"Es bleibt nicht bei Worten"
Zentralrat der Juden: Mehr antisemitische Gewalttaten
27. Februar 2023, 19:41 Uhr
Die Zahl der judenfeindlichen Gewalttaten im vergangenen Jahr ist im Vergleich zu 2021 gestiegen. "Es ist eine Schande für unser Land", sagt Bundesinnenministerin Faeser.
Der Zentralrat der Juden klagt über immer mehr antisemitische Gewalttaten in Deutschland. "Es bleibt nicht bei Worten und Sachbeschädigungen, sondern die Gewalt richtet sich immer häufiger direkt gegen Jüdinnen und Juden selbst", sagte Ratspräsident Josef Schuster der "Welt".
Das Blatt berichtete über eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke), wonach die Zahl der judenfeindlichen Gewalttaten 2022 im Vergleich zum Vorjahr von 63 auf 88 Delikte gestiegen ist. Schuster sagte dazu, dies spiegele das Erleben von Jüdinnen und Juden in Deutschland wider. Insgesamt wurden laut "Welt" 2022 beim Bundeskriminalamt 2639 antisemitische Straftaten verzeichnet. Im Vorjahr 2021 waren es noch 3028 Straftaten, allerdings sind hier die üblichen Nachmeldungen noch nicht inbegriffen.
"Es ist eine Schande für unser Land"
In den vergangenen vier Jahren war die Zahl antisemitischer Straftaten stetig gestiegen. Unter die Gewalttaten fallen etwa gefährliche Körperverletzungen oder räuberische Erpressung, hinzu kommen Brandanschläge und Volksverhetzungsdelikte. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte der "Welt": "Es ist eine Schande für unser Land, wie viel antisemitische Hetze auch heute verbreitet wird und wie häufig Jüdinnen und Juden noch immer angefeindet und angegriffen werden." Antisemitische Straftaten müssten für die Täter deutlich spürbare Konsequenzen haben.
Rund 100.000 Jüdinnen und Juden sind in Deutschland in jüdischen Gemeinden organisiert. Die überwiegende Zahl repräsentiert der Zentralrat der Juden. Pau sagte: "Der zunehmende Antisemitismus stellt eine Bedrohung für unsere gesamte Gesellschaft dar." Sie fragt die Zahlen zu jedem Quartal seit Jahren ab. Pau kritisierte, dass es teils zu erheblichen und verspäteten Nachmeldungen in der Statistik komme. So korrigierte das Innenministerium die Zahl antisemitischer Straftaten im dritten Quartal nachträglich von 306 auf 653 Fälle.