Interview
Betreuer, Hausmann und Freund: Felix ist Praktikant in der Wohngemeinschaft St. Hildegard in Straubing
18. Januar 2016, 17:57 Uhr aktualisiert am 18. Januar 2016, 17:57 Uhr
Wo arbeitest du und was machst du dort genau? Diese Frage bekommt Felix Seidl aus Straubing, der mittlerweile seit circa drei Monaten ein Praktikum in der Wohngemeinschaft St. Hildegard absolviert, immer öfter gestellt. Heute gibt der 19-Jährige ein aufschlussreiches Interview über seine Tätigkeiten.'
Felix, erzähle ein wenig von dir.
Felix: Nach meinem bestandenen Abitur am Johannes-Turmair-Gymnasium 2014 machte ich sechs Wochen Praktikum in einem Zahntechniklabor, ohne daran den erhofften Gefallen zu finden. Auch nach zwei Semester Biomedizinischer Technik war der Funke nicht übergesprungen, weshalb ich mich auf mein Interesse an Psychologie besonnen habe.
Wieso hast du dich dann genau für den sozialen Zweig entschieden und war es die richtige Wahl?
Durch eine Freundin meiner Mutter habe ich schon früher von dem sozialen Bereich gehört und wollte dies nun in den Vordergrund rücken. Die Wohngemeinschaft St. Hildegard bietet mir nun die Möglichkeit, mich in den Alltag behinderter Menschen zu integrieren und mit ihnen zu arbeiten. Bereits jetzt weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war, im sozialen Bereich zu arbeiten. Ich lerne hier viel dazu und meine Arbeit bereitet mir viel Spaß.
Wie sind deine Arbeitszeiten?
Da die Bewohner aus meiner Gruppe tagsüber in der Arbeit sind, oder anderweitig betreut werden, beginnt mein Arbeitstag während der Woche erst um 16 Uhr und endet gegen 22 Uhr. Somit habe ich tagsüber Freizeit, was nicht jeder behaupten kann. Am Wochenende jedoch sieht es anders aus. Hier dauert ein Dienst von 10 bis 21 Uhr mit Pause.
Wie läuft dein Arbeitstag ab?
Wenn die Bewohner aus der Arbeit kommen, sind ich und eine zweite Mitarbeiterin bereits in der Gruppe. Man muss sich das so vorstellen wie eine große WG: Jeder Bewohner hat ein eigenes Zimmer, ein gemeinschaftliches Wohnzimmer und eine große Wohnküche. Zuerst wird gemeinsam Kaffee getrunken und vom Tag erzählt. Im Anschluss daran ist es an der Zeit, die Wäsche zu waschen, das Abendessen vorzubereiten oder mit dem ein oder anderen noch einen kurzen Spaziergang zu machen. Abends unterstütze ich die Bewohner bei ihrer täglichen Hygiene, spiele noch ein "Mühle" oder "Mensch ärgere Dich nicht" mit ihnen und unterhalte mich über sämtliche Themen. Am Wochenende stehen auch mal Ausflüge wie zum Beispiel zum Christkindlmarkt oder zum Tierpark auf dem Programm.
Das klingt nach viel Abwechslung und vielen unterschiedlichen Aufgaben. Was gefällt dir besonders gut und was machst du nicht so gerne?
Am liebsten unterhalte ich mich mit den Leuten und schaue, ob ich ihnen "was Gutes tun kann". Den Küchendienst mache ich grundsätzlich nicht so gerne, weil ich nicht gut kochen kann. Trotzdem kann es nicht schaden, auch auf diesem Gebiet, meine Kenntnisse zu erweitern. Dafür genieße ich sehr den Kontakt zu den Menschen. Es ist einfach super zu sehen, wie man die Bewohner zufrieden und glücklich machen kann, indem man sich einfach um sie kümmert. Man bekommt wirklich unglaublich viel zurück. Das ist ein schönes Gefühl.
Würdest du sagen, das Praktikum hat Einfluss auf dein Leben und deine berufliche Zukunft?
Auf jeden Fall. Meine soziale Kompetenz wird durch das Praktikum herausgekitzelt. Momentan sieht es so aus, dass ich soziale Arbeit studieren möchte. Sollte das nicht klappen, könnte ich mir auch vorstellen, noch mal zwei Jahre zur Schule zu gehen, um meinen Heilerziehungspfleger zu machen.
Klingt so, als wärst du sehr zufrieden mit der Entscheidung des Praktikums. Würdest du es auch anderen empfehlen?
Unbedingt. Es ist eine super Erfahrung für das Leben. Und vor allem verliert man die Berührungsängste bei vielen Dingen. Ich bin inzwischen gar nicht mehr empfindlich bei Sachen, von denen viele meiner Freunde sagen: "Das könnte ich nicht!". Viele haben ja auch Ängste im Umgang mit Menschen mit Behinderung. Das ist in meinen Augen völlig unangebracht. Ich mag unsere Bewohner. Viele von ihnen sind offen und gehen auf andere zu. Das empfinde ich als eine echte Bereicherung. Für mich bedeutet dieses Praktikum in St. Hildegard, die Chance wertvolle Qualifikationen zu erwerben, die ich auch später im Berufsleben gut gebrauchen kann.