Bayern
"Nebenbefund" Corona im Krankenhaus häuft sich
4. Februar 2022, 6:29 Uhr aktualisiert am 3. April 2023, 11:32 Uhr
Die Omikronwelle bringt rasant steigende Infektionszahlen nach sich. In Bayerns Krankenhäusern wird ein hoher Anteil von Corona-Patienten behandelt, bei denen Covid nicht die Hauptdiagnose ist.
In der Omikronwelle ist in Bayerns Krankenhäusern ein hoher Anteil von Corona-Patienten nicht wegen Covid in Behandlung, sondern wegen anderer Krankheiten. Das gilt aber nur für die Patienten und Patientinnen auf den Normalstationen. Beim überwiegenden Teil der Corona-Intensivpatienten ist Covid auch die Hauptdiagnose, wie fünf Universitätskliniken und die RoMed-Kliniken Rosenheim auf Anfrage berichten.
Die Zahlenverhältnisse sind allerdings regional sehr unterschiedlich. So wurden in der Würzburger Uniklinik am Dienstag 28 mit dem Corona-Erreger infizierte Patienten auf den Normalstationen behandelt - davon lediglich 7 mit Hauptdiagnose Corona, 21 dagegen wegen anderer Krankheiten.
Das Uniklinikum rechts der Isar in München antwortete, dass die Mehrheit der aktuell mit dem Corona-Erreger infizierten Patienten "nicht mehr wegen schwerer Covid-19-Verläufe, sondern aus anderen medizinischen Gründen und einer nebenbefundlichen Sars-CoV-2-Infektion" aufgenommen werde.
Das nahe Klinikum der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität bezifferte den Anteil der Patienten auf Normalstationen, die wegen einer Sars-CoV-2-Infektion aufgenommen und derzeit in Covid-Stationen behandelt werden, auf über 65 Prozent. Am Rosenheimer Hauptstandort der RoMed-Klinken wurden am Mittwoch von 32 Corona-Patienten auf Normalstationen 15 wegen der Hauptdiagnose Corona behandelt - bei den 17 anderen war Covid der Nebenbefund.
Das Uniklinikum Regensburg nannte die Zahlen für den ganzen Januar: 35 Patienten wurden auf der Covid-Allgemeinstation aufgenommen, 14 davon primär wegen ihrer Coronavirus-Infektionen, die übrigen 21 wegen anderer Grunderkrankungen.
Allerdings betonen mehrere Krankenhäuser, dass die Differenzierung zwischen Haupt- und Nebendiagnose Corona erstens schwierig und zweitens auch nicht in jedem Fall sinnvoll sei. Eine scharfe Trennung zwischen Hospitalisierung "mit" oder "wegen" Sars-CoV-2 sei insbesondere bei multimorbiden Patientinnen und Patienten nicht möglich, hieß es im Klinikum rechts der Isar. "Multimorbid" ist der Fachausdruck für Patienten, die an mehreren Leiden gleichzeitig erkrankt sind.
"Auf den Intensivstationen sind fast alle Corona-Patienten wegen Covid-19 auf der Intensivstation, meist wegen einer Lungenentzündung, in seltenen Fällen wegen vaskulärer Komplikationen, vor allem Herzinfarkt und Schlaganfälle", antwortete Thomas Harrer, Schwerpunktleiter Infektiologie und Immundefizienz der Medizinischen Klinik 3 des Universitätsklinikums Erlangen.
"Da dieses Virus die Gefäße durch Infektion von Gefäßzellen schädigt, gehe ich davon aus, dass diese Patienten diese Gefäßerkrankungen nicht beziehungsweise nicht zu diesem Zeitpunkt bekommen hätten, wenn sie nicht coronainfiziert worden wären."
Auf den Allgemeinstationen sei schwieriger zu differenzieren, "wer wegen Corona in die Klinik kommt und wer wegen anderer Erkrankungen in die Klinik aufgenommen wurde und zufälligerweise auch eine Corona-Infektion hatte", schrieb der Medizinprofessor.
Die überwiegende Mehrzahl der Erwachsenen komme immer noch wegen Corona in die Klinik. "Dabei muss berücksichtigt werden, dass Sars-CoV-2 nicht nur eine Lungenentzündung auslöst, sondern auch gastrointestinale Beschwerden wie Durchfälle, Bauchschmerzen und Gefäßprobleme wie Thrombosen, Infarkte, Schlaganfälle bewirkt."
Eine gleichzeitige virale Infektion erhöhe auch das Risiko für andere Infektionen. "So dass man annehmen muss, dass der Verlauf von anderen Erkrankungen durch eine Corona-Infektion schwerer verläuft."