Streit um Video-App

Nach Tiktok-Blackout in den USA: Wie geht es jetzt weiter?


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Tiktok ist in den USA offline - und selbst mit der Aussicht auf eine Gnadenfrist ist die langfristige Zukunft ungewiss.

Von dpa

Mehr als 170 Millionen US-Nutzer von Tiktok gucken seit dem Wochenende in die Röhre. Ohne einen Eigentümerwechsel hat die Video-App auf Dauer keine Zukunft in den USA - aber Donald Trump mag sie nach der gewonnenen Präsidentenwahl auf einmal und möchte ein Wörtchen mitreden.

Wie kam es dazu, dass Tiktok in den USA offline ging?

Tiktok wird in den USA als Tochter des in China ansässigen Bytedance-Konzerns als Sicherheitsrisiko gesehen. Politiker und Experten warnen davor, dass die chinesische Regierung auf Daten von Amerikanern zugreifen und die öffentliche Meinung manipulieren könnte. Der US-Kongress beschloss deshalb ein Gesetz, nach dem sich Bytedance binnen 270 Tagen von Tiktok trennen oder ein Aus der App in den USA in Kauf nehmen muss. Diese Frist lief am Sonntag ab. Tiktok zog vorsorglich schon kurz davor den Stecker.

Was bedeutet das für Nutzer in Deutschland?

Außerhalb der USA funktioniert die App wie bisher. Aber: Auf die Plattform kommen vorerst keine Clips aus den USA mehr. Das könnte Tiktok weniger attraktiv für die Nutzer machen. Es kann aber auch eine Gelegenheit für Video-Autoren aus anderen Ländern sein, die Lücke zu füllen und eigene Trends zu setzen. Wenn Nutzer aus anderen Ländern in die USA kommen, funktioniert die App für sie dort auch nicht mehr.

Wie geht es jetzt weiter?

Am Montag wird Donald Trump als US-Präsident vereidigt. Er stellte Tiktok bereits eine zusätzliche Frist von drei Monaten in Aussicht. Es kann also gut sein, dass die App am Montag oder Dienstag wieder läuft.

Und was passiert nach drei Monaten?

Das ist die große Frage. Auch Donald Trump muss sich an das Gesetz zu ausländischem Besitz von Online-Plattformen halten. Es sieht nach zusätzlichen 90 Tagen keine weitere Verlängerung vor. Das Gesetz spricht derweil eine klare Sprache: Danach kann Tiktok in den USA nur mit einem Eigentümer weiter aktiv sein, der nicht einem gegnerischen Staat zugerechnet wird. Trump zeigte sich überzeugt, eine Lösung finden zu können, die die Sicherheitsbedenken ausräumt. Am Sonntag schlug er ein Gemeinschaftsunternehmen vor, in dem "die Vereinigten Staaten" 50 Prozent halten - und der Rest den bisherigen "und/oder" neuen Besitzern von Tiktok gehört.

Wie könnte eine Lösung aussehen?

Tiktok betonte stets, man könne nicht nur einen Teil wie das US-Geschäft verkaufen, weil man dadurch die Plattform aufspalten würde. Bytedance zeigte bisher keine Bereitschaft, über eine Trennung von Tiktok zu sprechen. Laut US-Medienberichten wurde in der chinesischen Regierung aber bereits das Szenario durchgespielt, Tiktok an Tech-Milliardär Elon Musk zu verkaufen. Der Tesla-Chef und aktuelle Trump-Vertraute ist der reichste Mensch der Welt mit einem geschätzten Vermögen von rund 450 Milliarden Dollar. Musk hat erhebliche wirtschaftliche Interessen in China: Tesla baut Autos in Shanghai.

Wo sind die größten Knackpunkte?

Das größte Hindernis liegt im Algorithmus von Tiktok - der Software, die entscheidet, welches Video die Nutzer als Nächstes angezeigt bekommen. Bytedance will sich nicht davon trennen - und die Regierung in Peking müsste einer Weitergabe erst zustimmen. Außerdem sind die komplexen Algorithmen generell schwer zu durchschauen. Deshalb erscheint es vielen in den USA zu riskant, den aktuellen Tiktok-Algorithmus zu behalten. Stattdessen müsse er durch US-Software ersetzt werden.

Was kann das für einen Tiktok-Verkauf bedeuten?

Wechselt Tiktok insgesamt den Besitzer, müsste der Käufer die Kompetenz haben, einen neuen technischen Unterbau für eine Online-Plattform mit mehreren Milliarden Nutzern aufzusetzen. Helfen könnte, dass Tiktok bereits dabei war, Daten von US-Nutzern nur noch in den USA zu speichern.

Wer kann das stemmen?

Zuallererst natürlich der Facebook-Konzern Meta - der aber aus Wettbewerbsgründen ganz klar aus der Riege der potenziellen Anwärter fällt. Die Meta-Plattformen haben Milliarden Nutzer und mit Instagram ist direkte Konkurrenz für Tiktok darunter. Ansonsten brachte sich Milliardär Frank McCourt mit seinem "Project Liberty" in Stellung, wo schon seit mehreren Jahren ein technisches Protokoll für Social Media entwickelt wird. Musk wiederum könnte Tiktok mit seiner Online-Plattform X, dem einstigen Twitter, zusammenlegen.

Kann Trump das Gesetz nicht einfach rückgängig machen lassen?

Theoretisch ja, denn seine Republikaner halten die Mehrheit in beiden Kongress-Kammern - und die Partei stellt sich ihrem Anführer selten in den Weg. Das Gesetz wurde aber mit überwältigendem Rückhalt angenommen: 360 zu 58 Stimmen im Repräsentantenhaus und 79 zu 18 Stimmen im Senat. Zudem signalisierten am Sonntag wichtige Republikaner im Kongress, dass sie weiterhin einen Verkauf von Tiktok für unumgänglich halten.


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