Landkreis Regensburg

In jedem Donaufisch steckt Quecksilber: Doch wie viel ist eigentlich zu viel?


Symbolbild: Paul Zinken/dpa

Symbolbild: Paul Zinken/dpa

Von Christian Geist

Johann Mayer stapft gerade in seine Fischküche im Erdgeschoss. Unangenehmen Fischgeruch sucht die Nase hier vergebens. Ein Mitarbeiter des Flussfischers zückt sein Messer und filetiert den Fang des vergangenen Tages. Ihr Schuppenkleid haben die silbernen Fischchen bereits am Vortag verloren. Jetzt sind Kopf und Gräten an der Reihe. Dass sein frischer Fisch mit Quecksilber verseucht sein soll, kann Mayer nicht glauben. "Es wird doch regelmäßig getestet. Wenn da etwas nicht in Ordnung wäre, hätten wir doch längst ein Verkaufsverbot", sagt der Donaufischer. Und damit hat er Recht.

Aus lebensmittelrechtlicher Sicht spricht nichts gegen Donaufisch. Dennoch hat die Bundesregierung kürzlich mit einer Stellungnahme viele Fischliebhaber aufgeschreckt:
"Die Umweltqualitätsnorm für Quecksilber ist in Fischen der großen Flussgebiete Rhein, Elbe und Donau dauerhaft und flächendeckend überschritten", lautete die Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion. Während Toxikologen von einer deutlich unterschätzten Gefahr sprechen, versucht der Landesfischereiverband (LFV), die Verbraucher zu beruhigen: Die Umweltqualitätsnorm sage nämlich gar nichts über die Eignung von Donaufisch als Lebensmittel aus.

Fischer: Strenge Werte beziehen sich auf Tiere, nicht auf Menschen

"Es gibt zwei unterschiedliche Richtwerte, den lebensmittelrechtlichen und die Umweltqualitätsnorm", erklärt LFV-Pressesprecher Thomas Funke. Während Erstgenannter bei 500 Mikrogramm Quecksilber pro Kilogramm Fisch liegt, zieht die Umweltqualitätsnorm bereits bei 20 Mikrogramm eine rote Linie. Laut Funke bezieht sich die strenge Norm gar nicht auf den hungrigen Straubinger, der am Wochenmarkt ein Fischpflanzerl verdrückt, sondern nur auf tierische Konsumenten wie Fischotter oder einige Wasservögel. Da sie ein wesentlich geringeres Körpergewicht aufweisen und sich bis zu 90 Prozent von Fisch ernähren, seien sie viel stärker betroffen als Menschen. Laut Funke fanden die Kontrolleure durchschnittlich 160 Mikrogramm des Schwermetalls je Kilogramm Fisch - viel zu viel für den Fischotter, aber ungefährlich für den Fischpflanzerl-Freund. Zumindest, wenn es nach Landesfischereiverband und Lebensmittelrecht geht.

Toxikologe: "Gefahr wird deutlich unterschätzt"

Toxikologe Peter Jennrich sieht das ganz anders. Mit einem Kollegen vom Forschungs- und Beratungsinstitut Gefahrstoffe (FoBiG) hat er im Auftrag von Greenpeace die Gesundheitsgefährdung durch Quecksilber untersucht. Ihr Schluss: "Die Gefahr von Quecksilber wird deutlich unterschätzt." Einen Fisch, der pro Kilogramm Körpergewicht weniger als 500 Mikrogramm des giftigen Metalls unter den Schuppen trägt, kann ein Mensch laut Jennrich zwar vertragen. "Man darf aber nicht davon ausgehen, dass ein Mensch keine Vorbelastung hat." Die Halbwertszeit von Quecksilber beziffert er im menschlichen Körper nämlich auf über 20 Jahre - viel Zeit, um gefährliche Mengen anzuhäufen.

Johann Mayer filetiert Weißfisch. Jeden zweiten Abend isst er frischen Fisch aus der Donau, "freilich mit gutem Gewissen".

Johann Mayer filetiert Weißfisch. Jeden zweiten Abend isst er frischen Fisch aus der Donau, "freilich mit gutem Gewissen".