Der Bundestrainer im Interview

Marco Sturm: Durch harte Arbeit zum Erfolg


Bundestrainer Marco Sturm im Gespräch mit idowa.

Bundestrainer Marco Sturm im Gespräch mit idowa.

Am Freitagabend schaute Eishockey-Nationaltrainer Marco Sturm in Straubing vorbei und sah dabei einen 5:2-Erfolg der Tigers gegen die Schwenninger Wild Wings. Im idowa-Interview spricht der gebürtige Dingolfinger über das anstehende Trainingslager der Nationalmannschaft in Garmisch, die beiden Landshuter NHL-Spieler Tobias Rieder und Tom Kühnhackl und zieht Bilanz nach rund einem halben Jahr als Bundestrainer.

Herr Sturm, weder die Tigers noch Schwenningen stellen aktuell einen Nationalspieler. Was verschlägt sie zwei Spieltage vor der Länderspielpause dennoch nach Straubing?
Marco Sturm: Es geht mir darum, jeden Verein einmal zu besuchen und das sind eigentlich meine letzten beiden, die ich persönlich noch nicht live gesehen habe. Es hat jetzt ganz gut gepasst, dass ich mir die beiden Teams anschauen kann, es sind doch auf beiden Seiten auch einige deutsche Spieler dabei.

Für die Nationalmannschaft steht nächste Woche ein Trainingslager in Garmisch an. Was haben Sie mit der Mannschaft vor?
Sturm: Es sind vier Trainingseinheiten sowie einige Off-Ice-Aktivitäten geplant. Deswegen auch der Standort Garmisch mit den Bergen, das wollen wir auch nutzen. Es sind einige Dinge geplant wie einfach mal den Berg hoch zu gehen auf eine Hütte, ein Besuch der Skisprungchance oder eine Schlittenfahrt. Das sind Sachen, die man vor allem mit der Mannschaft nicht jeden Tag macht. Wir wollen da enger zusammenrücken und uns besser kennenlernen. Das finde ich sehr wichtig, um Erfolg zu haben. Schon beim Deutschland-Cup habe ich gemerkt, dass es eine gut funktionierende Truppe war, die sehr viel Spaß gehabt hat. Jetzt kommt der nächste Schritt.

Sie sind jetzt rund ein halbes Jahr Bundestrainer. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Sturm: Sehr gut. Mir macht der Job unheimlich Spaß. Ich habe schon einiges erlebt mit dem Deutschland-Cup oder der Junioren-WM. Da waren immer interessante Sachen dabei. Ich bin begeistert und werde auch weiterhin mit vollem Einsatz vorangehen.

Stichwort vorangehen: Ganz Eishockey-Deutschland hat sehr hohe Erwartungen an Sie. Wie gehen Sie damit um?
Sturm: Für mich ist das absolut positiv. Das sind Drucksituationen, die ich als Spieler jahrelang gewohnt war und in den vergangenen Jahren auch so ein bisschen vermisst habe. Ich habe es immer geschafft, den Druck in etwas Positives umzuwandeln, dass ich dadurch noch mehr daran arbeite und noch mehr daran setze, dass der Erfolg da ist. Ich denke, dass man nur durch harte Arbeit Erfolg haben kann.

Der Nationaltrainerposten ist Ihre erste große Trainerstation. Nehmen Sie diese Position nun anders wahr als früher als Spieler?
Sturm: Das ist sehr interessant. Als Spieler ist einem meist gar nicht bewusst, was ein Trainer alles an Verantwortung hat, was er planen muss, wie er mit verschiedenen Situationen umgehen muss. Allein schon die Nominierung der Spieler, das ist alles nicht so einfach. Deswegen haben ich großen Respekt vor allen Trainern, egal wo sie arbeiten. Es ist eine große Herausforderung und natürlich ist auch Druck dabei, es macht aber großen Spaß.

Marco Sturm über Veränderungen im Eishockey, die deutschen NHL-Spieler und den Nachwuchs

Durch Ihren Job haben Sie auch die DEL wieder mehr im Blick. Wie würden Sie sagen, hat sich das deutsche Eishockey verändert, seit Sie 1997 aus Landshut weg in die NHL gegangen sind?
Sturm: Generell hat sich das ganze Eishockey verändert, egal ob nun bei uns oder in Nordamerika. Die Mannschaften werden immer jünger, schneller und sind einfach fitter. Das war früher nicht ganz so. Da gab es den alten, härteren Stil. Das ist nicht mehr so, die Mannschaften werden eigentlich nur noch durch Speed aufgebaut. Jeder ist schnell und körperlich auf höchstem Niveau. Das, denke ich, ist der größte Unterschied.

Ein halbes Jahr als Bundestrainer ist natürlich noch eine sehr kurze Zeit. Was von dem, was Sie sich vorgenommen haben, konnten Sie dennoch bereits umsetzen?
Sturm: Mich hat sehr gefreut, wie die Mannschaft beim Deutschland-Cup das System, das ich spielen lassen will, umgesetzt hat. Es gibt noch sehr viel Arbeit, aber dennoch habe ich gemerkt, dass die Spieler das wollen. Das macht einem dann Spaß, das macht einen glücklich. Es liegen noch harte Trainingseinheiten vor uns, aber da sind wir auf einem guten Weg. Generell gibt es auch im ganzen DEB einen großen Umbruch. Man sieht es vielleicht jetzt noch nicht, aber in naher Zukunft werden wir einiges sehen, was sich verändert hat.

Wie sehen Sie die Entwicklung der deutschen NHL-Spieler, speziell von Tobias Rieder und Tom Kühnhackl?
Sturm: Tom ist jetzt seit circa vier Wochen dabei. Das freut mich natürlich, er ist ein Landshuter. Auch wenn er nur neun bis zwölf Minuten Eiszeit hat, ist er trotzdem jedes Spiel dabei. Für ihn ist es sicher eine sehr gute Erfahrung. Wer die Entwicklung bei Tobi oder auch Leon Draisaitl verfolgt, sieht, wie wichtig sie aktuell schon für ihre Mannschaften sind. Beide spielen Powerplay, teilweise Unterzahl, sind in der letzten Minute des Spiels auf dem Eis. Das zeigt, dass sie auch das Vertrauen der Trainer haben.

Mit Konrad Abeltshauser hat kürzlich ein junger Spieler seine Zelte in der AHL abgebrochen und ist nach Deutschland zurückgekehrt. Würden Sie einem Nachwuchsspieler empfehlen, den Schritt nach Amerika auf jeden Fall zu machen, wenn er die Möglichkeit bekommt?
Sturm: Ja, ich finde es sehr gut. Es ist ein anderes Eishockey, ein anderes Land. Die Jungs haben die Eiszeit mit guter Qualität und guten Gegnern. Das hilft einem jungen Spieler. Das ist das, was wir wollen. Das müssen wir auch bei uns im Nachwuchs besser machen, wir brauchen mehr Qualität in den Mannschaften. Es schadet keinem, wenn er nach Amerika geht. Und Konrad hat es probiert, das finde ich toll. Leider hat es mit der NHL nicht geklappt. Ich finde es gut, dass er jetzt wieder nach Hause gekommen ist. Er wird spielerisch hier sicher mehr lernen als in Nordamerika. Wie ich von Münchner Seite gehört habe, sind sie alle sehr zufrieden und ich denke, wir werden alle mit ihm noch Freude haben.

Sie haben den Nachwuchs schon angesprochen. Wenn sich das deutsche Eishockey langfristig nach vorne entwickeln will, muss man vor allem da ansetzen.
Sturm: Ich denke, durch das Fünf-Sterne-System hat sich schon einiges getan. Dennoch müssen wir die Kinder und die Trainer wieder besser ausbilden. Das A und O ist für mich immer noch, dass wir zu wenig Spieler haben, besonders im Nachwuchsbereich. Wir haben aktuell nicht die Breite, deshalb muss jeder Verein mehr tun, dass sie die Kinder wieder auf die Eisfläche bekommen.

Viele Verantwortliche schauen meist nur auf den kurzfristigen Erfolg, weil sie am Ende des Tages auch daran gemessen werden. Sehen Sie bei allen Beteiligten dennoch auch die Bereitschaft dazu, langfristig etwas zu verändern?
Sturm: Ja, ich denke schon. Durch das Fünf-Sterne-Programm müssen sie das teilweise ja auch tun. Kurzfristig wird man den Erfolg sicher nicht sehen, aber es ist auch das Ziel, dass durch langfristige Arbeit wieder gute Spieler herauskommen und dann für längere Zeit auch im eigenen Verein spielen.