Filme sichten und bewerten
Daniel Poiger ist Prüfer bei der FSK
24. Juli 2019, 14:38 Uhr aktualisiert am 24. Juli 2019, 14:38 Uhr
Schon mal gefragt, woher die Altersfreigaben kommen, die du auf DVD-Hüllen und Kinoplakaten siehst? Die verteilt die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, kurz FSK, die in diesem Jahr 70 geworden ist. Daniel Poiger aus Stallwang im Landkreis Straubing-Bogen ist einer der Prüfer.
Ist der Horror-Film so blutig, dass er erst ab 18 freigegeben ist oder kann man ihn Jugendlichen zumuten? Und was ist mit dem neuen Disney-Film? Sind die Abenteuer darin wirklich so kinderfreundlich, dass wirklich jeder sie sehen kann, oder sollten die Kinobetreiber lieber sichergehen, dass auch Eltern oder ältere Geschwister im Film sitzen? Diese fürs Filmgeschäft unglaublich wichtigen Fragen beantwortet die "Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft", kurz FSK. Hier sehen sich insgesamt 250 freiwillige Prüfer jeden Film, der öffentlich aufgeführt werden soll, an und geben ihm die Altersfreigabe 0, 6, 12, 16 oder 18. Diese ist dann für alle öffentlichen Vorführungen bindend.
Daniel Poiger aus Stallwang ist einer dieser Prüfer. Poiger ist Vorsitzender des BDKJ ("Bund der Deutschen Katholischen Jugend") im Landkreis Straubing-Bogen. Ein Newsletter des Vereins sorgte auch dafür, dass er Prüfer der FSK wurde. Darin war eine Ausschreibung für eine Prüferstelle. Poiger bewarb sich.
Jeweils fünf Prüfer bestimmen über die Altersfreigabe eines Films. Daniel Poiger gehört zu den Prüfern der "öffentlichen Hand", von denen drei in der Fünfergruppe sitzen. Zwei Vertreter der Filmwirtschaft ergänzen das Team. So soll gewährleistet sein, dass viele Meinungen Gehör finden und das Jugendschutzgesetz, das die Rechtsgrundlage der Filmbewertung ist, eingehalten wird.
Nach dem Sichten eines Filmes beraten sich die Prüfer über die jugendgefährdenden Inhalte des Filmes. Im Anschluss wird über die zu vergebende Altersklasse abgestimmt.
Problem Streaming-Dienste
Niemand zwingt die Filmverleihe, ihre Filme zur Prüfung zu geben - zumindest nicht, so lange sie nicht öffentlich ausgestrahlt werden. Deshalb haben Streaming-Anbieter wie Amazon und Netflix ihre eigene Prüfung.
Daniel Poiger sieht das kritisch. "Netflix und Amazon legen den Jugendschutz oft viel großzügiger aus als die FSK. Ihre Alterseinstufungen weichen also erheblich von einem öffentlichen Prüfergebnis ab."
Einzige Ausnahme: Wurde ein Film bereits von der FSK geprüft - etwa ein Kinofilm, der ein paar Monate später auf Netflix zu sehen ist - muss dieses Prüfergebnis angegeben werden.
Bei Eigenproduktionen der Plattformen ist das aber meist nicht der Fall. Für Daniel Poiger ist die FSK aber trotzdem - oder sogar gerade deshalb - zeitgemäß. "Sie ist eine wichtige Einrichtung für den Jugendschutz", sagt er. Deshalb würde er sich wünschen, dass die Prüfungen der FSK auch für Online-Dienste verbindlich sind. "So wäre sichergestellt, dass es online und offline einen wirksamen Jugendschutz gibt und nicht mit verschiedenen Maßen bewertet wird."
Fakten zur FSK
• Viele Filme zu bewerten: Seit ihrer Gründung im Jahr 1949 sind mehr als 100 000 Filme und andere Trägermedien durch die FSK geprüft worden. Im Jahr 2015 zum Beispiel hat die FSK 483 Kinofilme sowie 1 288 Filme für die Veröffentlichung auf Bildträgern wie DVD oder Blu-Ray gekennzeichnet.
• Heiße Diskussionen: Nicht immer sind sich die Prüfer einig, wie sie einen Film zu bewerten haben. Daniel Poiger erzählt, dass er schon einige heiße Diskussionen erlebt hat.
• Nachprüfungen: Eine Altersfreigabe für einen Film muss nicht für immer bindend sein. Studios können der FSK-Filme zur Prüfung neu vorlegen, wenn sie denken, dass der Film nach aktuellen Bewertungskriterien eine niedrigere Freigabe erhalten würde.
• Geschnitten oder ungeschnitten: Oft kommt es vor, dass ein Film geschnitten wird, um eine niedrigere FSK-Bewertung zu erhalten. Potenziell jugendgefährdende Szenen bekommen dann nur die zu sehen, die sich die ungeschnittene Version des Films zulegen, die manchmal separat und mit höherer Altersfreigabe erscheint.
• Bindende Freigaben: Ist ein Film von der FSK bewertet, müssen sich Kinobetreiber bei öffentlichen Vorführungen an die Altersfreigabe halten. Einzige Ausnahme: Ist ein Kinofilm ab 12 freigegeben, dürfen ihn seit 1. April 2003 auch Kinder ab 6 in Begleitung von Erziehungsberechtigten ansehen.
• Feiertagsfreigaben: Neben der allgemeinen Altersfreigabe prüft die FSK auch, ob ein Film dazu geeignet ist, an stillen Feiertagen wie Allerheiligen aufgeführt zu werden. In in den 1950ern und 1960ern wurde für über die Hälfte aller Kinofilme keine Feiertagsfreigabe erteilt. In den vergangenen fünfzehn Jahren war es nur noch etwa ein Prozent.
• Umstrittene Entscheidungen: Nicht alle Entscheidungen der FSK werden auch so hingenommen. Zwei Beispiele: Die Altersfreigabe des Films "Jurassic Park" mit "ab 12" löste seinerzeit wochenlange Diskussionen aus.
2002 veröffentlichte Warner Brothers "Harry Potter und die Kammer des Schreckens" in einer geschnittenen Version, nachdem der Film eine Einstufung "ab 12" und nicht wie erhofft "ab 6" bekommen hatte.