Landshut
Drogenhandel im Asylbewerberheim: 29-Jähriger vor Gericht
21. November 2016, 17:21 Uhr aktualisiert am 21. November 2016, 17:21 Uhr
Charles M. hat aus eienr Asylbewerberunterkunft in Landshut heraus Marihuana und Kokain verkauft - auch an Jugendliche. Am Montag begann der Prozess gegen den Mann aus Sierra Leone und seinen Helfer Albert K. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm die gewerbsmäßige Abgabe von Betäubungsmitteln an Jugendliche in zwölf Fällen vor.
Die Anklage legt Charles M. das Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, die gewerbsmäßige Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in zwölf Fällen sowie gewerbsmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zur Last. Seit Ende Oktober muss Charles M. sich daher vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts verantworten; mit ihm auf der Anklagebank ein Landsmann: Der 36-jährige Albert K. soll Charles M. bei seinen Drogengeschäften zur Hand gegangen sein. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor. Albert K. soll unter anderem sein Zimmer in der Asylbewerberunterkunft für die Übergabe von Drogen zur Verfügung gestellt haben. Zudem soll er bei den Geschäften dabei gewesen sein und auch mal bei Verständigungsschwierigkeiten zwischen Charles M. und einem Kunden gedolmetscht haben. Bei diesem Kunden handelte es sich um einen Informanten der Polizei, der den Kontakt zu Charles M. im März 2016 aufgenommen hatte. Laut Anklage hatte der Zeuge, der bei M. mehrmals Marihuana gekauft hatte, am 21. März auch etwa 200 Gramm Kokain zu sehen bekommen: Um es ihrem vermeintlichen Kunden zu zeigen, hatten beide Angeklagte den Kühlschrank in der Küche der Asylbewerberunterkunft von der Wand weggerückt.
Während Albert K. schweigt, nimmt Charles M. von seinem Recht, Fragen an die Zeugen zu stellen, ausgiebig Gebrauch - allerdings stellt der 29-Jährige dann selten Fragen: Er gibt vielmehr weitschweifige Stellungnahmen ab, was Vorsitzenden Richter Ralph Reiter am Montag dann doch zu dem Kommentar veranlasste, dass es schön langsam langweilig werde. Charles M. sieht sich als Opfer der Staatsanwaltschaft; "hier wird ein Spiel gegen mich gespielt". Dann wiederum sind es Mitbewohner in der Asylbewerberunterkunft, die eine "Hassaktion" gegen ihn angezettelt haben. M. stellt sich vor Gericht als fürsorglicher Onkel dar, der sich um die Landshuter Jugendlichen, die ihn fast täglich besucht haben, gekümmert hat. Für manchen Mitbewohner wiederum will er gar wie ein Bruder gewesen sein. "Haben wir nicht alle miteinander geraucht", fragte er einen 28-jährigen Zeugen, der einen Monat lang das Zimmer mit ihm geteilt hat, und sich dann diesbezüglich auf Erinnerungslücken berufen hat. Dabei will M. aber nie Geld von seinen Mitbewohnern und "seinen Jungs" für das dargebotene Marihuana angenommen haben. Ein Mitbewohner aus Afghanistan sprang dem Angeklagten diesbezüglich zur Seite: Er will für Charles M. gekocht und dafür Drogen bekommen haben. Auf die Frage von Richter Reiter, ob er von M. Marihuana auch gekauft habe, antwortete der 26-Jährige: "Er ist ein guter Mensch." Nach dem Hinweis Reiters, dass er bei der Polizei noch angegeben hatte, etwa zehn Mal Gras vom M. gekauft zu haben, erklärte der Zeuge, er habe das Gras von M. bekommen. Das Geld aber habe er einem Mann gegeben, der von allen nur "Suleiman" genannt worden sei.
Belastet wurde Charles M. am Montag von einem seiner ehemaligen Jungs, einem 16-jährigen Landshuter. Der Kontakt zu Charles M. sei über einen Freund entstanden. Er habe diesen ein paar Mal in die Asylbewerberunterkunft begleitet, weil er "nichts Besseres zu tun" gehabt habe. Er habe stets vor der Zimmertür gewartet; nur einmal habe er Charles M. durch den Türspalt gesehen. Mehr habe er nicht mitbekommen, sagte der Schüler zunächst. Nach eindringlichen Ermahnungen seitens Reiter und der Staatsanwältin räumte er dann doch ein, gewusst zu haben, dass es um Marihuana gehe. Vor der Unterkunft habe er dann auch mal selbst was gekauft. Einmal habe M. ihm und seinem Freund angeboten, zehn Gramm für ihn weiter zu verkaufen. Dies habe man aber abgelehnt, so der Schüler. "Da wäre für uns nichts rausgesprungen." Charles M. sagte dazu, dass er den beiden Schülern zehn Gramm für den Eigenbedarf angeboten habe, damit sie nicht täglich in die Unterkunft hätten kommen müssen: "Das Umfeld war sicher nicht gut für die Jungs."
Der Prozess wird am 12. Dezember fortgesetzt.