Standort Bayern in Gefahr
Wirtschaft warnt: Existenzielle Bedrohung für Unternehmen
7. Oktober 2022, 14:05 Uhr aktualisiert am 7. April 2023, 19:02 Uhr
Appelle, Mahnungen und Warnungen sind täglich Brot für Interessenverbände jeder Art. Die Warnungen der Wirtschaft vor einem drohenden Super-Gau für Bayerns Unternehmen gehen jedoch über das Übliche weit hinaus.
Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) warnt in dramatischen Worten vor einer existenziellen Bedrohung für Bayerns Unternehmen. Alle drei Säulen - Industrie, Handwerk und Handel - seien in Gefahr, sagte Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt am Freitag. Ursache sei "ein noch nie da gewesener Krisen-Cocktail": rasant steigende Energiekosten, Sorgen um die Versorgungssicherheit, Preissteigerungen, Materialengpässe, Lieferschwierigkeiten und Arbeitskräftemangel.
Die vbw geht Brossardt zufolge davon aus, dass die erwartete Rezession bis ins übernächste Jahr andauern wird. Die Energieversorgung werde auch im übernächsten Winter 2023/24 "extrem schwierig". Wenn Blumenläden oder Gastronomen in großer Zahl schließen müssten, sei das nicht nur ein wirtschaftliches Problem, sagte Brossardt. "Das ist für unser Bayern auch eine sehr emotionale Frage." In der Industrie wird nach Worten des vbw-Hauptgeschäftsführers wieder verstärkt über die Verlagerung der Produktion ins Ausland diskutiert. "Unser Standort ist einfach zu teuer."
Die Gewerkschaften sehen die Lage vieler Unternehmen ebenfalls als sehr schwierig, halten die Abwanderung ins Ausland aber für das falsche Rezept. Standortverlagerung sei schon in der Vergangenheit ein Irrweg gewesen, sagte der DGB-Landesvorsitzende Bernhard Stiedl unter Verweis auf die gestörten internationalen Lieferketten.
"Eine Abwanderung von Unternehmen ins Ausland gilt es daher ebenso zu verhindern wie Entlassungen von Arbeitskräften". Stiedl forderte "passgenaue Stabilisierungsprogramme" für Betriebe. "Wenn staatliche Gelder fließen, müssen die Unternehmen in die Pflicht genommen werden, Beschäftigung zu sichern und gute Arbeit anzubieten." Stiedl plädierte für kräftige Lohnerhöhungen, um die Binnennachfrage und die Wirtschaft insgesamt zu stärken - eine Forderung, die Brossardt ablehnt.
Um Bayerns Energieversorgung sicherzustellen, forderte der vbw-Hauptgeschäftsführer die Staatsregierung auf, den langsamen Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen und sich mit aller Kraft für die geplanten Stromtrassen von Nord- nach Süddeutschland einzusetzen: "Wir brauchen diese Stromleitungen." Die Bevölkerung müsse überzeugt werden. "Ohne das geht es derzeit nicht." Brossardt forderte darüber hinaus, auch Wasserkraft und Biogasanlagen in Bayern wieder auszubauen.