Weg in Selbstständigkeit

In Passau verbindet die Leidenschaft sogar Werkzeug und Wein

Ein ungewöhnliches Geschäftskonzept mitten in Niederbayern: Bernhard Wenzke will in seinem Laden Work & Chill Handwerk und Genuss vereinen.


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In seinem Laden in Passau verbindet Bernhard Wenzke seine Leidenschaften für Handwerk und Wein.

Von Salma El Mesmoudi

Jahrelang war Bernhard Wenzke in der Metallbranche als Meister-Betriebswirt aktiv. Genauso wie sein Vater, hat er beim Konzern ZF in Passau seine Ausbildung gemacht. „Es gab keine zehn Tage am Stück, an denen ich gerne zur Arbeit gegangen bin“, brummt der gebürtige Passauer und fährt sich durch seine grauen Haare. Kein Wunder also, dass er sein berufliches Glück anderen Orts gesucht hat. So sitzt er nun in seinem eigenen Geschäft in Patriching, einem Stadtsteil von Passau.

Das Work & Chill ist hier direkt an der Hauptstraße. Von außen wirkt es zunächst unscheinbar. Es ist jedoch die Geschäftsidee, die sich Wenzke ausgedacht hat, die den Laden außergewöhnlich macht. Unter einem Dach wird Wein und Werkzeug verkauft. „WORK steht für Werkzeuge, weil ich mein ganzes Leben mit Werkzeugen gearbeitet habe und CHILL steht für Weine, weil diese schon immer meine Leidenschaft waren.“ Von seinem Vater habe er auch die Liebe zu Weinen geerbt. „Zuhause wurde immer mehr Wein als Bier getrunken. Als Bayer ist das kaum zu glauben“, schmunzelt er.

Beruflicher Wendepunkt inspirierte zur Geschäftsidee

1995 habe Bernhard Wenzke angefangen, Weine in seinem Keller zu lagern und im Bekanntenkreis zu verkaufen. Dieses Geschäft lief so gut, dass er die Garage umbauen musste, weil er mehr Lagerraum gebraucht hat. Zu diesem Zeitpunkt habe er ZF bereits verlassen und für einen Werkzeugbetrieb im Außendienst gearbeitet. Er hat Waren den Kunden vorgestellt und ausgeliefert. Irgendwann wollte er sein eigener Chef werden. „Ich dachte mir, wenn die das können, warum sollte ich das nicht auch können?“, erzählt er und das war der Wendepunkt, der zu der ungewöhnlichen Geschäftsidee geführt hat.

Neben dem Wein wollte er nun auch Werkzeuge verkaufen: Das Work & Chill war geboren. An den Eröffnungstag am 01. April 1998 erinnert sich Wenzke noch sehr gut. Im Vorfeld gab es sehr viele negative Stimmen aus dem Umfeld. Immerhin war die Geschäftsidee riskant und die Familie hatte erst ein Haus neu gebaut. Wenzke aber beharrte auf seine Idee und blieb stur. Am 01. April 1998 stieg Wenzke in sein Auto und fuhr zu Handwerksfirmen im Umkreis, stellte sein Geschäft vor und konnte am ersten Tag zahlreiche Kunden für sich gewinnen. „Das habe ich als gutes Omen gewertet“, sagt er stolz.

Auch 25 Jahre später ist er immer noch fest von seiner Idee überzeugt. Das Work & Chill ist sein Lebenswerk und er investiert viel Zeit hinein. „Ich habe das letzte Mal 2015 Urlaub gemacht und ich glaube in den letzten 15 Jahren nur dreimal insgesamt“, erzählt Wenzke. Mit dem Geschäft ist er 2009 in eine größere Verkaufsfläche mit 600 Quadratmetern gezogen. Wenn man den Laden durch die Glastür betritt, wird man von einem blauen Teppichboden, hohen Decken und einem leichten Holzgeruch begrüßt. Der Laden ist in der Mitte unterteilt. Links sind große Fässer auf denen Weinflaschen stehen und an den Wänden hängen Regale, die ebenfalls mit Weinen bestückt sind. Rechts dominiert vor allem die Farbe Rot: Werkzeuge, vom Akkuschrauber bis zu Diamanttrennscheiben.

Sofort fällt auch der VW Bus ins Auge, der im gleichen Rot-Ton lackiert ist wie die Werkzeuge. Das Geschäft hat vier Tage in der Woche geöffnet. Wenzke übernimmt die Kundenbetreuung, die Inventur, den Einkauf und „Eigentlich alles“, wie er es formuliert. Nur für die Bürokratie hat er eine Mitarbeiterin. Außerhalb der Öffnungszeiten ist er mit dem Außendienst beschäftigt. Er fährt zu seinen Kunden, liefert Ware aus und stellt neue vor. Insgesamt arbeitet er 60 Stunden in der Woche und ist hochzufrieden. „Wenn man einen Beruf hat, den man so sehr liebt, dann braucht man keinen Urlaub“, so der Unternehmer. Was seine Familie davon hält, beantwortet er nur zögerlich: „Ich formuliere es mal so: Ich bin seit drei Jahren geschieden.“

Die Ziele von Bernhard Wenzke

Zwei Drittel vom Umsatz macht er mit Werkzeugen, den Rest mit Weinen. Werkzeuge werden hauptsächlich an Handwerksfirmen verkauft.  „Das Work & Chill ist kein gewöhnlicher Baumarkt. Für den Privatkunden sind die Werkzeuge im Sortiment meist zu teuer.“ Die Weine hingegen werden sowohl an Privatkunden als auch an Gastronomiebetriebe in Passau verkauft. Dass Werkzeuge und Weine eigentlich nicht zusammenpassen, musste sich der Geschäftsmann sehr oft anhören. Der Erfolg des Geschäfts beweise das Gegenteil, sagt er. 

Wenzke schätzt die Selbständigkeit, die ihm sein Laden bietet und dass er den Laden so organisieren kann, wie es ihm gefällt. Wenn er bei ZF geblieben wäre, dann hätte er mehr Geld verdienen können: „Es ist wichtiger, dass man gerne zur Arbeit geht. Das Geld ist dann nur zweitrangig.“ In der Zukunft möchte Bernhard Wenzke aber etwas runterfahren. „Letztes Jahr ist mein bester Freund und Mitarbeiter plötzlich verstorben. Da macht man sich Gedanken, ob man vielleicht langsam auf die Bremse treten sollte.“

Mittelfristig sei das Ziel, den Laden zu schließen und nur noch im Außendienst zu arbeiten, auch wenn die Bindung zum Laden sehr groß ist. Wann er in Rente gehen möchte, weiß er selber noch nicht. „Wenn ich 75 bin und ich immer noch Spaß daran habe, dann sehe ich keinen Grund in Rente zu gehen.“


Salma El Mesmoudi studiert in Passau Journalistik und strategische Kommunikation. Ihr Beitrag ist in einer Lehrredaktion entstanden, die in dem Studiengang integriert ist. Die Lehrredaktion wird von Redakteuren unserer Mediengruppe betreut.