Neuer DSC-Trainer im Interview
Kim Collins: "Der Charakter passt – reicht aber alleine nicht"
13. Februar 2019, 13:00 Uhr aktualisiert am 13. Februar 2019, 13:15 Uhr
Vergangene Woche hat DEL2-Club Deggendorfer SC mit Kim Collins einen neuen Trainer präsentiert. Der Deutsch-Kanadier ist kein Unbekannter beim DSC, trainierte den Verein schon zweimal (1996-1998 und 2011/12). Seine Rückkehr ist mit zwei Siegen am vergangenen Wochenende gelungen. Im idowa-Interview spricht der 57-Jährige über die aktuelle Situation des DSC, den Charakter seiner neuen Mannschaft und blickt auf die anstehenden Playdowns voraus.
Herr Collins, mit den zwei Siege zum Auftakt dürften Sie zufrieden sein, oder?
Kim Collins: Die Siege waren gut, aber man hat gesehen, dass wir schon ein paar Baustellen haben. Wir müssen die letzten sechs Spiele vor den Playdowns nutzen, wie eine Vorbereitung zu Saisonbeginn. Das ist wie ein kleines Trainingslager, damit wir dann bereit sind für die Playdowns.
Nach 0:2 und 0:4 noch zu gewinnen, zeigt, dass die Mentalität im Team stimmt.
Collins: Richtig. Die Moral und der Charakter sind völlig in Ordnung. Aber wir haben Baustellen im Defensivbereich. Wir können nicht wie in Bayreuth sechs Gegentore kassieren, das ist einfach zu viel. Wir müssen das in den Griff bekommen, dann sind wir eine bessere Mannschaft. Denn offensiv haben wir genügend Power, um die Tore zu machen.
Sind Charakter und Mentalität aus Ihrer Sicht auch das Wichtigste, um im Abstiegskampf bestehen zu können?
Collins: Das ist natürlich sehr wichtig. Aber man muss auch ein gutes Spielsystem haben. Wir müssen Wege finden, um Spiele zu gewinnen. Charakter alleine reicht nicht.
Inwieweit konnten Sie in der Kürze der Zeit schon Einfluss auf die Mannschaft nehmen?
Collins: Wir hatten nur zwei Trainingseinheiten, die von der Eiszeit her sehr kurz waren. Aber was ich verlange ist, dass die Spieler Verantwortung übernehmen. Wenn wir ohne Scheibe sind, dann hab ich meinen Mann und mein Mann schießt kein Tor. Diese Verantwortung habe ich hoffentlich vermittelt. Ich denke, das war auch zu sehen in den letzten beiden Dritteln gegen Bayreuth.
Was wird nun wichtig sein in den letzten sechs Spielen bis zu den Playdowns?
Collins: Wir werden noch gegen Dresden und Bad Tölz spielen. Das sind Mannschaften in unserer Reichweite. In diesen Spielen müssen wir unbedingt punkten. Aber wichtig ist vor allem in den letzten sechs Spielen, dass wir eine gute Spielweise finden, dass wir alles im Griff haben, wenn die Playdowns anfangen. Das Ergebnis in Frankfurt? Das ist nicht so wichtig. Aber wie wir spielen, das ist wichtig.
Sie haben gesagt, es muss an der Defensive gearbeitet werden. Wo setzen Sie noch an?
Collins: Zu Beginn dieser Woche arbeiteten wir vor allem ohne Scheibe. Was machen wir in der neuralen Zone und in unserem Drittel, wenn der Gegner die Scheibe hat? Dann werden wir uns um das Forechecking kümmern. Wir müssen in allen Bereichen einen Plan haben, das ist leider noch nicht zu erkennen hier. Wir haben drei Wochen Zeit und müssen in vielen Bereichen besser werden. Aber ich denke, das ist machbar.
Kim Collins über harte Arbeit, die Kapitänsfrage und effektives Eishockey
Was ist Ihnen in der Zusammenarbeit mit der Mannschaft wichtig, worauf legen Sie hier besonderen Wert?
Collins: Die Spieler müssen arbeiten. Das haben wir nicht getan im ersten Drittel gegen Bayreuth, da hat der Gegner mehr getan. In den letzten beiden Dritteln war es dann umgekehrt. Die Mannschaft muss lernen, auch im Training hart zu arbeiten. Der Erfolg kommt nicht von selbst.
Die Eindrücke sind noch relativ frisch. Aber wie haben Sie die Mannschaft bislang kennengelernt?
Collins: Ich kannte wenige Spieler persönlich, als ich gekommen bin. Aber der Charakter ist eigentlich da, was ich bisher gesehen habe. Ob das im Krafttraining oder im Regerationstraining zwischen den Spielen war. Die waren alle da und waren alle bereit. Da sehe ich kein Problem. Das liegt mehr im taktischen Bereich, aber das ist machbar.
Im Abstiegskampf sind auch Typen wichtig. Welche Spieler sollen das Korsett der Mannschaft bilden?
Collins: Die besten Spieler müssen immer die besten Spieler sein. Wir haben einen ersten Block, der die meisten Tore schießt. Aber wichtig ist, dass alle vorne und hinten arbeiten.
Beim Trainerwechsel von John Sicinski zu Otto Keresztes gab es auch eine Veränderung beim Kapitänsamt und René Röthke wurde neuer Kapitän. Werden Sie das beibehalten?
Collins: René Röthke ist vorbildlich auf dem Eis, kämpft und gibt alles. Aber auch abseits des Eises ist er im Fitnessbereich top und geht voran. Deshalb sehe ich kein Problem und keinen Grund, etwas an der Konstellation zu verändern.
Welche Art von Eishockey wollen Sie spielen lassen?
Collins: Wir wollen schon ein bisschen attraktiveres Eishockey spielen, aber es muss vor allem effektiv sein. Wie vorhin angesprochen, dürfen wir keine sechs Gegentore in einem Spiel kassieren. Die Fans wollen vor allem erfolgreiches Eishockey anschauen. Natürlich wollen sie auch spektakuläres Eishockey sehen, aber wir können uns aktuell nicht leisten, spektakulär zu spielen.
Sind Sie fest davon überzeugt, dass die Mannschaft die Qualität hat, um den Klassenerhalt zu schaffen?
Collins: Ich denke schon. Aber das muss auch gespielt werden. Was ich denke, das hilft nicht.
"Ich wurde überredet": Kim Collins über seine Rückkehr nach Deggendorf
Sie waren schon zweimal Trainer in Deggendorf, haben hier Ihren Hauptwohnsitz. Wie fühlt es sich für Sie an, wieder zurück zu sein?
Collins: Ich kenne viele Leute hier, meine Frau arbeitet hier. Es ist schon anders, wenn man nach dem Training auf der eigenen Couch sitzen kann. Die Bedingungen hier in Deggendorf sind viel besser geworden, das Stadion ist ganz anders und professioneller als früher.
Der Wechsel war sehr kurzfristig. Wie lief er aus Ihrer Sicht ab?
Collins: Das war nicht mein Plan. Ich wollte nach Crimmitschau eigentlich erst einmal eine Pause einlegen. Aber dann hat mich Artur Frank überredet und ein paar Tage später war es entschieden, dass ich das mache.
Ist es irgendwo auch ein komisches Gefühl, kurz nach Ihrer Entlassung in Crimmitschau bei einem Ligakonkurrenten hinter der Bande zu stehen?
Collins: Da hatte ich gar keine Zeit, um mir darüber Gedanken zu machen (lacht). Aber so ist das Geschäft.
Wie war Ihr Kontakt in den vergangenen Jahren zum DSC? Haben Sie die Geschehnisse hier verfolgt?
Collins: Meine Frau arbeitet im Vorstand hier, Artur Frank ist mein Schwager und mein Stiefsohn Nico Wolfgramm spielt hier. Natürlich habe ich immer das Ergebnis nachgeschaut und das verfolgt.
Ist es eine besondere Konstellation für Sie, jetzt Ihren Stiefsohn zu trainieren?
Collins: Das war eigentlich ein Grund, warum ich es nicht machen wollte. Aber, wie gesagt, ich wurde überredet und jetzt bin ich da (lacht).
Sie waren in den letzten Jahren viel unterwegs: Schweiz, Österreich, Slowenien, Italien. Inwieweit haben Sie sich als Trainer bei den Stationen weiterentwickelt?
Collins: Ich hatte viele verschiedene Co-Trainer, habe viele verschiedene Systeme und Spielweisen gesehen. Wenn man so viele Erfahrungen gesammelt hat, dann zieht man sich das am besten Passende heraus.
Sie haben erst einmal bis zum Saisonende zugesagt. Ist es für Sie vorstellbar, darüber hinaus Trainer des DSC zu sein?
Collins: Ich habe bislang überhaupt keinen Plan, was nächste Saison ist. Ich denke aktuell auch noch gar nicht daran. Ich habe noch mit niemandem gesprochen. Ich will diese Saison gut zu Ende bringen und will, dass Deggendorf in der DEL2 bleibt. Das ist mein Ziel und weiter denke ich noch nicht.