Extremismus

Oberbayer wegen Hilfe für "Reichsbürger"-Gruppe vor Gericht


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Die Schriftzüge «Bayer. Verfassungsgerichtshof», «Oberlandesgericht München» und «Bayer. Anwaltsgerichtshof» sind auf Schildern am Eingang des Gerichtsgebäudes vom Oberlandesgericht zu sehen.

Von dpa

Wegen mutmaßlicher Unterstützung von Umsturz-Plänen der "Reichsbürger"-Gruppe "Vereinte Patrioten" steht seit Freitag ein Mann aus Oberbayern vor Gericht. Ermittler werfen dem 42-Jährigen vor, die Beschaffung von mehreren Tonnen Kriegswaffen und Munition angeboten zu haben. Der Mann aus Wolfratshausen soll sich laut Generalstaatsanwaltschaft München zudem für die bewaffnete Absicherung einer "konstituierenden Sitzung" im Zuge des Umsturzes angeboten haben.

Verantworten muss sich der Mann vor dem Oberlandesgericht München deshalb wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung mit Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens. Für den Prozess sind nach Angaben des Gerichts zunächst 21 Verhandlungstage geplant. Mit einem Urteil wäre demnach Mitte Oktober zu rechnen.

Lauterbach-Entführung und bundesweiten Stromausfall geplant

Der Prozess ist eines von mehreren Verfahren bundesweit gegen mutmaßliche Mitglieder und Helfer der "Reichsbürger"-Gruppe "Vereinte Patrioten". Zu ihren Umsturz-Plänen sollen unter anderem ein länger andauernder und flächendeckender Stromausfall in Deutschland, eine bewaffnete Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) während einer live übertragenen Talkshow und die Absetzung von Bundeskanzler Olaf Scholz (ebenfalls SPD) sowie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gehört haben.

Eine konstituierende Versammlung hätte den Ermittlern zufolge dann eine neue Führung in Form einer parlamentarischen Monarchie bestimmen sollen. Die Gruppe wird auch "Kaiserreichsgruppe" genannt. Das Hauptverfahren gegen mutmaßliche Mitglieder läuft seit vergangenem Jahr in Koblenz.

Mehrere Verfahren wegen Umsturz-Plänen

In Hamburg läuft zudem ein Prozess gegen einen Mann, der sich bereiterklärt haben soll, mit anderen per Schiff in russische Hoheitsgewässer bei Kaliningrad einzudringen. Die Gruppe habe sich vom russischen Präsidenten Wladimir Putin Unterstützung erhofft.

Der 42-Jährige aus Wolfratshausen soll die Gruppe seit Mitte Januar 2022 unterstützt haben. Er wurde bei einer bundesweiten Razzia gegen mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer der Gruppe im Oktober 2023 festgenommen. Er war damaligen Informationen zufolge schon unter anderem wegen Volksverhetzung auffällig geworden und polizeibekannt.

Die Gruppe "Vereinte Patrioten" ist nicht die einzige größere "Reichsbürger"-Gruppe, deren mutmaßliche Mitglieder sich derzeit wegen Umsturz-Plänen vor Gericht verantworten müsste. In Stuttgart, Frankfurt und München laufen derzeit drei Mammutprozesse gegen die "Gruppe Reuß", die bei ihren Plänen für einen gewaltsamen Umsturz der Bundesregierung bewusst Tote in Kauf genommen haben soll. Als Oberhaupt einer neuen Staatsform hätte Heinrich XIII. Prinz Reuß fungieren sollen.

"Reichsbürger" sind keine einheitliche Bewegung

"Reichsbürger" berufen sich grundsätzlich darauf, dass das 1871 mit einem Kaiser an der Spitze gegründete historische Deutsche Reich fortbestehe und nicht mit Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 untergegangen sei. Deshalb erkennen sie die Bundesrepublik Deutschland nicht an - und auch nicht deren rechtsstaatliche Strukturen wie Parlament oder Gesetze. Sie wollen auch keine Steuern, Bußgelder oder Sozialabgaben zahlen.

Die "Reichsbürger" sind keine einheitliche Bewegung: Einige sehen sich als Staatsoberhäupter ihres eigenen kleinen Reiches mit eigenen Ausweisen und Nummernschildern. Diese nennt der Verfassungsschutz "Selbstverwalter". Das Bundesamt geht insgesamt von rund 23.000 Menschen aus, die der Szene angehören.


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