Die lange Nacht der Demokratie
Handyverbot an Schulen - Ja oder Nein?
26. September 2018, 14:42 Uhr aktualisiert am 26. September 2018, 14:42 Uhr
Handyverbot an der Schule - völlig überholt, finden nicht nur viele Schüler. Wie Kultusminister Bernd Sibler mit diesem Thema umgeht, machte er bei der "Langen Nacht der Demokratie" in Straubing deutlich.
Jetzt mal ganz ehrlich: Schon mal das Handy in der Schule benutzt? Also nicht, wenn es der Lehrer ausdrücklich erlaubt hat, sondern um kurz mal die WhatsApp-Nachrichten zu checken oder die neuesten Stories bei Instagram abzurufen? Wenn das so ist, hast du gegen ein Gesetz verstoßen. Denn an Bayerns Schulen ist die Nutzung von Handys offiziell verboten. Noch. Laut Kultusminister Bernd Sibler sollen demnächst die Schulen selbst darüber entscheiden können, wie sie es mit der Handynutzung handhaben. Ein entsprechender Modellversuch ist gestartet.
Das Thema Handynutzung beherrschte auch die Diskussionsrunde, die im Rahmen der "Langen Nacht der Demokratie" im Straubinger Kino Citydom am Samstag stattfand, und an der neben Schülern und Lehrern auch der Kultusminister teilnahm. Eigentlich sollten dabei die Möglichkeiten von Schülern zur Mitbestimmung im Mittelpunkt stehen. Aber schnell kristallisierte sich heraus: Das, was die Schüler gerade am meisten beschäftigt, sind die Themen Handynutzung und Digitalisierung.
Jede Schule soll selbst Regeln für Handynutzung aufstellen
Deutlich wurde dabei, dass die Schüler selbst diese Punkte ganz unterschiedlich sehen. Während die einen sich vehement für eine Lockerung des Verbots und zum Beispiel einer Einrichtung von WLAN-Zonen einsetzen, befürchten andere, dass das soziale Miteinander darunter leiden könnte und sich Schüler nicht mehr unterhalten, sondern nebeneinander auf dem Pausenhof stehen und auf ihre Handys starren.
Kultusminister Bernd Sibler weiß um diese Problematik. Daher möchte er, dass die Schulen selbst bestimmen können, wie sie die Nutzung von Handys sinnvoll regeln. Und zwar, indem Schüler und Lehrer gemeinsam Regeln erarbeiten, an die sich dann jeder hält. Von einem absoluten Verbot - wie es zum Beispiel Frankreich jüngst beschlossen hat - hält er nichts: Die Technik sei nicht aufzuhalten, das Handy gehöre zum Alltag, und die Schüler müssten seiner Meinung nach lernen, damit umzugehen. Dann könne die Nutzung des Handys eine Bereicherung für den Unterricht sein. Aber eins ist für ihn klar: An Grundschulen haben Handys nichts zu suchen. "Das ist eine klare pädagogische Ansage."
Auch das Thema Digitalisierung wurde kontrovers diskutiert. Einig waren sich alle darüber, dass diese nur mit einer entsprechenden Ausstattung Sinn ergebe. Das sieht auch der Kultusminister so und bekräftigte, dass dafür demnächst viel Geld bereitgestellt werde, damit die digitalen Klassenzimmer eingerichtet werden können.
Nicht jeder Schüler ist Fan der Digitalisierung
Dass manche Schüler aber von den neuen Methoden gar nicht so überzeugt sind, zeigten Wortmeldungen aus dem Publikum: "Das, was ich im Netz recherchiere, bleibt nicht so hängen", gab ein Schüler zu bedenken. Außerdem sei ein Problem, dass manche Lehrer technisch überfordert seien. Nicht zu unterschätzen seien auch eventuelle Kosten, die auf Eltern zukommen.
Sibler zeigte sich überzeugt, dass die Chancen, die die Digitalisierung bietet, überwiegen - und bewies nebenbei gleich seine Medienkompetenz: Auf die Frage, welche Schulen in Straubing am Modellversuch zur Handynutzung teilnehmen, konnte er dank Blick ins Smartphone sofort eine Antwort geben: das Anton-Bruckner-Gymnasium, die Berufsfachschulen für biologisch-technische Assistenten (BTA) und für kaufmännische Assistenten sowie die Mathias-von-Flurl-Schule. Wir sind gespannt auf deren Ergebnisse.
Die Statements der Diskutanten
Markus Engl stellv. Schulleiter am Ludwigsgymnasium Straubing:
Markus Engl ist ein überzeugter Demokrat und setzt sich stark dafür ein, dass Schüler den Lebensraum Schule mitbestimmen können. Ihm ist es daher ein großes Anliegen, dass Schüler auch Feedback geben dürfen, wie sie den Unterricht empfunden haben. Ihm ist bewusst, dass sich bei manchen Lehrern diesbezüglich Wider- stand regt.
Dennis Scheske Schüler am Anton-Bruckner-Gymnasium Straubing:
Dennis ist seit diesem Schuljahr Klassensprecher und ist gespannt, wie sich der Modellversuch zur Nutzung von Handys an Schulen entwickelt. Seine Schule, das Anton-Bruckner-Gymnasium, ist eine von 135 Schulen Bayerns, die daran teilnehmen.
Erich Gruber Schulleiter Grund- und Mittelschule St. Josef Straubing:
Erich Gruber ist es wichtig, dass Schüler Möglichkeiten haben, Einfluss zu nehmen, zum Beispiel durch das Amt des Klassensprechers. Deshalb begrüßt er, dass von Seiten des Kultusministeriums ganz aktuell neue Anleitungen zur Klassensprecherwahl herausgegeben worden sind und das Amt dadurch eine Aufwertung erfährt. Wichtig ist ihm auch, dass trotz Digitalisierung eine enge Bindung zwischen Schülern und Lehrern ein entscheidender Faktor für ein funktionierendes Miteinander sein muss.
Bernd Sibler Kultusminister:
Vom Prinzip "Ober sticht Unter" - das war der Titel der Diskussionsrunde - hält er nichts: Bernd Sibler ist überzeugt, dass man als Schüler viele Möglichkeiten hat, den Lebensraum Schule mitzugestalten. Bestes Beispiel ist der Modellversuch zur Handy- nutzung: Die Schulen sollen selbst entscheiden, wie sie diese handhaben. Im Idealfall erarbeiten Schüler und Lehrer gemeinsam einen Vertrag, an den sich am Ende alle halten.
Arda Köcer Schüler am Donau- Gymnasium Kelheim:
Als Bezirksschülersprecher setzt sich Arda dafür ein, dass Themen, die den Schülern am Herzen liegen, im Kultusministerium Gehör finden. Als Beispiele nannte er Lockerung der Handynutzung, Digitalisierung, Inklusion, Integration und Anerkennung von Dyskalkulie.
Sonja Ettengruber Moderatorin und Leiterin der Redaktion Freistunde:
Sonja Ettengruber findet es gut, dass durch das Thema Handy- nutzung Schüler und Lehrer gefordert sind, sich an einen Tisch zu setzen, darüber zu diskutieren und gemeinsam Regeln zu er- arbeiten. Wenn sich am Ende alle daran halten, ist das ein tolles Beispiel für eine gelungene Demokratiearbeit im so wichtigen Lebensraum Schule.
Isabell Hofmann Schülerin am Ludwigsgymnasium Straubing:
Isabell ist es wichtig, dass man als Schüler ernst genommen wird. Im Laufe der Diskussion ist ihr klar geworden, dass es sich durchaus lohnt, sich für seine Interessen einzusetzen: "Unsere Meinung wird gehört."