Stil, wie der Kanzler sagt, sogar nach Afghanistan - der feuchte Traum eines jeden AfDlers ist Regierungshandeln geworden."

Wissler griff auch das Bündnis Sahra Wagenknecht an, das sich vor einem Jahr von der Linken abgespalten hatte. "Wenn ich heute Reden vom BSW höre, in denen mehr Abschiebungen gefordert werden, wenn offen über gemeinsame Anträge mit der AfD diskutiert und schärfere Sanktionen beim Bürgergeld gefordert werden, dann kann ich nur sagen: Es ist richtig, dass wir nicht mehr in einer Partei sind", sagte sie.

"Eine linke Partei darf sich niemals einem rechten Zeitgeist anpassen und darf niemals nach unten treten - auch wenn der Gegenwind noch so stark ist", so Wissler. Die Linke mache Geflüchtete und Bürgergeldempfänger nicht zu Sündenböcken. Der Bruch mit dem Flügel um Sahra Wagenknecht sei unvermeidlich gewesen. "Es musste diese Trennung geben." Die Delegierten feierten Wissler nach ihrer kämpferisch vorgetragenen Rede.

Ihr Co-Vorsitzender Martin Schirdewan sagte, vom Parteitag solle ein "starkes und kraftvolles Signal" ausgehen. "Diese Linke wird in diesem Land gebraucht", sagte Schirdewan am Rande des Parteitags.

Wissler und Schirdewan kandidieren bei der Neuwahl des Vorstands am Samstag nicht erneut. Die Publizistin Ines Schwerdtner und der frühere Bundestagsabgeordnete Jan van Aken wollen die Nachfolge übernehmen.

Für den Abend wurde eine schwierige Debatte zum Nahostkonflikt und zu Antisemitismus in Deutschland erwartet. Ein Landesparteitag in Berlin hatte vor einigen Tagen wegen dieser Themen im Eklat geendet. Seit Tagen wurde hinter den Kulissen ein Kompromissantrag verhandelt, um einen offenen Bruch zu vermeiden.

"Wir haben ja jetzt alles dafür getan, dass es einen Antrag gibt, der auch mit breiter Mehrheit getragen wird", sagte Wissler vor Beginn des Parteitags. "Ich bin zuversichtlich, dass das auch so durchkommt." Was im Antrag steht, war zunächst nicht bekannt.

In ihrer Rede verurteilte Wissler den Angriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 scharf, übte aber auch Kritik am Gegenschlag Israels im Gazastreifen und im Libanon. "Wir setzen uns ein für ein sicheres Israel und einen anerkannten, sicheren Staat Palästina", sagte sie. "Nötig ist ein sofortiger Waffenstillstand in Gaza, humanitäre Hilfe und die Waffenlieferungen nach Israel müssen sofort gestoppt werden."

Statt Milliarden in die Rüstung zu pumpen, brauche man Milliarden für Soziales, Klimaschutz und Infrastruktur, so Wissler. Aufrüstung und das Zwei-Prozent-Ziel der Nato machten die Welt nicht friedlicher. Auch führe die Lieferung von immer mehr und immer schwereren Waffen an die Ukraine nicht zu einem schnellen Ende des Krieges. Es dürfe nicht sein, dass Menschen, die sich für Verhandlungen einsetzten, als naiv diffamiert würden, so Wissler.

Sie rief die Mitglieder auf, die innerparteiliche Kultur zu verbessern. Die Linke hat bei den vergangenen Wahlen schlecht abgeschnitten. Zuletzt verlor sie bei der Europawahl und den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg stark. In Brandenburg flog sie erstmals seit der Deutschen Einheit 1990 aus einem ostdeutschen Parlament. Zudem hat die frühere Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht ihre eigene Partei gegründet.

Zuversicht schöpft die Linke aus den vielen neuen Mitgliedern, die in den vergangenen Monaten beigetreten sind. Nach Angaben von Wissler waren es seit Oktober 2023 mehr als 10.000. Allerdings waren vorher auch Scharen von Mitgliedern ausgetreten. Nach Parteiangaben gehören der Linken derzeit gut 52.600 Mitglieder an. Erklärtes Ziel der Partei ist, nach der nächsten Wahl wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen. Derzeit liegt sie bundesweit in Umfragen bei drei bis vier Prozent.


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