Wallersdorf: Kameras in Bad und Schlafzimmer

Junge Studentinnen heimlich mit Minikameras gefilmt


Bilder der Original-Minikameras, die der 55-Jährige benutzte. Foto: Christian Eberl

Bilder der Original-Minikameras, die der 55-Jährige benutzte. Foto: Christian Eberl

Von Christian Eberl

"Big Brother" ist nicht mehr der beschützende Bruder, er ist unter die Spanner gegangen. Geplant, mit Vorsatz und in bis dato unbekanntem Ausmaß hat ein 55-jähriger Mann aus dem Altlandkreis Landau seine Mieter per Minikameras ausspioniert, wie wir mit unserer Exklusivmeldung am Montag berichteten. Gezielt hielt er dabei nach jungen Frauen "Ausschau", denen er Wohnungen vermietet hatte. Er muss mit einer Freiheitsstrafe rechnen, die per Gesetz bis zu einem Jahr dauern kann.


Als Nik Tschiller im Sonntags-Tatort noch seinen Kollegen rüffelte, der seine eigene Wohnung per Webcams überwachen ließ, war von dem Treiben des Mannes aus der Region noch nichts bekannt. Er soll, so hat die Landauer Zeitung recherchiert, bis zu 70 Personen in einem Zeitraum von ein bis zwei Jahren systematisch und illegal beobachtet haben. "Beim Mittagessen, das wird wohl uninteressant gewesen sein", so der süffisante Kommentar von einem Insider.

In der Tat bestätigt die Staatsanwaltschaft Landshut voyeuristische Beweggründe. So hat der Täter gezielt jungen Frauen Wohnungen vermietet. Dort waren zwölf Minikameras installiert, und zwar auch in sensiblen Bereichen wie Bad oder Schlafzimmer. Nicht nur die Mieter wurden Opfer, sondern auch deren Besucher. Nach derzeitigen Erkenntnissen wurden an die 70 Personen heimlich aufgenommen. "Es handelt sich um sehr sensible Aufnahmen", so der Presse-Staatsanwalt in Landshut. Das Material sammelte der Lust-Spion auf CDs, USB-Sticks und sogar Videokassetten. Ob er es weiter bearbeitet, sprich geschnitten hat, ist noch nicht klar. Hinweise, dass das Bildmaterial im Internet veröffentlicht wurde, gibt es bisher nicht, sagt Ralph Reiter. Er geht im Moment nicht davon aus. "Wir sind froh, dass die Aufnahmen sichergestellt sind und damit kein Schindluder mehr getrieben werden kann."


Solche Kameras - nicht größer ein Stecknadelkopf - waren früher die Ausrüstung für James Bond und echte Spione von CIA und KGB, so die Ermittler. Heutzutage sei die Technik über das Internet erhältlich, und das für weniger als einen "Hunni", also hundert Euro. Die Kameras waren wohl aus den Gehäusen ausgebaut und geschickt hinter diversen Wandverkleidungen oder Behältnissen getarnt worden. Sie wurden ebenso sichergestellt wie das nötige Zubehör. Da es sich um zwei Gebäude handelt, vermietete Wohnungen und ein Objekt im Bau, wurde die "Überwachung" in einem separaten Gebäude durchgeführt, und zwar im Keller. Dort hatte nur er Zugang. Und es musste auch die notwendige Technik installiert werden, geht aus den Erklärungen des Staatsanwaltes hervor. Ob gar Kabelschächte im Objekt eingebaut waren oder die Daten per Funk übertragen wurden, wird noch ermittelt. Aus beruflichen Gründen muss sich der Täter jedoch mit baulichen Angelegenheiten ausgekannt haben.

Aufgeflogen war das verdächtige Verhalten des Vermieters einem jungen Mann, der eine der fünf Wohnungen mieten wollte. Nach vorliegenden Informationen wurde er als Mieter abgelehnt, eine Bekannte entdeckte schließlich eine Minikamera. Schließlich wurde die Polizei eingeschaltet.

Bereits im Oktober wurde vor Ort ermittelt, die zwölf Mini-Cams, eine Digital- und eine weitere Kamera, PC, Laptop und vieles mehr beschlagnahmt und der Mann verhört. "Der Täter ist geständig", sagt der Staatsanwalt. Im Januar wurden die Ergebnisse an die Landshuter Staatsanwaltschaft abgegeben. Mit deren abschließenden Untersuchungen droht ein öffentlicher Strafprozess.

Mit einem Strafbefehl wird es aufgrund der "kriminellen Energie" wohl nicht abgetan sein. Maßgeblich ist hier der Paragraf 201a Strafgesetzbuch, der laut Reiter eingeführt worden war, um eine Gesetzeslücke zu schließen: "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen." Auch mit der Beute müssen die Ermittler sehr sensibel umgehen. Es werden nur Auszüge der Aufnahmen für die Beweisführung gesichtet, so dass die Privatsphäre der ausgespähten Opfer nicht unnötig beeinträchtigt wird. Die Ermittler vor Ort jedenfalls sind verdutzt. Im Altlandkreis gab es so einen Fall noch nicht, für den Staatsanwalt ist vor allem dieses Ausmaß neu.

Anwohner halten sich zu dieser Tat bedeckt. Der Täter ist laut Staatsanwalt in psychologischer Betreuung. Getuschelt wird schon seit langem, aber man hat Mitleid für die Familienangehörigen. Man ist befreundet, man kennt sich, man ist aber auch erschüttert, was in manchen Kellern alles getrieben wird.

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Bilder der Original-Minikameras, die der 55-Jährige benutzte. Foto: Christian Eberl

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Bilder der Original-Minikameras, die der 55-Jährige benutzte. Foto: Christian Eberl