Interview
Sebastian Osterloh: "In Straubing ist Eishockey wie eine Religion"
4. Juni 2016, 9:00 Uhr aktualisiert am 4. Juni 2016, 9:00 Uhr
Nach sechs Jahren verlässt Verteidiger Sebastian Osterloh die Straubing Tigers. Nachdem sein Vertrag bei den Niederbayern nicht verlängert wurde, zieht es den Fanliebling zurück in seine Heimat zum ESV Kaufbeuren. Im idowa-Interview spricht Osterloh über seinen Wechsel, seine Zukunft und blickt auf die Zeit in Straubing zurück.
Herr Osterloh, Sie wechseln zur neuen Saison zurück zu Ihrem Jugendverein ESV Kaufbeuren. Wie kam es dazu?
Sebastian Osterloh: Mein Vertrag in Straubing wurde ja nicht verlängert. Da ich auch schon 33 Jahre alt bin, musste ich mir auch Gedanken darüber machen, wie es nach der sportlichen Karriere weitergeht. Ich hatte mehrere Angebote, auch finanziell lukrativere. Aber gerade familiär hat vieles für die Rückkehr in die Heimat gesprochen. Meine Eltern leben dort, die Eltern meiner Frau kommen von dort. Gerade für eine Familie mit drei Kindern ist das schon eine große Stütze.
Und was hat abseits des Familiären für den ESVK gesprochen?
Osterloh: In Kaufbeuren gibt es eine überragende Jugendarbeit. Der habe ich es auch zu verdanken, dass ich es so weit geschafft habe. Ich bin schon als kleines Kind im Stadion gestanden und war schon Fan, als es noch die "Kaufbeurer Adler" waren. Ich freue mich auch darauf, noch ein Jahr im alten Stadion spielen zu dürfen, das hat schon etwas von Nostalgie. Aber genauso freue ich mich auch darauf, danach in einem neuen Stadion zu spielen. Insgesamt kann man sagen, dass der ESVK für mich eine Herzensangelegenheit ist.
Was erwarten Sie sich persönlich vom Wechsel?
Osterloh: Das ist vorher immer schwer zu sagen. Am wichtigsten ist meiner Meinung nach immer das Sommertraining. Ich werde versuchen, topfit in die Saison zu starten und dann bin ich mir sicher, dass ich die Erwartungen, die in mich gesteckt werden, auch erfüllen werde.
Wie werden Sie Ihre Rolle in Kaufbeuren interpretieren?
Osterloh: Jeder weiß, dass ich nicht der Spieler bin, der für die Tore zuständig ist. Ich achte eher darauf, dass hinten nichts anbrennt. Zudem werde ich einer der Führungsspieler sein. Deshalb sehe ich es auch als meine Aufgabe an, die jungen Spieler bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. Ich bin ohnehin jemand, der gerne mit jungen Spielern zusammenarbeitet. Auch in Straubing habe ich mich im Sommer um die Jungen gekümmert, heuer trainiere ich beispielsweise mit Manuel Wiederer zusammen.
Sebastian Osterloh über seinen Abschied aus Straubing
Der Wechsel nach Kaufbeuren bedeutet gleichzeitig auch einen Abschied aus Straubing. Mit welchen Gefühlen verlassen Sie die Tigers?
Osterloh: Im erstem Moment war es schon sehr hart für uns, als wir gehört haben, dass es in Straubing nicht weitergehen wird. Meine Familie und ich hängen an Straubing, wir haben viele Freunde hier und es ist eine superschöne Stadt. Aber das Leben geht weiter. Ich bin überzeugt, dass alles immer irgendeinen Sinn hat. Ich bin ein Mensch, der nicht gerne zurückschaut. Die Tigers sind für mich Geschichte und ich blicke der Zukunft positiv entgegen.
Ein bisschen zurückschauen auf die Zeit müssen wir aber dennoch. Wie werden Sie die sechs Jahre bei den Tigers in Erinnerung behalten?
Osterloh: Wenn ich alles Revue passieren lasse, dann muss ich sagen: Ich hatte eine wirklich sehr schöne Zeit in Straubing. Am meisten in Erinnerung bleiben wird sicherlich die Zeit, als wir 2012 als absoluter Außenseiter ins Playoff-Halbfinale eingezogen sind. Die Euphorie in der Stadt und der Support von den Fans, das war einmalig. Solche Momente werden immer hängen bleiben. Nach erfolgreichen Jahren ist es auch klar, dass es wieder einmal bergab geht. Gerade für einen kleinen Verein wie die Tigers. Aber man darf nie vergessen, dass das der kleinste DEL-Standort ist. Die Leute sollten es wertschätzen, dass man in dieser Liga mitspielen kann. Mit dem Erfolg in der vergangenen Saison hat man schon gemerkt, dass sich die Beziehung zwischen Fans und Mannschaft wieder in diese Richtung entwickelt hat, wie es schon einmal war. Ich kann nur an die Fans appellieren, immer weiter zu machen. In Straubing ist Eishockey ja schließlich so etwas wie Religion.
Aber der Abschied verlief nicht so, wie Sie es sich gewünscht, und wie Sie es nach Ansicht vieler auch verdient gehabt hätten.
Osterloh: Es gab die ein oder andere Person, die mich am Ende sehr enttäuscht hat, ja. Aber das ist mir inzwischen egal. Ich habe genug Charakter und stehe da drüber. Mit diesen Leuten werde ich in Zukunft auch nichts mehr zu tun haben.
Umso schöner dürfte es für Sie gewesen sein, als Sie auf der Abschlussfeier mit minutenlangen Standing Ovations gefeiert wurden. Wie haben Sie das wahrgenommen?
Osterloh: Das hat mir unglaublich viel bedeutet, vor allem weil man gesehen hat, dass es wirklich von Herzen kam. Die Fans haben das, was ich in meinen sechs Jahren in Straubing geleistet habe, anerkannt. Sie haben mir durch diese Aktion eine große Wertschätzung vermittelt. Das war ein Riesengefühl für mich und auch eine Bestätigung dafür, dass ich mir nichts vorzuwerfen habe. Klar gab es auch bei mir Phasen, in denen die Leistung nicht hundertprozentig gepasst hat. Aber das ist ganz normal, es gibt immer Höhen und Tiefen. Aber kein Spieler spielt absichtlich schlecht. Und ich habe immer alles für den Verein gegeben.
Sebastian Osterloh über die Fans und die Zukunft der Tigers
Ist es auch diese Unterstützung der Fans, die Sie besonders an Straubing vermissen werden?
Osterloh: Ja, klar. So wie es in Straubing war, das war schon etwas ganz besonderes. Aber ich werde die Unterstützung von den Leuten sicher weiter bekommen. Einige haben schon angekündigt, dass sie mich auch einmal bei Spielen besuchen werden. Ich freue mich jetzt aber auch auf die Unterstützung in Kaufbeuren. Ich bin überzeugt, dass sich etwas Ähnliches wie in Straubing entwickeln könnte. Es ist auch eine Aufgabe für mich, die Mannschaft mit den Fans enger zusammenzuführen. Aber auch in Kaufbeuren gibt es bei den Fans einen Stamm, der über die Jahre hinweg nie verloren gegangen ist. Selbst in der 3. Liga waren weit über 1.500 Zuschauer im Stadion.
Was wünschen Sie den Tigers für die Zukunft?
Osterloh: Ich werde sicherlich weiter verfolgen, was in Straubing passiert. Ich habe weiterhin viele gute Freunde in der Mannschaft. Was sportlich passiert, das ist immer sehr schwer vorauszusagen. Aber ich wünsche ihnen auf jeden Fall viel Glück.
Die Tigers gehen mittlerweile auch den Weg mit vielen eingedeutschten Akteuren. Wie sehen Sie diesen Weg?
Osterloh: Letzte Saison ist Iserlohn diesen Weg schon gegangen und sie waren damit sehr erfolgreich. Man kann es den Vereinen auch nicht vorwerfen, es ist ja legitim, was sie machen. Und kurzfristig ist es wahrscheinlich auch erfolgsversprechender. Aber die Frage ist, wie es mit diesem Weg langfristig aussieht. Gerade für die Nachwuchsspieler wird es dadurch natürlich umso schwieriger, sich in den oberen Ligen zu etablieren, wenn die Vereine lieber fertige Spieler aus Nordamerika holen. Wie gesagt, man darf die Schuld dafür nicht bei den Vereinen suchen, aber langfristig halte ich das für keinen guten Weg.