Straubing

(K)ein "Trumm vom Paradies": Die Schattenseiten des Gäubodenvolksfests


Foto: Ulli Scharrer

Foto: Ulli Scharrer

Von Matthias Jell und Redaktion idowa

Nur noch wenige Tage, dann herrscht wieder absoluter Ausnahmezustand in Straubing, wenn das Gäubodenvolksfest in die nächste Runde geht. Das "Trumm vom Paradies", wie es von den Straubingern so liebevoll genannt wird, hat aber auch so einige Schattenseiten. Insbesondere für die Anwohner am Hagen. Gehör finden sie jedoch nur allzu selten. "Die elf Tage da. Die sollen sich nicht so anstellen", heißt es immer wieder.

Von wegen nur elf Tage. "Die Gaudi geht ja genau genommen zwei bis drei Monate, weil man die langen Auf- und Abbauzeiten auch noch mit einrechnen muss", echauffiert sich Heinz Woelki. Er wohnt schon seit vielen Jahren unweit vom Hagen und sagt: "Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer." Daher lasse er auch das Argument "Das weiß man doch vorher, bevor man da hinzieht" nicht gelten. In diese Kerbe schlägt auch Ingrid Wiesmüller (Name von der Redaktion geändert). Sie wohnt in der Weißgerbergasse, wo sich während des Gäubodenvolksfests von Jahr zu Jahr vermehrt unappetitliche Szenarien abspielen. Fäkalien und Erbrochenes vor der Haustür sind da nur die geringeren Übel. "Mittlerweile darf ich schon die gebrauchten Kondome wegräumen. Erst letztes Jahr hat es ein betrunkenes Pärchen beim Nachbarn an der Garage getrieben", erzählt Ingrid Wiesmüller. Touristen hätten das beobachtet und seien schockiert gewesen. Wiesmüller: "Die Touristen haben mir erzählt, sie sind eigentlich zum Gäubodenvolksfest, weil sie die Entgleisungen auf dem Oktoberfest unzumutbar fanden." Die unschöne Krönung des Ganzen seien dann noch die materiellen Schäden wie eingeschlagene Fensterscheiben.

Davon kann auch Melanie Hüttner (Name von der Redaktion geändert) ein Lied singen. Auch sie wohnt nur wenige Meter vom Hagen entfernt und sagt: "Ich mache drei Kreuzzeichen, wenn das Gäubodenvolksfest wieder vorbei ist." Neben der üblichen Wildbiesler gibt es auch für sie so einige Ärgernisse. "Zur Volksfestzeit werden hier immer wieder Autos zerkratzt. Eigentlich wollte ich mir heuer ein neues Auto kaufen, aber damit warte ich lieber bis nach dem Gäubodenvolksfest", berichtet sie. Im vergangenen Jahr ging ihr das Ganze erstmals so richtig zu weit. Als sie nachts draußen im Garten stand, flog plötzlich ein Maßkrug an ihr vorbei. Wenige Tage später versuchten Unbekannte bei ihr einzubrechen. Verglichen damit ist der tägliche Lärm während der Volksfestzeit verständlicher Weise harmlos.

"Zustände, wie am Ballermann"

Ohnehin erzählen die Anwohner unisono, dass keiner von ihnen etwas gegen das Volksfest habe. Im Gegenteil: Kultur und Brauchtum gehören dazu. Aber es würde eben von Jahr zu Jahr immer mehr ausarten. Ingrid Wiesmüller spricht gar von "Zuständen, wie am Ballermann". Eben saufen, bis man die gute Kinderstube völlig vergisst. Von Seiten der Stadt finden die Anwohner mit ihren Beschwerden jedoch wenig bis gar kein Gehör. "Ausklammern möchte ich hier die Ausstellungs-GmbH um den Herrn Riedl, der den Anliegen von uns Anwohnern nachgeht", so Wiesmüller. Als Spaßbremsen möchten die Anwohner am Hagen nicht verstanden werden, sie würden lediglich für ein gesitteteres Feiern plädieren.

Und die Polizei? Nun, die macht ihr menschenmögliches, stößt zur Volksfestzeit aber jährlich personell an Kapazitätsgrenzen. "Wir sind vorbereitet, es gibt Videoüberwachungen, aber wir können selbstredend nicht überall sein und Verbrechen verhindern, bevor sie geschehen", so Günter Ostermeier von der Straubinger Polizei. Einige Anwohner fühlen sich von der Polizei dennoch nicht ernst genommen. Ingrid Wiesmüller erinnert sich, als sie bei der Polizei die Zustände rund um den Hagen moniert habe. "Da is scho wieder so a Narrische, die sich wegen dem Volksfest beschwert", habe es da nur geheißen.

Die Nachbarn der Wiesmüllers haben schon genug und sich entschieden, wegzuziehen. Die Wiesmüllers selbst wollen dagegen noch nicht aufgeben und hoffen auf die Vernunft der Festbesucher.

Ausnahmezustand herrscht während dem Volksfest nicht nur in den Bierzelten. (Foto: Mathias Adam)

Ausnahmezustand herrscht während dem Volksfest nicht nur in den Bierzelten. (Foto: Mathias Adam)