24 Jahre nach Weißflog
Wellinger fliegt im Chaos-Springen zu Gold
10. Februar 2018, 16:21 Uhr aktualisiert am 10. Februar 2018, 16:21 Uhr
Was für ein chaotisches Springen von der Normalschanze und welch ein Triumph für Andreas Wellinger! Starke Böen und eisige Temperaturen machen den Springern schwer zu schaffen. Doch der Deutsche holt das erste deutsche Einzel-Gold seit 1994.
Pyeongchang - Andreas Wellinger schlug die Hände vor sein Gesicht und warf sich auf den Boden.
Der 22-Jährige ist in einem völlig chaotischen Skispringen zur Goldmedaille bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang geflogen. Bei kaum zu kontrollierenden Windböen und Eiseskälte katapultierte sich Wellinger auf der Normalschanze im Alpensia Park mit Schanzenrekord und 113,5 Metern im zweiten Durchgang noch vom fünften auf den ersten Platz.
Damit sorgte der gebürtige Bayer am Samstag für das erste Einzel-Gold seit Jens Weißflog 1994 in Lillehammer.
Wellinger, der schon die ganzen Tage über in prächtiger Form war, siegte vor den beiden Norwegern Johann Andre Forfang und Robert Johansson, der ebenfalls Schanzenrekord sprang. Auch die weiteren DSV-Flieger wussten zu überzeugen. Markus Eisenbichler, Richard Freitag und Karl Geiger reihten sich auf den Plätzen acht bis zehn ein.
Freitag: "Das ist genial"
Freitag war voll des Lobes für Wellinger. "Das ist genial", sagte er beim ZDF. "Man gestern schon gesehen, dass er hier topfit auf der Schanze ist. Das ist absolut verdient."
Bereits am Vortag hatte Wellinger die Qualifikation für sich entschieden. "Wir können Geschichte schreiben", hatte Bundestrainer Werner Schuster im Vorfeld gesagt und Recht behalten. Wellinger behielt bei fast schon Olympia-unwürdigen Bedingungen die Nerven. Denn für die Springer war es ein absolutes Geduldsspiel. Immer wieder hatten die Athleten wegen der ständig wechselnden Winde warten und die Absprungluken wechseln müssen.
Springen erst nach Mitternacht beendet
Dazu kam die extreme Kälte. Minus zwölf Grad zeigte das Thermometer an, gefühlt waren es gar minus 21 Grad. Das Springen wurde aufgrund der ständigen Hängepartie erst nach Mitternacht beendet, was ebenfalls grenzwertig war.
FIS-Renndirektor Walter Hofer sorgte aber höchstpersönlich dafür, dass den Springern warm blieb und wickelte Decken um die Sportler, die oben an der Schanze warten mussten.
Besonders hart traf es Simon Ammann. Der Doppel-Olympiasieger von 2002 und 2010 musste gleich sechs Versuche unternehmen, ehe er endlich abspringen konnte. Die Zuschauer hatten schon längst von diesem unwürdigen Schauspiel genug, nur noch rund 1.000 Fans harrten an der Schanze aus. Am Ende wurde der Schweizer Elfter.
Hayböck: "Es geht einfach ungerecht zu"
Nicht für eine Platzierung ganz vorne, aber trotzdem für einen Eintrag in die Geschichtsbücher reichte es für den japanischen Altstar Noriaki Kasai. Der 45-Jährige nahm zum achten Mal an Olympischen Spielen teil und stellte damit einen Rekord auf.
Doch die Verhältnisse waren grenzwertig. "Turbulent" sei es in der Luft zugegangen, sagte Rekord-Weltcupsieger Gregor Schlierenzauer: "Es ist eine Freiluftsportart. Man braucht zwei sehr gute Sprünge und das nötige Sprungglück." Schlierenzauer, der längst nicht mehr zur absoluten Weltspitze gehört, schaffte es nicht in die Top Ten. Auch nicht sein österreichischer Teamkollege Michael Hayböck, der haderte: "Es geht einfach ungerecht zu.".