Jahn-Kapitän im Interview

Marco Grüttner: "Jeder muss eine Schippe drauflegen"


Kapitän Marco Grüttner - gezeichnet von einem Cut unter dem Auge aus dem Testspiel gegen Hoffenheim - blickt der kommenden Saison positiv entgegen. Er sagt: "Wenn wir daheim eine Festung aus unserer Arena machen, dann können wir viel erreichen."

Kapitän Marco Grüttner - gezeichnet von einem Cut unter dem Auge aus dem Testspiel gegen Hoffenheim - blickt der kommenden Saison positiv entgegen. Er sagt: "Wenn wir daheim eine Festung aus unserer Arena machen, dann können wir viel erreichen."

Am Sonntag in einer Woche startet der SSV Jahn Regensburg in seine dritte Zweitliga-Saison in Folge. Mit neuem Trainer und einigen neuen Spielern soll der Klassenerhalt erneut gelingen. Im idowa-Interview spricht Kapitän Marco Grüttner, der vor seiner vierten Saison beim Jahn steht, über die Kaderveränderungen, die Integration der Neuzugänge, die anstehende Saison und seine persönliche Zukunft.

Herr Grüttner, die Vorbereitung neigt sich dem Ende zu. Ist der Jahn gerüstet für den Saisonstart?
Marco Grüttner: Ja, ich denke schon. Wir haben eine intensive Vorbereitung hinter uns, sind gut durchgekommen und haben fast alle Mann mit an Bord. Wir haben noch eine Woche, da wird es nochmal um letzte Details in der Abstimmung gehen. Aber das bekommen wir bis zum Start auf jeden Fall hin.

Lag der Fokus in der Vorbereitung vor allem auf der Integration der Neuzugänge?
Grüttner: Genau, das war wie immer ein wichtiger Punkt. Dafür war das Trainingslager gut, damit man sich gegenseitig kennenlernt. Es ist auch wichtig, dass die Neuen auf dem Platz wissen, wie die Mechanismen greifen. Die Jungs sind alle sehr willig, charakterlich einwandfrei und passen super in unsere Mannschaft. Sie nehmen das alles an und arbeiten täglich hart. In den Testspielen haben wir gesehen, wo es bei uns insgesamt vielleicht noch ein bisschen gefehlt hat. Aber gegen Hoffenheim hat man dann schon gesehen, dass wir gegen einen Bundesligisten sehr ordentlich mitgehalten haben.

Ist es schwierig, neue Spieler an die Jahn-Spielphilosophie ranzuführen?
Grüttner: Es kommt immer auf den einzelnen Spieler an, wie schnell er es annimmt, wie schnell er die Vorgaben umsetzt. Wichtig ist, dass man laufstark ist und die Zweikämpfe annimmt. Das macht jeder und jeder ist willig.

In der Spielphilosophie des Jahn muss ein Rädchen ins andere greifen. Wie wichtig ist deshalb die Abstimmung im Kollektiv?
Grüttner: Es ist enorm wichtig, dass die Abstimmung passt. Wenn einer zu spät kommt und die anderen aber trotzdem rausschießen, dann wird es für einen spielstarken Gegner einfach, sich durchzuspielen. Deshalb ist es enorm wichtig, dass wir als Einheit fungieren und das gemeinsam machen. Als Einzelkämpfer sind wir eh nicht stark, wir können nur im Team erfolgreich sein.

Trainer Mersad Selimbegovic meinte, die Gewöhnung an die Spielweise des Jahn habe bei den Neuzugängen auch viel mit Mut und Vertrauen in die Mitspieler zu tun.
Grüttner: Das stimmt. Man muss in unserer Spielidee mutig nach vorne verteidigen. Ich kenne das auch noch aus anderen Mannschaften, in denen man zuerst nach hinten schaut und absichert. Aber bei uns ist die Devise, dass wir draufgehen. Man muss in den Kopf reinbekommen, dass eben der Hintermann für den nächsten Gegenspieler zuständig ist. Dieses Vertrauen baut sich auf. Es zeigt sich auch in den Testspielen, dass das Selbstvertrauen und der Mut durch gelungene Aktionen gestärkt werden. Da sind wir auf einem guten Weg.

Am Ende sind es doch einige Ab- und Zugänge in der Mannschaft geworden. Wie bewerten Sie unter dem Strich den Umbruch?
Grüttner: Klar gab es viele Abgänge, auch von wichtigen Spielern. Aber das unterstreicht ja nur die gute Arbeit, die hier geleistet wird. Es ist doch schöner, wenn andere Vereine bei uns nach Spielern schauen als wenn sie sich gar nicht für uns interessieren würden. Denn dann würden wir schlecht arbeiten. Für die Mannschaft ist es natürlich schade, wenn wichtige Spieler gehen. Aber es sind wieder gute Neue gekommen und auch in den letzten Jahren haben sich alle immer weiterentwickelt. Jeder muss auch jetzt natürlich nochmal eine Schippe drauflegen und den nächsten Schritt machen. Jeder einzelne kann seine Grenze noch weiter nach oben verschieben - die Neuen genau wie die, die schon da waren.

Mit Sargis Adamyan und Hamadi Al Ghaddioui sind zwei Ihrer Nebenleute auf dem Platz weggewechselt. Was bedeutet das speziell für Sie im Sturmzentrum?
Grüttner: Natürlich hat jeder Spieler auch seine eigene Spielweise. Da geht es wieder um die Abstimmung. Die neuen Jungs müssen ja auch mit mir klarkommen, nicht nur ich mit ihnen (schmunzelt). Ich bin da positiv gestimmt und wir haben auch schon viele gute Ansätze gesehen, dass wir das wieder hinbekommen.

Ändert sich durch den Umbruch auch etwas in der Struktur der Mannschaft, zum Beispiel in der Hierarchie?
Grüttner: Bei uns ist es ohnehin nicht so, dass da zwei, drei Spieler das Sagen haben. Wir haben da eine gute Struktur, die auch nicht komplett weggebrochen ist. Das Korsett der Mannschaft ist geblieben, um das man dann jetzt die Mannschaft baut. Aber klar: Auch die Jungs, die letztes Jahr ein bisschen hinten dran waren, sind gefordert, den nächsten Schritt zu machen. Das meine ich mit Grenzen verschieben: Jeder muss noch einmal eine Schippe drauflegen und sich in den Fokus rücken. Da sind alle gefordert.

Welchen Input können die Neuzugänge dem Team geben?
Grüttner: Es ist einfach wieder etwas Frisches, das reinkommt. Viele Spieler bringen ein enormes Tempo mit, das wird bei unserer Spielweise helfen. Und vor allem die jungen Spieler bringen auch eine gewisse Unbekümmertheit mit und wollen zeigen, was sie leisten können.

Stimmen Sie der These zu, dass die Mannschaft qualitativ nochmal enger zusammengerückt ist?
Grüttner: Ja und das ist auch enorm wichtig. Wir müssen uns gegenseitig pushen und das Trainingsniveau hochhalten. Jeder muss in der Lage sein, auch in der Startelf zu stehen. Und das sehe ich wie Sie, dass sich da viele Spieler aufdrängen. Wenn ein Spieler verletzt oder gesperrt ausfällt, dann muss man sich keine Sorgen machen. Es ist auch wichtig, dass wir in der Breite gut aufgestellt sind.

Was soll den Jahn in der nächsten Saison wieder auszeichnen?
Grüttner: Das Gleiche wie in den vergangenen Jahren. Wir werden wieder Mentalität an den Tag legen und nie aufgeben. Und wenn wir zurückliegen, dann werden wir eben versuchen, das Ergebnis wieder zu drehen. Das sind wir unseren Fans auch einfach schuldig. Unsere Spielweise wird wieder nach vorne ausgerichtet sein, wir wollen möglichst viele Tore schießen. Wir werden auch dieses Jahr unsere Gegner wieder stressen und ärgern.

Die Ausrichtung bleibt offensiv. "Wir wollen möglichst viele Tore schießen", sagt Marco Grüttner. (Foto: imago)

Die Ausrichtung bleibt offensiv. "Wir wollen möglichst viele Tore schießen", sagt Marco Grüttner. (Foto: imago)

Wie schätzen Sie die 2. Bundesliga in der kommenden Saison ein?
Grüttner: Extrem stark. Mit Hannover, Stuttgart, Nürnberg, Hamburg, St. Pauli oder Bochum sind einige Vereine dabei, die um den Aufstieg spielen wollen. Dann gibt es noch Teams wie Heidenheim, die schon letzte Saison vorne dabei waren. Die Aufsteiger sind extrem stark. Wir wissen aus Erfahrung, wie eklig es ist, bei diesen Clubs zu spielen. Ich glaube die Liga wird eng zusammenrücken. Die großen Mannschaften werden dieses Jahr enorm unter Druck stehen, dass sie aufsteigen müssen. Dazu wird es sicher die eine oder andere Überraschungsmannschaft geben.

Wo kann sich der Jahn da einordnen?
Grüttner: Für uns kann es nur darum gehen, dass wir fleißig punkten und möglichst schnell die 40 Zähler sammeln. Wir haben letzte Saison gesehen, dass wir gegen jeden Gegner gewinnen können, aber man kann auch gegen jeden verlieren. Es wird sich immer am Wochenende zeigen, wer den unbedingten Willen hat, das Spiel zu entscheiden. Kleinigkeiten werden wieder entscheidend sein. Wir müssen abends in den Spiegel schauen können und uns nichts vorwerfen können in puncto Einstellung.

Zum Start geht es gegen Bochum, Hannover, Fürth und Bielefeld. Es folgen bald die Heimspiele gegen Stuttgart und den HSV. Wie bewerten Sie das Auftaktprogramm?
Grüttner: Da weiß mach gleich, wo man steht (lacht). Aber unabhängig vom Gegner ist jedes Spiel schwierig. Jedes kann man gewinnen und verlieren. Aber ein guter Start wäre schon wichtig. Mich freut, dass wir zu Hause starten. Denn hier in der Continental Arena muss es für die Gegner einfach eklig sein zu spielen. Wir müssen hier viele Punkte holen, das ist uns letzte Saison zumindest zu Beginn nicht so gut gelungen. Auswärts sind wir immer stark. Wenn wir daheim eine Festung aus unserer Arena machen, dann können wir viel erreichen.

Sie gehen in Ihre vierte Saison beim Jahn. Wie viel Spaß macht es, die aktuelle Entwicklung des Vereins zu begleiten und mitzugestalten?
Grüttner: In den drei Jahren, die ich nun hier bin, durfte ich sehr viel miterleben. Natürlich sportliche Erfolge, aber auch neben den Platz. Wenn man sich nur anschaut, was an unserem Trainingsgelände entstanden ist. Da wurden zwei neue Plätze gebaut, der dritte wird gerade gemacht. Das ist eine enorme Leistung, die hier vollbracht wird. Vor allem, wenn man sich vor Augen hält, was in den Jahren zuvor hier oft los was, das man auch aus der Ferne über die Medien mitbekommen hat. Wir können hier in Ruhe arbeiten und das ist einfach toll. Extrem freue ich mich auch, wenn man sieht, was im Umfeld inzwischen passiert. Wenn Kinder mit dem Jahn-Trikot rumlaufen, dann macht einen das einfach stolz.

Ihr Vertrag läuft am Ende der Saison aus. Haben Sie sich schon Gedanken über Ihre Zukunft gemacht?
Grüttner: Zunächst habe ich noch dieses Jahr Vertrag. Danach wird man sehen, was der Verein plant und wie es bei mir aussieht. Ich fühle mich noch topfit. Ich war die letzten drei Jahre kaum verletzt und hoffe, dass das so bleibt. Dann spielt auch das Alter keine Rolle. Wichtig ist, dass ich der Mannschaft helfen kann. Das sehe ich noch so, deswegen mache ich mir da keine großen Gedanken, sondern freue mich einfach auf die Saison mit dem Jahn.