Leben mit Down-Syndrom
Markus macht den nächsten Schritt
21. März 2019, 7:00 Uhr aktualisiert am 21. März 2019, 7:00 Uhr
Vor einem Jahr hat idowa die Familie Eggenfurtner aus Viehhausen bei Regensburg vorgestellt. Die Eggenfurtners, das sind Mama Evelyn, Papa Klaus und der elfjährige Markus. Zum Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März blickt die Familie auf das vergangene Jahr zurück - auf die Entwicklungsschritte und die Herausforderungen, die der Junge mit Trisomie 21 gemeistert hat.
Heraus aus der gewohnten Umgebung, nicht mehr die gleichen Kameraden, anderer Schulweg, andere Themen, anderes Leben. Nichts weniger bedeutet es, wenn man von der Grundschule auf einen anderen Schulzweig wechselt. Markus hat diesen Entwicklungsschritt nun hinter sich. Er ist jetzt in der fünften Jahrgangsstufe in einer ausgelagerten Klasse der Bischof-Wittmann-Schule in Lappersdorf. Das heißt: früher aufstehen, mit dem Bus fahren, neue Freunde finden, anspruchsvollerer Lernstoff. "Markus hat das gut gemeistert", freut sich Mama Evelyn. So gut, dass die studierte Sozialpädagogin wieder in ihren Beruf als Bewährungshelferin einsteigen konnte, denn Markus bleibt jetzt drei Nachmittage in der Schule. Er kann dort Basteln, Fußballspielen und Zeit mit den neuen Klassenkameraden verbringen.
Der drahtige Bub steckt die höheren Anforderungen auch körperlich gut weg. Wenn er nach Hause kommt, dann heißt es: Müdigkeit Fehlanzeige! Mama ist neben ihrem anspruchsvollen Job weiter gefordert, Markus zu betreuen und zu fördern. In der Schule gefällt ihm besonders Mathe. Der Umgang mit Zahlen macht im Spaß. Auch das Lesen geht prima. Nur Schreiben mag der Junge mit Down-Syndrom nicht so gerne. Typisch Bub eben, hätte man frühers gesagt.
Echte Inklusion
Besonders freut sich Evelyn Eggenfurtner, dass es in der neuen Schule ein besonderes Angebot gibt. Markus liebt schon seit langem das Tanzen. Leider konnte er aus Termingründen in der vierten Klasse nicht mehr zum Training gehen. Jetzt geht er wieder. "Die Bischof-Wittmann-Schule hat ein tolles Angebot. Zusammen mit Kindern vom Regensburger Goethe-Gymnasium können hier Förderschüler mit Anleitung eines Tanzpädagogen ihre Fähigkeiten trainieren. "Das ist für mich echte Inklusion. Die findet nicht nur beim Schulunterricht im Klassenzimmer statt, sondern auch bei solchen Angeboten." Dass Markus auch bei Aufführungen auf der Bühne stehen wird, macht die Angelegenheit erst recht spannend.
Auch dass Markus mit seinem männlichen Tanzlehrer ein Rollenvorbild hat, freut die Mutter. "Ich finde es prima, dass ein Mann die Kinder anleitet. Das zeigt nochmals klar, dass Tanzen nicht nur was für Mädchen ist", so Mama Evelyn. Doch mit Klischees hatte Markus sowieso noch nie Probleme. Der Junge mit dem Down-Syndrom lebt seine Hobbys voller Leidenschaft aus. Am Wochenende geht es mit Papa zu den Spielen des SVV Jahn. Das ist für Markus genauso spannend, wie Tanzen und Bewegung.
Die Eltern fördern seinen Bewegungsdrang so gut es geht. Markus ist ein versierter Ski-Fahrer. Das hat er wieder mal bei einem Österreich-Urlaub in den Faschingsferien unter Beweis gestellt. Da flitzt er Mama Evelyn schon mal davon und hat Spaß dabei. Im Skikurs steckt der Junge mit dem Extra-Gen Nummer 21 die nichtbehinderten Kinder schon mal in die Tasche und stellt sein Können unter Beweis. Der sportliche Junge hat außerdem eine künstlerische Ader, wie die Mutter schildert, und er ist sehr wissbegierig.
Markus freut sich sehr auf die Pfingstferien, in denen er mit den Eltern das Land seines großen Idols, Emmanuel Macron, besuchen wird. In seiner Inklusionsklasse in der Grundschule war er begeistert von Referaten, die die Kinder über europäische Länder hielten. Mama musste erst einmal ein Flaggenbuch kaufen. In den fünf Tagen Paris geht es natürlich auch nach Euro-Disney-Land. Das ist für Mama Evelyn alles andere als ein Pflichtprogramm. "Ich finde es schön, dass Markus so gerne Disney-Filme sieht. Da habe ich ein Alibi, sie mir mit anzusehen", lacht sie.
Abschiede gehören zum Leben
Natürlich gab es auch schwierige Situationen für Markus im vergangenen Jahr. Seine beste Freundin aus der Grundschule wechselte in eine andere Schule nach Regensburg. Hier war kein Inklusions-Platz mehr für Markus frei. Das bedeutet: die Vertraute aus der Grundschule loslassen, sich erst einmal an anderer Stelle bewähren und neue Freunde finden. "Gott sei Dank leben wir in einem kleinen Ort. Die Kinder verlieren sich nicht ganz aus den Augen", betont Evelyn Eggenfurtner. Doch für Markus ist auch so ein kleiner Abschied wichtig. Denn Abschiede gehören zur Entwicklung eines jeden Menschen.
Markus hat sich im vergangenen Jahr verwandelt und entwickelt. Der Junge mit dem Down-Syndrom hat innerliche Schritte auf dem Weg zum Erwachsenwerden getan. Männliche Rollenvorbilder sind für den Jungen vor der Pubertät wichtiger denn je. "Zum Toben müssen nun verstärkt der Papa und der Onkel herhalten", erklärt Evelyn Eggenfurtner. Ihr Sohn ist jetzt kein Kleinkind mehr und seine Beziehung zur Mutter wandelt sich. Für die Eltern bleibt es spannend, zu sehen, wie sich der Junge mit Down-Syndrom in den nächsten Jahren weiter entwickelt, spannend und gleichzeitig einfach schön.