Shoppen, Flanieren, Freude treffen
Lieben die Münchner ihre City?
11. Mai 2023, 18:09 Uhr
München - Wer zuletzt häufiger in der Münchner Altstadt bummeln war, hat den Eindruck: Die Fußgängerzone ist wieder lebendig, Menschen strömen in die Geschäfte, es wuselt in der Kaufinger-, Neuhauser- und Sendlinger Straße. Und seit dort viele große Pflanztröge mit bunten Tulpen und Sträuchern aufgetaucht sind, jeder mit zehn Stühlen umstellt, hasten die Flaneurinnen und Flaneure nicht mehr nur herum, sondern sitzen auch, ratschen, genießen die Stadt.
Alles wieder gut also nach den Pandemiejahren - in denen die City oft wie leergefegt war und die Geschäftsleute der Verzweiflung nah?
Der Handelsverband Bayern, die Günther Rid Stiftung für den bayerischen Einzelhandel und der Verein Citypartner München haben dazu vor Weihnachten über 1000 Passanten befragen lassen, um mal harte, neue Zahlen auf den Tisch bekommen. Auch das Wirtschaftsreferat hat die Erhebung unterstützt.
Im Februar und März haben dann auch 141 (von rund 800) eingesessene Händler zwischen Stachus, Sendlinger Tor, Isartor und Odeonsplatz Fragebögen beantwortet. Im Schnitt sind die befragten Händler seit 48 Jahren am Standort, das älteste Unternehmen seit 1798.
Nun ist das Ergebnis da, und heraus kommt unterm Strich: Es läuft wieder ganz gut im "größten Einkaufszentrum Bayerns", wie die Münchner Fußgängerzone gern genannt wird, nur: Die lebendige City ist kein Selbstläufer. Zum Shoppen und Essen kommt gern in die Altstadt, wer eine bunte Mischung aus Läden, Gastronomie, Kultur und Freizeitmöglichkeiten drumherum vorfindet und vor allem die City leicht erreichen kann - laut der Befragung auch mit dem Auto.
Was vielfach nervt, sind verschmutzte Ecken, die vielen aktuellen Baustellen, zu wenig Grün, noch immer zu wenige Sitzgelegenheiten, viel zu wenig Toiletten und mangelnde Barrierefreiheit (siehe Grafik). Hier sind einige der Ergebnisse:
Wie kommen Flaneure in die City?
57 Prozent mit dem ÖPNV
19 Prozent mit dem PKW
Aus dem Umland reisen 28 Prozent mit dem PKW an
Warum kommen sie?
47 Prozent zum Shoppen
37 Prozent zum Freunde treffen
27 Prozent zum Stadtbummel
26 Prozent zum Arztbesuch
24 Prozent zum Essen/Trinken
Wie oft kommen sie?
38 Prozent fahren seltener in die Stadt als noch vor fünf Jahren (davon finden 44 Prozent die City weniger attraktiv, 41 Prozent kaufen öfter online ein, 16 Prozent nennen das Homeoffice als Grund).
40 Prozent kommen unverändert oft in die City.
43 Prozent der unter 24-Jährigen fahren deutlich häufiger in die City als noch vor fünf Jahren.
Wie zufrieden waren die Befragten mit ihrem letzten City-Besuch?
89 Prozent waren zufrieden oder sehr zufrieden - etwa, weil Atmosphäre, Flair und Angebotsvielfalt gut passt.
Welche Wünsche gibt's an den Einzelhandel?
1. Viele Fachgeschäfte, 2. nachhaltige Angebote, 3. flexible Öffnungszeiten, 4. offene Sonntage, Shopping-Nächte.
Was missfällt Flaneuren?
1. Menschenmassen, 2. mangelnde Sauberkeit, 3. Gesamtangebot, 4. Bettler und Obdachlose, 5. Parkplatzsituation.
Wie zufrieden sind Händler mit ihrem Standort?
76 Prozent sind zufrieden oder sehr zufrieden (oft genannt: gute Sicherheit und Ordnung, Aufenthaltsqualität, Passantenfrequenz).
Was stört Händler?
77 Prozent klagen über schlechte Erreichbarkeit mit dem PKW.
60 Prozent wollen mehr Sitzgelegenheiten.
54 Prozent stören sich am unattraktiven Stadtbild.
Was könnte aus Händlersicht deren Lage verbessern?
72 Prozent wünschen sich eine bessere Baustellenkoordination.
58 Prozent wollen mehr Sauberkeit auf den Straßen.
56 Prozent wünschen sich mehr Erreichbarkeit mit dem Auto.
Ein Ergebnis gibt dem Wirtschaftsreferat besonders zu denken: Es wollen zwar neun Prozent der Unternehmen in der City in den nächsten zwei Jahren expandieren. Aber: Zehn Prozent der befragten 141 Händler geben an, ihren Standort in den nächsten zwei Jahren schließen zu wollen. "Das sind 9,5 Prozent zu viel", sagt Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU): "Wir müssen klären, warum. Sind es Altersgründe und die Händler finden keinen Nachfolger? Oder gibt es Gründe, auf die wir als Stadt Einfluss haben? Dann sollten wir zusehen, dass wir sie am Standort halten."