Interview mit Sänger Jonas Schubert
"Februar macht für mich keinen Sinn" - "OK KID" veröffentlicht im April ihr zweites Album
29. März 2016, 9:49 Uhr aktualisiert am 29. März 2016, 9:49 Uhr
Im Gespräch verrät "OK KID"-Sänger Jonas, warum er den zweiten Monat des Jahres nicht leiden kann, welchen Rat er jungen Leuten auf dem Weg zum Erwachsenwerden - nein - Erwachsensein gibt und wer eigentlich die meisten Leichen im Keller liegen hat. Live zu erleben sind "OK KID", die aus Gießen stammen und mittlerweile in Köln leben, am Freitag, 13. Mai, auf dem Pfingst-Open-Air in Salching.
Euer Album "Zwei" erscheint am 8. April - drei Jahre nach eurem Debüt "OK KID". Warum mussten die Fans so lange warten?
Jonas Schubert: Naja, so lange mussten sie ja gar nicht warten, weil wir im Sommer 2014 die EP als Fortsetzung für das Album veröffentlicht haben. Darauf gab es fünf neue Tracks und fünf neue Videos. Also eigentlich haben wir nur knapp zwei Jahre nichts veröffentlicht. Solange hat es jetzt mit dem Album auch gar nicht gedauert. An Songwriting und Produktion saßen wir aktiv ein Jahr dran. Und das ist für uns selbst auch unverständlich, wie schnell das gehen kann. Bei dem ersten Album haben wir ein halbes Leben gebraucht. Bei dem zweiten war aber recht schnell klar, was der rote Faden werden soll.
Das neue Album klingt erwachsener. Ihr wollt mit dem Werden Schluss machen, heißt es da in einem Song. Aber wie macht man das denn überhaupt?
Ich glaube, wenn man sich mit Leuten unterhält, dann reden sie entweder darüber, was gestern war oder darüber, was sie morgen machen wollen, aber was jetzt gerade ist, darüber redet kaum einer. Dabei sollte man auch mal zufrieden sein können mit dem, was jetzt ist, und nicht mit sich hadern müssen, ob gestern alles richtig gelaufen ist. Man wird ja heutzutage auch mit 16 schon genötigt, bei euch in Bayern gibt's das ja auch mit dem G8, dass man sich entscheidet, was man später machen will. Man kriegt da von außen so einen Druck drauf, man muss Auslandssemster machen, man muss dies, man muss das. Mein persönlicher Weg ist auch ziemlich anders gelaufen als das, was man von mir erwartet hat und das meine ich auch mit der Zeile "andere Leute werden groß, ich mach' mit dem Werden Schluss". Es gibt Leute in meinem Alter, die sind jetzt vielleicht bei der Bank und haben ein sehr großes Konto, aber ich bin glücklich mit dem, was ich habe und mache, weil ich mich selbst dazu entschieden hab'. Vertrauen zu sich selbst zu haben, ist ein wichtiger Schlüssel für sehr viele Dinge im Leben.
Stichwort "Zufrieden sein": Das ist für viele Menschen zur Zeit schwierig wegen der Gesamtsituation. Ihr habt auch den Song "Gute Menschen" veröffentlicht, der sich mit den vermeintlich besorgten Bürgern auseinandersetzt, die sich tolerant geben, aber eigentlich genau das Gegenteil denken. Wie kam's, dass ihr euch jetzt auch politisch äußert?
Diese Doppelmoral fängt ja im Kleinen an. Viele Menschen leugnen eine Sache, von der ich weiß, eigentlich sind das genau solche Leute, aber sie wollen sich in einem guten Licht präsentieren. Wir sind jedenfalls nicht politisch geworden, weil wir jetzt älter sind (lacht), der Song ist auch eine Ausnahme auf dem Album, es gibt noch einen zweiten Song, der in die Richtung schlägt, der heißt "Wisch und Weg", wo Ignoranz thematisiert wird. "Gute Menschen" ist wirklich so ein Statement, das wir mal setzen wollten, weil uns so viele Sachen übel aufgestoßen sind. Vor allem merkt man - also ich bin auf dem Dorf groß geworden, da besonders -, dass die Leute, die nach außen die sauberste Hülle hatten, die meisten Leichen im Keller liegen haben. Je heiler die Welt ist, die einem vorgespielt wird, desto mehr sollte man dahinter schauen, was eigentlich Sache ist. Da habe ich lieber jemanden, der mir ehrlich seine Meinung sagt, auch wenn sie nicht meine eigene widerspiegelt. Dann nehme ich dem eher was ab, als wenn er sein Fähnchen nach dem Winde richtet. Zum Beispiel die BILD-Zeitung: Die schürt meiner Meinung nach seit Jahren Angst gegenüber etwas Fremdem und hetzt gegen Ausländer und auf einmal wird das Flüchtlingsthema populär und dann springt die BILD mit so einem "Wir helfen"-Logo auf, was alle Fußballbundesligisten tragen sollten und ich denke mir: Ok, wenn jemand nichts zum friedlichen Miteinander beiträgt, dann ja wohl die BILD-Zeitung.
Ihr übt auch Kritik an Sachen, die vielleicht nicht ganz so schlimm sind. Zum Beispiel am Februar. Dem widmet ihr einen eigenen Song. Er ist euer "gehasster Freund und geliebter Feind". Warum mögt ihr den Monat nicht oder was hat es mit dieser Hassliebe auf sich?
Das Schöne auf dem Album ist ja, dass wir die Hörer ganz gut mitnehmen. Wenn man das erste Album hört, hat man jetzt auf dem zweiten Album Themen, die wieder aufgegriffen werden und in einem anderen Licht da stehen. Das ist bei "Kaffee warm" genauso. Bei "Februar" hieß es auf der EP noch, dass der Monat scheiße ist, jetzt ist es aber eher so die Erkenntnis: Es ist Februar, ich hasse diesen Monat, aber um mich selbst kennenzulernen und schlechte Zeiten als Erfahrung zu nehmen, die mich zu dem macht, was ich bin, ist es gut. Februar mag ich aber immer noch nicht und der Monat macht für mich gar keinen Sinn. Man freut sich eigentlich auf den Frühling, aber der Monat fängt genauso an, wie er zu Ende geht, man hat keine Entwicklung... Und mir ist tatsächlich auch immer viel Scheiß passiert in dem Monat, sodass ich ihn mit schwerer Melancholie verbinde. Aber ohne die könnte ich auch die Songs nicht schreiben, also hat es auch wieder was Positives. Auf dem neuen Album mache ich jetzt meinen Frieden damit.
Auf eurer Tour kommt ihr bald nach Bayern. Freut ihr euch schon auf das Pfingst-Open-Air?
Ja, wir hatten immer gute Erfahrungen mit Bayern, wir waren schon oft in der Ecke. In Passau waren wir schon zweimal, und hatten sehr schöne Shows dort. Bayern ist tatsächlich immer sehr gut zu uns gewesen, da spielen wir recht häufig. Es ist natürlich nochmal was anderes, wenn man in Würzburg oder Nürnberg spielt, das ist schon nochmal 'ne andere Mentalität, die man da feststellt (lacht)...