(Un)Sterblich verliebt
Filmkritik: „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ist eine Wundertüte voll mit Lachen und Nachdenklichkeit
17. Juni 2014, 9:20 Uhr aktualisiert am 17. Juni 2014, 9:20 Uhr
Es ist die Natur der Sache: Krebsfilme sind traurig, Liebesfilme romantisch. "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" ist beides und trotzdem viel mehr als das. Wer waren noch mal Romeo und Julia, Rose und Jack, Edward und Bella? Jetzt heißt es Bahn frei für Hazel und Gus. Ihre Geschichte trägt neben viel Lachen, Liebe und Nachdenklichkeit eine wertvolle Botschaft in sich: "Das Leben ist schön, Hazel Grace. Okay?" "Okay."
Die 16-jährige Hazel ist intelligent, hat aber wenig Kontakt zur Außenwelt. Der Grund: Schilddrüsenkrebs mit Metastasen in der Lunge, die sie zwingen, mit einem Sauerstofftank durchs Leben zu laufen. Dennoch will sie keinen Krebsbonus und hasst die Selbsthilfegruppe, in die ihre Mutter sie schickt. Bis sie dort Gus kennenlernt. Obwohl ihn ein Knochentumor bereits einen Unterschenkel gekostet hat, hat er sich seine schlagfertige und witzige Art bewahrt. Hazel und Gus verbringen viel Zeit miteinander - und verlieben sich. Gus macht Hazels großen Traum wahr: Gemeinsam fliegen sie nach Amsterdam, um dort Peter Van Houten zu treffen, den Autor von Hazels absolutem Lieblingsbuch. Die Reise wird das Leben der beiden entscheidend verändern.
Großartige Hauptdarstellerin
Das Werk von Regisseur Josh Boone ist einer dieser Filme, nach denen der Zuschauer einige Minuten innehalten und seine Gefühle ordnen muss. Dabei bleibt es allerdings erfrischend unkitschig. Hauptdarstellerin Shailene Woodley spielt sich sämtliche Emotionen aus dem Leib. Ihre Hazel bezaubert durch eine Schlichtheit, die auch Beatmungsschläuche und Chemotherapie-Haare nicht entstellen. Ansel Elgort als Gus erinnert mit abgewetzter Lederjacke und Zigarette im Mundwinkel etwas an James Dean. Er umwirbt seine Hazel nach allen Regeln der alten Schule. In der Dystopie-Verfilmung "Die Bestimmung - Divergent" mimten die beiden vor Kurzem noch Geschwister. Als Liebespaar harmonieren sie besser. Die renommierte Nebenbesetzung unterstützt die Jungdarsteller in ihrem Spiel, überstrahlt sie aber nicht. Der bereits oscarnominierte Willem Dafoe zeigt in seiner Rolle als dauersaufender Schriftsteller Peter Van Houten eine lebensmüde Art, mit einer Krebserkrankung in der Familie umzugehen.
Manche Zuschauer müssen sich sicher erst an den schnodderig-schwarzen Filmhumor und die poetischen Dialoge gewöhnen, die auch die Buchvorlage von US-Autor John Green kennzeichnen. Josh Boone bleibt mit seiner Verfilmung sehr nah an dem Roman, was die vielen Buchfans sicher freut. Der Film schaut sich trotz Überlänge flüssig weg. Etwas mehr Ideen zum Beispiel in der Bildsprache wären allerdings schön gewesen.
Männliche Kinobegleitungen können aufatmen: Die Geschichte dürfte auch sie unterhalten und ist vor allem alterslos. Der Kuss im Anne-Frank-Haus ist die einzige Szene, bei der es etwas zu schmalzig wird. Wer bekommt im wahren Leben schon Applaus für eine Knutscherei?
Das Leben feiern
Ansonsten ist es berührend zu beobachten, wie Hazel sich verzweifelt wehrt, Gus in ihr Herz zu lassen. Ihr Ziel: Ihm den Schmerz zu ersparen, wenn sie als Zeitbombe "eines Tages hochgeht und alles in ihrem Umfeld zerstört". Ebenso berührend ist es, wie Gus noch verbissener versucht, sie für sich zu gewinnen. Und obwohl der Zuschauer weiß, dass am Ende des Films mindestens eine Beerdigung wartet, lebt jede Liebesgeschichte nun mal davon, dass man die Hauptdarsteller zusammen sehen will. Der Film schleudert den Beobachter vom Lachen ins Weinen und umgekehrt. Währenddessen genießen die beiden Hauptcharaktere die erste und gleichzeitig letzte große Liebe ihres Lebens - Schmerz und Freude inbegriffen. Wie Gus schon sagt: "Ich habe mir abgewöhnt, mir die schönen Seiten des Lebens zu versagen." Diese Botschaft will auch der Film vermitteln: Feiert das Leben! Auch wenn es kurz ist, kann es trotzdem erfüllt sein. Eine Aussage von Gus bewahrheitet sich sicher nicht: "Meine Ängste? Vergessen zu werden." Diese Geschichte und ihre Figuren vergisst bestimmt keiner.