Baseball-Talent in Interview

Niklas Rimmel: "Kepler ist fast wie ein großer Bruder für mich"


Niklas Rimmel, hier noch für die Buchbinder Legionäre Regensburg im Einsatz, arbeitet in den USA hart für seinen Traum, einmal in der MLB zu spielen.

Niklas Rimmel, hier noch für die Buchbinder Legionäre Regensburg im Einsatz, arbeitet in den USA hart für seinen Traum, einmal in der MLB zu spielen.

Niklas Rimmel hat einen großen Traum: Er will eines Tages in der Major League Baseball spielen. Damit er es in die Baseball-Elite schafft, hat das Talent aus dem Sportinternat der Buchbinder Legionäre Regensburg einen Vertrag bei den Minnesota Twins unterschrieben und ist im vergangenen Jahr in die USA gewechselt. Aktuell bereitet er sich auf seine zweite Saison in den USA vor und will sich über das Farmsystem Schritt für Schritt nach oben arbeiten. Im idowa-Interview spricht der 19-Jährige über sein erstes Jahr in den USA, seine Ziele, seinen Tagesablauf und sein Verhältnis zu Max Kepler, der bereits in der MLB angekommen ist.

Herr Rimmel, Ihre erste Saison in den USA liegt hinter Ihnen. Wie fällt Ihr generelles Fazit aus?
Niklas Rimmel: Sehr gut! Ich bin ungewohnt erst mitten in der Saison zur Mannschaft gestoßen, weil ich noch mein Abitur erfolgreich in Regensburg abgeschlossen habe. Ich wurde aber gut aufgenommen und konnte mich deshalb sehr schnell einleben. Die zwei Monate, die ich letztes Jahr drüben war, haben mir insbesondere geholfen, alles genau kennenzulernen.

Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer eigenen Leistung? Wie war das Feedback der Verantwortlichen?
Rimmel: Für mein erstes Jahr im Professional Baseball bin ich, und auch meine Trainer, mit meiner persönlichen Leistung wirklich zufrieden. Natürlich ist immer Luft nach oben, aber für die erste Saison kann man sich echt nicht beschweren. Ich habe in der kurzen Zeit, in der ich drüben war, gute Sprünge nach vorne gemacht. Allerdings haben wir als Team am Ende leider knapp den Einzug in die Playoffs verpasst.

Wie waren die ersten Eindrücke von den Gegebenheiten und der Organisation?
Rimmel: Ich war wirklich verblüfft. Natürlich wusste ich, was mich in etwa erwartet. Aber die gesamte Anlage hier in Fort Myers ist einfach genial. Gerade wenn man aus Deutschland kommt, wo Baseball wirklich alles andere als populär ist, weiß man nochmal umso mehr zu schätzen, was einem hier tagtäglich zur Verfügung steht. Die Organisation an sich ist, im Gegensatz zu vielen anderen, bekannt für ihre "homegrown talents", es stammen also viele MLB-Spieler aus den eigenen Reihen und sind nicht einfach eingekauft. Die Twins schenken einem daher von vornherein viel Vertrauen, was natürlich auch Auswirkung auf das eigene Selbstbewusstsein hat. Man fühlt sich schnell wohl und wird von allen sehr akzeptiert und respektiert. Das stärkt insbesondere das Einheitsgefühl und es fühlt sich an wie eine große Familie.

Was sind die großen Unterschiede zwischen der Talentförderung in Deutschland und in den USA?
Rimmel: Ich denke, dass sich Regensburg, im Vergleich zu den Twins, lediglich in den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln unterscheidet. Für deutsche oder gar europäische Verhältnisse zählt Regensburg wahrscheinlich zu einer der besten Ausbildungsstätten für Baseballspieler überhaupt. Dadurch, dass Baseball in Deutschland trotzdem (noch) Rand- und damit Amateursport ist, ist es schwierig, den Sport so professionell zu betreiben wie alleine in den Minor Leagues hier in den USA. Das bedeutet dann in erster Linie äußerst professionelle Trainer und professionelles Equipment, die hier beide quantitativ aber vor allem auch qualitativ im Vergleich in einem ganz anderen Ausmaß zur Verfügung stehen. Dadurch lässt sich nochmal sichtlich detaillierter und insbesondere effizienter arbeiten.

Worauf legen die Trainer besonders Wert?
Rimmel: Mit einem Wort beschrieben: Accountability. Das ist den Trainern und allen Zuständigen bei den Twins und allgemein im professionellen Baseball extrem wichtig. Das kann man in verschiedene Kategorien herunterbrechen, aber grob gesagt bedeutet es, dass man sich zu hundert Prozent auf dich verlassen kann, also dass man quasi auf dich zählen kann. Das fängt schon bei Kleinigkeiten wie Pünktlichkeit an und geht weiter zu Punkten, wie du dich verhältst, on and off the field. Übernehme Verantwortung dafür, wie du dich selber, aber vor allem Twins Baseball, professionell nach außen vertrittst.

In welchen Punkten haben Sie sich weiterentwickelt - zum einen sportlich, aber vielleicht auch in Ihrer Persönlichkeit?
Rimmel: Sportlich gesehen gibt es viele Aspekte im Training aber auch im Spiel, in denen man kontinuierlich, also von Tag zu Tag, Fortschritte macht. Persönlich entwickelt man sich, wie ich finde, mit dem ganzen Prozess mit. Es gibt Tage, an denen könnte es nicht besser laufen, aber auch wiederum Tage, an denen die Frustration keine Grenzen kennt. Sich sein großes Ziel - eines Tages in der MLB zu spielen -, das man in kleinere Zwischenziele herunterbricht, tagtäglich vor Augen zu halten, ist bei der alltäglich harten Arbeit manchmal sehr schwierig. Dabei entwickelt man sich jedoch am meisten weiter. Indem man dem Prozess Vertrauen schenkt, unerschütterlich an seinen Traum glaubt und jeden Tag alles dafür gibt, egal wie schlecht vielleicht gestern oder die letzten Tage liefen.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

First Spring Training is in the books ⚾️☀️🌴 #ST2K19 #twins #thankful

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Wie schwierig war die Umstellung auf ein neues Land, zum Beispiel in Bezug auf die Sprache oder die Kultur?
Rimmel: Die Frühstückskultur ist, glaube ich, ein allseits bekannter Unterschied in den USA. Wir haben allerdings meistens eine relativ große Auswahl und werden auch sonst immer frisch bekocht, deshalb reduziert sich das auch gleichzeitig wieder. Bei der Sprache würde ich sagen, bin ich ziemlich gut aufgestellt. Im Gegensatz zu meinen zahlreichen lateinamerikanischen Mannschaftskameraden, die soweit ich weiß zusätzlich auch dreimal Englischunterricht unter der Woche nehmen müssen, zählen sie mich hier fast schon zu den Amerikanern. Einer meiner Teamkollegen aus Taiwan hingegen hat sogar seinen eigenen Übersetzer.

Haben Sie schnell Anschluss gefunden - sowohl innerhalb des Clubs/der Mannschaft als auch außerhalb?
Rimmel: Auf jeden Fall! Alleine schon der Fakt, dass man - völlig egal, wie viele verschiedene Nationen in der Mannschaft vertreten sind - trotzdem mit Baseball quasi die gleiche Sprache spricht, verbindet. Außerdem versucht man auch untereinander, in der jeweilig fremden Sprache, Small-Talk zu führen. Jeder versucht jedem quasi seine eigene Welt ein wenig vorzustellen und das schafft eine sehr angenehme Atmosphäre im Clubhouse.

Wie kann man sich den Tagesablauf von Ihnen vorstellen?
Rimmel: Mein Wecker klingelt eigentlich, wie in der Schule auch, jeden Morgen bis auf sonntags um 6.30 Uhr. Mit dem Unterschied, dass die Motivation aufzustehen deutlich größer ist als damals. Ich frühstücke eigentlich immer gegen 7 Uhr und gehe direkt danach rüber ins Clubhouse. Ich wohne direkt am Komplex, deshalb hab ich's nicht weit. Um 8.30 ist, zumindest momentan, meistens der gemeinsame Stretch mit dem Team. Die Zeit zwischen Frühstück und Stretch nutzt man häufig, um sich von Physiotherapeuten behandeln zu lassen oder allgemein um sich selber aufzulockern, um fit und vorbereitet für den Tag zu sein. Von 8.30 Uhr bis 11.30 Uhr hat man dann verschiedene Trainingseinheiten. Das Wurfprogramm steht dabei für mich als Pitcher natürlich im Mittelpunkt. Nachmittags haben wir dann auch, bis auf sonntags, in der Regel jeden Tag ein Spiel. Zwischen Training und Spiel gibt es eine kleinere Pause, vor allem fürs Mittagessen. Nach dem Spiel, also circa ab 17 Uhr, hat man dann den Rest des Tages frei.

Wie sieht Ihr Alltag neben dem Baseball aus?
Rimmel: Ich teile mir hier mit einem meiner Mannschaftskameraden ein Zimmer in der Akademie, welche direkt im Komplex integriert ist. Freizeit bleibt außerhalb des Baseballs, wie man dem Tagesablauf auch schon entnehmen kann, kaum welche. Selbst nach dem Spiel oder am freien Sonntag ist man meistens froh, wenn man sich ausruhen kann, da das Programm kombiniert mit dem Wetter in Florida ziemlich strapaziert. Da aber auch die Anlage ein wenig außerhalb von Fort Myers liegt, verbringen wir sowieso die meiste Zeit am Komplex. Wenn wir aber mal was unternehmen, dann gehen wir zum Beispiel zusammen essen, ins Kino oder manchmal auch an den Strand.

Wie ist das Verhältnis unter den Spielern, da man in gewisser Weise ja Konkurrent ist. Ist es mehr ein Miteinander oder schaut jeder in erster Linie auf die eigene Karriere?
Rimmel: Ich persönlich konzentriere mich sehr stark auf mich während des Trainings. Ich denke das tut - zumindest hier - der Großteil. Was jedoch nicht heißt, dass wir uns voneinander distanzieren. Im Gegenteil, ich arbeite täglich hart an mir selber, um dann letztendlich dem Team im Spiel weiterhelfen zu können. Ich denke, dass es manchmal schon kleinere Konflikte geben kann, es aber im Großen und Ganzen ein gutes Miteinander ist.

Wie kann man sich im Allgemeinen den Austausch zwischen Ihnen und dem Club vorstellen?
Rimmel: Nicht äußerst viel momentan. Ich befinde mich zurzeit als Rookie im Extended Spring Training (Erweiterte Saisonvorbereitung) und deshalb geht es in erster Linie darum, Fortschritte zu machen und besser zu werden. Ich habe dabei ab und zu Meetings mit dem gesamten Coachingstaff, um Feedback über meine Entwicklung zu bekommen. Ich habe hier also vorrangig mit den Trainern und Verantwortlichen vor Ort zu tun.

Auf Seite 2 des Interviews spricht Niklas Rimmel über seine Ziele, sein Verhältnis zu Max Kepler und seinen Kontakt nach Hause.

Niklas Rimmel über seine Ziele, sein Verhältnis zu Max Kepler und seinen Kontakt nach Hause

Was sind Ihre Ziele für die anstehende Saison und für die nächsten Jahre?
Rimmel: Als Team auf jeden Fall dieses Jahr die Playoffs schaffen, wenn nicht sogar noch mehr. Persönlich möchte ich mich bestmöglich der Mannschaft anbieten, um ihr weiterhelfen zu können. Wie oben genannt möchte ich meinen Trainern, aber insbesondere meinen Teamkollegen zeigen, dass ich accountable bin. Wenn sie sich also auf mich verlassen können und ich meinen "Job" zuverlässig erledige, biete ich mich gleichzeitig für höhere Mannschaften im Farmsystem an. Das ist somit auch mein Ziel für die nächsten Jahre. Nämlich mich kontinuierlich für das nächsthöhere Team anzubieten. Es gibt insgesamt noch fünf weitere Teams zwischen meinem jetzigen Team den GCL Twins und dem MLB-Team, den Minnesota Twins.

Wie würde der aus Ihrer Sicht ideale Werdegang in den kommenden Jahren aussehen?
Rimmel: Optimal wäre es, wenn ich nun von Jahr zu Jahr eine Liga höher spielen würde, sodass ich dann mit 25/26 Jahren mein MLB-Debüt geben würde.

Ihr großes Ziel ist sicherlich die MLB. Worauf kommt es Ihrer Meinung nach an, um das letztendlich auch zu realisieren?
Rimmel: Absolut! Das Wichtigste ist es, konstant gute Leistung zu bringen, was auch letztendlich Minor-League-Spieler von Major-League-Spielern unterscheidet. Sie haben zwar teilweise auch die besseren Fähigkeiten, sie können aber vorrangig ihre Leistung wesentlich konstanter abrufen und wiederholen. Das ist auch gleichzeitig das Rezept, um eine Liga höher aufzusteigen. Bringt man konstant sehr gute Leistung, wirkt das sehr attraktiv auf das nächsthöhere Team und man bietet sich somit an.

Seit wann sind Sie in diesem Jahr in den USA und wie läuft die Saisonvorbereitung?
Rimmel: Ich befinde mich nun seit Ende Februar in Fort Myers. Das Spring Training (Saisonvorbereitung) ging nur den ersten Monat, also bis Ende März. Die unteren zwei Ligen, auch Short-Season-Teams genannt, in den Minor Leagues, also unter anderem auch die GCL Twins, bleiben jedoch noch bis Mitte Juni hier, da deren Saisons erst später anfangen. Das Extended Spring Training (Erweiterte Saisonvorbereitung), das von Anfang April, also direkt nach dem Spring Training, bis Mitte Juni geht, ist also fast geschafft und wir sind startklar für die Saison.

Die Saison findet in einem sehr kurzen Zeitrahmen statt. Wie schwierig ist es, auf den Punkt da zu sein und seine beste Leistung abzurufen?
Rimmel: Im Vergleich zu Deutschland oder den Full-Season-Teams, also allen Teams, die höher als die zwei unteren Rookie-Ligen sind, ist der Zeitrahmen mit zwei Monaten wirklich extrem kurz. Aber man hat sich jetzt im Extended Spring, gerade mit den ganzen Spielen nachmittags, lange genug drauf vorbereiten können, sodass wir jetzt alle fit für die Saison sein sollten. Der Tagesablauf wird sowieso sehr ähnlich sein. Und das ist die Kunst dabei, da man oftmals nicht viele Möglichkeiten hat, sich zu beweisen, man aber trotzdem immer sein A-Game bringen muss. Diese vor allem mentale Stärke, immer abzuliefern zu können, unterscheidet dann auch diejenigen, die es ganz nach oben schaffen, von denen, die in den unteren Ligen stranden.

Wie ist Ihr Kontakt zu Max Kepler? Gab es schon intensivere Gespräche? Wenn ja, was hat er Ihnen mit auf den Weg gegeben?
Rimmel: Wir haben guten Kontakt zueinander. Wir sind uns im Spring Training das allererste Mal überhaupt begegnet. Wir haben auch ein paar Sachen unternommen und hatten so Zeit, um uns kennen zu lernen und ein bisschen auszutauschen. Ich würde ihn mittlerweile absolut als Bezugsperson einordnen. Wenn ich Fragen habe, kann ich mich immer an ihn wenden, aber auch sonst ist er fast schon wie ein großer Bruder für mich. Er hat immerhin alles hinter sich, was mir noch bevorsteht. Er hat mit mir deshalb auch schon einige Tipps und Erfahrungen geteilt, die er aus seiner Minor-League-Zeit bei den Twins gelernt hat.

Wie ist der Kontakt nach Hause zu Familie und Freunden?
Rimmel: Sehr gut. Ich habe regelmäßig Kontakt zu Familie und Freunden. Es ist in Anbetracht der Zeitverschiebung zwar manchmal nicht ganz einfach zu telefonieren. Aber man findet dann schon immer einen guten Zeitpunkt, auch wenn es nicht immer so lange ist.

Wie ist Ihr Kontakt aktuell zu den Buchbinder Legionären?
Rimmel: Auch gut. Ich bin vor allem mit meinen Teamkollegen aus der ersten Mannschaft durchgehend in Kontakt. Ich versuche auch ihre Saison, so gut wie es geht, zu verfolgen. Aber auch mit den Jungs vom Sportinternat habe ich vereinzelt immer mal wieder Kontakt.

Sie haben vergangene Saison vor und nach der Saison in den USA für die Legionäre gespielt. Ist das auch nach der diesjährigen Saison denkbar?
Rimmel: Leider nein. Das war nur eine Ausnahme, die bereits im Vorhinein in Absprache mit den Twins gemacht worden ist. Außerdem muss man auch, soweit ich weiß, eine gewisse Anzahl an Spielen in der regulären Bundesliga-Saison absolviert haben, um sich als Spieler für die Playoffs qualifizieren zu können. Deshalb war das letztes Jahr möglich und vor allem sehr praktisch, da ich eigentlich die komplette reguläre Saison noch mit den Legionären gespielt habe.

Wie ist allgemein der Jahresablauf, wie lange sind Sie in den USA, wie lange in Deutschland?
Rimmel: Ich bin auf jeden Fall noch bis Ende August bis zum Ende der regulären GCL-Saison in den Staaten. Es hängt immer noch davon ab, ob wir es dann in die Playoffs schaffen und wenn ja, wie weit wir dann kommen. Aber ganz grob gesagt verbringe ich eigentlich immer die Off-Season von September bis Februar in Deutschland und bin von März bis August in den USA.