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Bildung für Hirn und Herz


"G" wie "Ganztagsklasse" oder "gemeinsam": Die Mädchen der Ganztagsklasse 8cG am Ursulinen-Gymnasium, hier mit Klassenlehrerin Martha Wolfrum, fühlen sich in ihrer Klassengemeinschaft sichtlich wohl.

"G" wie "Ganztagsklasse" oder "gemeinsam": Die Mädchen der Ganztagsklasse 8cG am Ursulinen-Gymnasium, hier mit Klassenlehrerin Martha Wolfrum, fühlen sich in ihrer Klassengemeinschaft sichtlich wohl.

Von Redaktion idowa

Von Anna Rieser
Von wegen Zickenkrieg! Wenn sich die Schülerinnen der Klasse 8cG einen Titel ausdenken müssten für eine Geschichte über die Ganztagsschule, dann kämen zwei Wörter immer vor: "gemeinsam" und "miteinander". Jeden Schultag verbringen sie zehn Stunden an der Schule, lernen zusammen, essen zusammen und stecken in ihrer Freizeit zusammen. Daraus entwickelten sie ein Wir-Gefühl, das ihren Klassenverband zusammenschweißt. Die Schülerinnen besuchen eine Ganztagsklasse des Ursulinen-Gymnasiums, und ihre Schule gehört zu den Pionieren der Ganztagsschule in Bayern.

An zehn Gymnasien startete vor einem Jahrzehnt in Bayern der Modellversuch Ganztagsschule am achtjährigen Gymnasium G8. Und auch das Ursulinen-Gymnasium hob damals den Finger - als einzige private, konfessionsgebundene Schule für Mädchen. "Wir haben uns ein Jahr sehr intensiv auf die Ganztagsschule vorbereitet", erinnert sich Rosemarie Härtinger. Die jetzt stellvertretende Schulleiterin hat gemeinsam mit der damaligen Direktorin Schwester Angela Veit die Ganztagsschule bei den Ursulinen eingeführt und war bis vor kurzem Koordinatorin des Projekts.

"Wir konnten unsere eigenen Ideen in das Konzept einbringen und es weiterentwickeln", blickt Härtinger nicht ohne Stolz auf diese Pionierleistung zurück. Seitdem bietet das Ursulinen-Gymnasium neben den üblichen Klassen und einer Tagesbetreuung eine Ganztagsklasse an, und zwar eine gebundene Ganztagsklasse.

Mundpropaganda füllt die G-Klasse
Im Gegensatz zu einer offenen Ganztagsklasse, die sich auf Hausaufgabenbetreuung und Freizeitorganisation beschränkt, ist der Ansatz einer gebundenen Ganztagsklasse umfassender: Der Tagesablauf der Schüler ist völlig anders strukturiert, und sie fördert eine andere Art des Lernens. Ein so genannter rhythmisierter Stundenplan bedeutet den Wechsel zwischen Unterrichts-, Intensivierungs- und Arbeitsstunden, Freizeit und Neigungsgruppen. Der Unterricht ist durch Übungs- und Vertiefungsphasen, kleine Pausen, Gruppenarbeit und Einzelunterricht aufgelockert.

Die langjährige Erfahrung auf diesem Gebiet lässt das Ursulinen-Gymnasium bei den Eltern punkten: "Wenn ihr das schon zehn Jahre macht, dann kann man sich darauf verlassen, dass ihr das könnt", sagte jüngst ein Vater, der seine Tochter für die Ganztagsklasse, die G-Klasse, anmeldete. Schulleiter Edmund Speiseder nennt noch einen anderen Grund für das seit Jahren ungebrochene Interesse an dieser Klasse: Mundpropaganda. "Mehr als die Hälfte der Eltern, die ihre Töchter anmelden, kennt jemanden, der schon hier war", sagt er.

Da schreckt offensichtlich weder die Tatsache ab, dass das Ursulinen-Gymnasium eine konfessionelle Schule ist, noch dass hier Schulgeld verlangt wird. 175 Euro in einem Schuljahr kostet der Besuch der Ganztagsklasse. Geld, das nicht nur die Kosten für das Mittagessen abdeckt, sondern das die Schule in zusätzliche Lehrerstunden steckt. Während staatliche Schulen mit vorgegebenen acht Lehrerstunden zusätzlich für eine Ganztagsklasse auskommen müssen, leistet sich das private Ursulinen-Gymnasium den Luxus von 16 Lehrerstunden. "Diese optimale Ausstattung ist nur möglich durch das Geld der Eltern", sagt Speiseder.

Nicht nur etwas für Katholiken
Die Mädchen sollen hier nicht nur ihr Wissen mehren, sondern Gemeinschaft erfahren und Herzensbildung lernen. Sie sitzen beim Mittagsessen zusammen, haben engen Kontakt zu den Lehrern, es gibt extra Zeit für Gespräche mit der Klassenleitung - wie in einer Familie, nur mit etwas mehr Familienmitgliedern. Hier kommt natürlich auch der katholische Hintergrund des Hauses zum Tragen. Aufgenommen werden allerdings beileibe nicht nur Katholiken, sondern alle Konfessionen und auch Konfessionslose.

Der Bedarf an Ganztagsplätzen ist in den vergangenen Jahren gleich geblieben, sagt Speiseder. Jedes Jahr starten in der Regel bis zu 20 Mädchen. Ganztagsschule sei beispielsweise sinnvoll, wenn beide Eltern berufstätig seien oder um Alleinerziehende zu entlasten. Auch Einzelkinder könnten hier ihre Freizeit mit Gleichaltrigen gestalten und Gemeinschaft erfahren.

Wechseln? Nein, danke!
Dieses Miteinander schmiedet die Mädchen zusammen. Und auch wenn die Möglichkeit besteht, nach jedem Schuljahr auf das "normale" Gymnasium zu wechseln, macht fast keine Schülerin davon Gebrauch. "Wenn ich Probleme mit der Hausaufgabe habe, finde ich hier an der Schule immer jemanden, der mir weiterhilft, meine Eltern könnten das nicht", sagt eine der Schülerinnen aus der 8cG. Und eine andere ergänzt: "Wenn ich nach Hause komme, bin ich meistens mit dem Lernen fertig, meine Schwester, die eine 'normale' Klasse besucht, aber nicht."

Und dann gibt es noch viele wunderbare Dinge, die die Mädchen an der Schule gemeinsam unternehmen können, obwohl sie eigentlich viele Kilometer auseinander wohnen - von Brennberg bei Wörth bis Degernbach bei Bogen. In der Ganztagsschule können sie beispielsweise miteinander Filme drehen, Theater-Kulissen bauen oder Cocktails mixen.

Edmund Speiseder ist überzeugt von seinem Ganztagsangebot. Wenn in der zehnten Klasse dann alle Schülerinnen des Ursulinen-Gymnasiums gemeinsam unterrichtet und aufs Abitur vorbereitet werden, werde der Unterschied zwischen den Schulformen deutlich, sagt er. Die Ganztagsschülerinnen seien beispielsweise regelmäßig bei Präsentationen besser als ihre Klassenkameradinnen, die vorher herkömmlich unterrichtet wurden. Team- und Kommunikationsfähigkeit, Selbstmotivation und Selbstständigkeit würden eben an der Ganztagsschule groß geschrieben.

Was dabei herauskommt, sieht der Direktor auch immer dann, wenn er an andere bayerische Schulen eingeladen wird, um über seine Erfahrungen in puncto Ganztagsschule zu berichten. Dann nimmt er stets einige seiner Schülerinnen mit. Und die 14- und 15-jährigen Mädchen sorgen mit ihrem gewandten Auftreten vor bis zu 100 Lehrern stets für Verblüffung. Speiseder: "Diese Mädchen sind die beste Werbung für die Ganztagsschule."

Info
Außer am Ursulinen-Gymnasium gibt es auch an den anderen Straubinger Gymnasien offene und gebundene Ganztagsklassen. Offene Ganztagsklassen bieten Ludwigsgymnasium, Anton-Bruckner-Gymnasium und Johannes-Turmair-Gymnasium. Gebundene Ganztagsklassen bieten Anton-Bruckner-Gymnasium und ab Herbst auch das Johannes-Turmair-Gymnasium.