Boxerin im AZ-Interview
Christina Hammer: "Wir sollten das im Ring regeln"
15. Mai 2019, 6:30 Uhr aktualisiert am 15. Mai 2019, 6:30 Uhr
Boxerin Christina Hammer spricht in der AZ über die Niederlage gegen Shields und die Attacken von Adler. "Nur eine große Klappe, das geht gar nicht", sagt sie.
Die 28-Jährige verlor am 13. April in Atlantic City ihre WM-Gürtel an die Doppel-Olympiasiegerin Claressa Shields (USA). Es ist die einzige Niederlage in ihrer Profikarriere (26 Kämpfe).
AZ: Frau Hammer, ein Monat ist seit Ihrer Niederlage im Megakampf der Weltmeisterinnen gegen Claressa Shields ins Land gegangen. Wie haben Sie die Zeit verbracht, außer mit Wundenlecken?
CHRISTINA HAMMER: Ich habe einfach mal abgeschaltet, denn so eine Niederlage tut natürlich weh. Ich habe viel Zeit mit der Familie und meinem Freund verbracht und dann bin ich auch schon wieder ins Training eingestiegen. Denn ich will unbedingt den Rückkampf gegen Claressa, der ja auch vertraglich vereinbart ist. Ich werde vorher wohl einen Fight in Deutschland bestreiten und dann gibt es Ende des Jahres das Rematch gegen Shields. Wieder in Amerika. Shields ist sehr gut, aber sie ist schlagbar. Und vor allem weiß ich, dass ich sie schlagen kann. Ich habe im ersten Kampf ein paar Fehler gemacht, die mir so nicht wieder passieren würden. Aber ich suche nicht nach Ausreden, so bin ich nicht gestrickt. Sie war an dem Tag die Bessere.
Christina Hammer: "Werbung für das Frauenboxen"
Haben Sie sich den Fight schon in der Videoanalyse angeschaut?
Nein, noch nicht, das tut noch zu weh, aber das kommt noch.
Wie war das Erlebnis USA für Sie? Dort erfährt das Frauenboxen ja eine ganz andere Wertschätzung.
Das stimmt. Das war schon überwältigend, man wird auf der Straße erkannt und angesprochen. Und ich glaube, man hat gesehen, wenn zwei hochklassige Gegnerinnen aufeinandertreffen, dann ist Frauenboxen genauso gut, mitreißend, aufregend und hochklassig wie Männerboxen. Ich denke, dass dieser Kampf, wenn zwei ungeschlagene Weltmeisterinnen aufeinandertreffen, eine Werbung für das Frauenboxen war.
Shields war von Ihrem Jab schwer beeindruckt, meinte, Sie müssten eigentlich Linkshänderin sein, so viel Kraft steckt in der linken Führhand.
Mein Jab ist eine Waffe, die ich sicher perfektioniert habe, damit halte ich mir die Gegner vom Leib, damit sie mich nicht treffen. Gerade im Boxen stimmt es wirklich: Geben ist seliger als Nehmen. Shields war insgesamt sehr respektvoll nach dem Kampf, das hatte ich so von ihr nicht unbedingt erwartet, da sie doch vorher so manchen Spruch abgelassen hat.
Christina Hammer: "Ich bin bereit"
Sie haben aber auch Nadelstiche gesetzt, etwa mit dem Mundschutz...
Stimmt, da stand: "Fuck Shields" drauf. Da sind alles so Dinge, die beim Boxen dazugehören. Der Kampf beginnt ja nicht erst, wenn man in den Ring steigt, sondern längst davor. Man versucht, in den Kopf des Gegners zu kommen, ihn zu verunsichern. Ob das nun solche Aktionen sind oder das Augenduell etwa beim Wiegen. Kämpfe werden oft im Kopf entschieden, das macht mehr als 50 Prozent aus.
Was nicht wirklich zum Boxen dazugehört, ist die persönliche Abrechnung, die Kommentatorin Nikki Adler, die selbst in Ihrem Kampf gegen Shields chancenlos war, mit Ihnen bei der Übertragung gemacht hat.
Viele Leute haben mir gesagt, wie unmöglich sie das fanden, was Adler da alles abgelassen hat. Der übertragende Sender DAZN hat sich sogar danach bei mir gemeldet und sich entschuldigt, und gemeint, dass sie bei Liveübertragungen keinen großen Einfluss darauf haben, was ein sogenannter Experte sagt. Ich werde mir das noch mal genau anhören, was da alles von Nikki kam. So etwas gehört sich einfach nicht. Das ist respektlos, das ist unsportlich. Sie hat wohl ein persönliches Problem mit mir, warum weiß ich nicht. Ich denke, wir sollten das im Ring regeln. Deswegen haben wir ihr auch schon ein Angebot für einen Kampf unterbreitet. Aber sie hat abgelehnt. Ich kann nur sagen: Wer so eine große Klappe hat, der sollte auch hinter seinen großen Worten stehen und den Mut haben, in den Ring zu steigen. Nur eine große Klappe, das geht gar nicht. Ich bin mit Shields über die Runden gegangen und sie? Sie wurde aus dem Kampf genommen, weil der Fight zu ungleich war. Ich denke, der Kampf war auch für das Frauenboxen in Deutschland sehr interessant. Ich kann nur sagen: Ich bin bereit. Es ist mir fast egal, wo und wann. Hauptsache, wir kämpfen.
Christina Hammer: Playboy? Das ist mir zu viel
Sie beide standen sich schon mal bei den Amateuren gegenüber. Damals gewann Adler!
Wenn sie sich darauf etwas einbilden will, was bei den Amateuren passiert ist, von mir aus. Ich war ein 16-jähriges Mädchen, der Kampf war eng. Wir sollten halt schauen, wer jetzt die Bessere ist!
Regina Halmich hat Frauenboxen in Deutschland richtig populär gemacht, aber dafür auch viel außerhalb des Boxens getan - den Showkampf gegen Stefan Raab, die Playboy-Shootings etwa.
Das gehört heute dazu, man muss sich nicht nur als Sportlerin präsentieren, sondern eben auch als Mensch, als Frau. Ich mache ja auch Shootings als Unterwäschemodel, wobei ich den Playboy ablehnen würde. Das ist mir einfach zu viel.
Was sagt eigentlich Ihre Familie zu Ihrer kämpferischen Berufswahl?
Sport war in unserer Familie immer schon sehr wichtig, und meine Familie hat meinen Bruder und mich da auch immer sehr unterstützt. Sie sind auch bei jedem Kampf dabei, selbst, wenn er in Amerika stattfindet. Der Shields-Kampf war gerade für meine Mutter schon sehr hart, sie war sehr, sehr traurig, dass ich verloren habe. Aber ich kann nur sagen: Es ist keine Schande, gegen jemanden zu verlieren, der an dem Tag besser ist. Eine Schande ist es nur, wenn man aufgibt und liegenbleibt. Das werde ich nie tun.