Regensburg
Nach Nacht auf Kränen: Bauarbeiter beenden Streik
6. August 2020, 16:00 Uhr aktualisiert am 7. August 2020, 11:53 Uhr
Mehrere Bauarbeiter haben am Mittwoch in Regensburg in luftiger Höhe gegen ihre Arbeitsbedingungen protestiert. Vier von ihnen verbrachten sogar die Nacht auf einem Kran. Am Donnerstag ist der Streik dann friedlich zu Ende gegangen.
Die Arbeiter, die sich auf einem Kran auf einer Baustelle an der Dr. Gessler-Straße in Königswiesen verschanzt hatten, sind am Donnerstagnachmittag wieder sicher am Boden angelangt. Sie seien erschöpft, aber in einem körperlich guten Zustand, hieß es. "Die Turnerei auf den Kränen war nicht ganz ungefährlich, verletzt wurde aber niemand", sagte eine Polizeisprecherin am Donnerstag auf idowa-Nachfrage.
Mit der Aktion wollten die Bauarbeiter öffentlichen Druck aufbauen, da sie seit zwei Monaten kein Gehalt bekommen hätten. Am Donnerstag wurden ausstehende Zahlungen dann durchgeführt. Der Arbeitgeber habe die Lohnforderungen teilweise beglichen, sagte eine Polizeisprecherin. "Kurz nach 13 Uhr sind sie dann heruntergekommen." Die letzten Streikenden verließen das Areal demnach um 16 Uhr.
"Das Arbeitsverhältnis wurde bereits vor dem Streik beendet", erläuterte die Polizeisprecherin die Hintergründe. Die Arbeiter seien auf der Baustelle gewesen, um Restarbeiten zu erledigen. Dann traten sie in den Streik, wohl aus Geldproblemen. Der Streik dauerte rund 24-Stunden und verlief friedlich.
Begonnen hatte die Protestaktion am Mittwoch, rund 25 Männer hatten am Nachmittag die Straße und Zufahrt zu der Großbaustelle in der Dr. Gessler-Straße blockiert. Um ihren Forderungen noch mehr Nachdruck zu verleihen, waren vier der Männer auf Baukräne geklettert und hatten sich in den Führerhäusern verschanzt.
Am Abend versuchte ein Dolmetscher der Polizei zwischen der Baufirma und den Beschäftigten zu vermitteln - denn die Streikenden beherrschen kaum Deutsch, nur Italienisch. Ein Großteil der Männer hatte sich dann nach den Gesprächen über Nacht zurückgezogen. Vier Bauarbeiter verbrachten aber die Nachtstunden auf einem Kran. Um die Arbeiter im Notfall sichern zu können, war ein größeres Aufgebot von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst vor Ort. Die Einsatzkräfte mussten in der Nacht aber nicht eingreifen.
Ab Donnerstagvormittag wurde dann wieder an einer Einigung mit den Streikenden gearbeitet. Als gegen Mittag ein Kompromiss hinsichtlich der Lohnzahlungen geschlossen werden konnte, begannen die vier Kranbesetzer mit dem Abstieg aus den Führerkabinen der beiden Kräne aus 55 Metern Höhe. Unmittelbar im Anschluss konnten die Arbeiten auf der Baustelle wieder aufgenommen werden.
Offene Rechnung
Der Hintergrund gestaltet sich komplex. Die Bauarbeiter sollen über einen italienischen Subunternehmer beschäftigt worden sein, den eine der beiden Rohbaufirmen, die an dem Projekt beteiligt sind, beauftragt hat.
Als Bauherr bei dem Projekt "KönigsTOR RGB" fungiert die F & B Grundbesitz Regensburg II GmbH mit Sitz in Weiden. Im Gespräch mit idowa sagte der Geschäftsführer des Investors, Michael Fritsch, dass man selbst immer die offenen Rechnungen beglichen habe. Nach derzeitigem Stand gebe es aber eine offene Forderung des Subunternehmers an die Rohbaufirma. Die Kette der Zahlungen wurde wohl an dieser Stelle unterbrochen. Den Betrag habe man nun als Investor zur Verfügung gestellt, obwohl man nicht wissen könne, ob man das Geld zurückerhalte.
Als Bauherr könne man nur schwer oder kaum nachvollziehen, ob und gegebenenfalls wie lange die Bauarbeiter keinen Lohn erhalten haben. Es sehe aber so aus, dass die Arbeiter von dem Subunternehmer wohl tatsächlich keine Zahlungen mehr erhalten hätten, so Fritsch.
Das Angebot seitens des Bauherren wurde bereits Mittwochnacht überbracht, die Arbeiter gingen darauf jedoch nach Rücksprache mit dem Subunternehmer zunächst nicht ein.
"Wichtig ist nun der Sicherheitsaspekt", sagte Fritsch am Donnerstagvormittag. Schließlich waren die Männer nun seit langer Zeit auf der Baustelle, was gefährlich hätte werden könne, gerade auch bei den hohen Temperaturen.
Der Bauherr beauftragte nach eigenen Angaben einen Sicherheitskoordinator sowie eine Sicherheitsfirma, um für die Ordnung auf der Baustelle zu sorgen. Auch stehe man seit Mittwoch intensiv mit den Behörden in Kontakt. So arbeite man etwa mit Zoll und Polizei zusammen. "Wir haben auch überprüft, ob Sozialversicherungsbeträge für die Arbeiter abgeführt worden sind", sagt Fritsche. Dies sei der Fall.
Seitens der Streikenden auf dem Kran wurde dann am Donnerstag signalisiert, dass man nun doch bereit sei, herunterzukommen, wenn der erste Teil des Geldes auf den Konten eingegangen sei. Am Nachmittag war es dann soweit.