Es war im Dezember 2013 Anton Thanner wollte sich nach Tschechien aufmachen, um sich dort einer Operation zu unterziehen. Angekommen ist er wohl nie. Ein Freund des mittlerweile 67-Jährigen holte dessen Auto auf dem Parkplatz eines Verbrauchermarktes in Cham-Janahof wie verabredet ab. Seitdem erhielt er von ihm kein Lebenszeichen mehr. Auch ein Angehöriger vermisst den Mann aus Neukirchen beim Heiligen Blut im Landkreis Cham. Er ließ fünf Monate verstreichen, bis ihn im Mai seine Sorgen nahezu erdrückten. Er schaltete die Polizei ein. Noch immer ist nicht bekannt, wo sich der Vermisste aufhält.

Thanner ist kein Einzelfall. Insgesamt wird in Niederbayern und der Oberpfalz aktuell nach neun Vermissten öffentlich gefahndet. "Die Zahl ist weitaus höher, weil immer wieder Menschen verschwinden. Meist tauchen sie nach wenigen Tagen wieder auf. Alleine im Dezember wurden 92 derartige Fälle im niederbayerischen Raum erfasst", teilt Polizeihauptkommissar Jürgen Wallmaier des Präsidiums Niederbayern auf idowa-Nachfrage mit.

Seit sieben Jahren vermisst

Am längsten vermisst werden Kerstin Langley und Brigitte Neumayr aus Regensburg. Vor über sieben Jahren im Juli 2007 verschwand Kerstin Langley spurlos. Die Polizei verdächtigte ihren Lebensgefährten, sie umgebracht zu haben. Er wies jegliche Anschuldigungen von sich. Einen Monat später stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen diesbezüglich ein. Dennoch hofft die Polizei auf Hinweise und setzte eine 10.000 Euro hohe Belohnung aus.

Im Oktober 2007 hätte die Polizei Brigitte Neumayr wegen einer kriminalpolizeilichen Angelegenheit benötigt. Zu dem Zeitpunkt war die damals 60 Jahre alte Rothaarige schon nicht mehr anzutreffen. Zuletzt wurde sie im Umfeld ihrer Wohnung gesehen. Wenige Monate zuvor war sie noch im Vermessungsamt tätig.

Als vermisst gilt ein Mensch, der sein gewohntes Lebensumfeld verlassen hat. Ein vermisstes Kind wird früher gemeldet als ein Erwachsener. "Eine volljährige Person muss nicht mitteilen, wo sie sich gerade aufhält. Sie gilt erst als abgängig, wenn sie nicht mehr zu Hause oder in der Arbeit erscheint. Führt jemand kein soziales Leben, wird er vermutlich erst nach Wochen gesucht", sagt Pressesprecher Michael Rebele vom Polizeipräsidium Oberpfalz im Gespräch mit idowa.

Zugleich überprüft die Polizei, ob ein Gewaltverbrechen vorliegen könnte. "Meist kommt es jedoch vor, dass sich die gesuchte Person eine Auszeit nehmen will. Manche schaffen es dabei, ihre Spur perfekt zu verwischen", fügt der Pressesprecher hinzu. Zurück blieben die Angehörigen. Sie plage immer eine Ungewissheit, die sich oft in Trauer sichtbar macht.

Sendung "Aktenzeichen XY" und Belohnung als Hoffnungsschimmer

Vor gut zwei Jahren meldete sich eine Frau bei der Polizeiinspektion Amberg, weil ihre Schwester Anna Poddighe spurlos verschwand. Laut Aussage ihres Lebensgefährten befand sich die jetzt 43-Jährige auf dem Weg zum Altstadtfest. Die Fahndung nach ihr brachte auch durch die Fernsehsendung "Aktenzeichen XY" im ZDF bisher keinen Erfolg. Das Bayerische Landeskriminalamt versucht es nun mit einer Belohnung von 5.000 Euro.

In Schorndorf hat Lorenz Hornauer im August 2011 sein Anwesen verlassen. Seither ist der 60-Jährige nicht wieder aufgetaucht. Knapp drei Monate später verschwand Ivica Luso aus Passau spurlos. Im Juni 2012 wurde Matthias Mayer in Velburg zum letzten Mal gesehen. Aus einem Altenheim in Eggenfelden wird seit August 2013 Josef Gebhart vermisst. Im Juni 2014 befand sich Hans Latschuk in Bad Griesbach in einer Reha-Klinik. Seitdem fehlt jegliche Spur von ihm.

Manchmal schalten sich Fernsehsender ein und helfen mit. Der Regionalfernsehsender TVA Ostbayern befasste sich am vergangenen Mittwoch in seiner neuen Serie "Tatort Ostbayern" mit dem Fall Anton Thanner. Bevor der Vermisste nicht gefunden worden ist, findet die Suche kein Ende. "Es nimmt nur ihre Intensität ab. Aber die Fahndung wird nie ad acta gelegt", merkt Rebele an. Sobald sich ein neuer Anhaltspunkt ergibt, aktualisiert die Polizei auf ihrer Homepage die Vermisstenliste.