[Frei]schreiben!
Miese Stimmung unter Studenten
15. September 2008, 1:24 Uhr aktualisiert am 15. September 2008, 1:24 Uhr
Seit dem Sommersemester 2007 wurden an allen Hochschulen Studiengebühren erhoben. Die meisten Hochschulen schöpfen den Maximalbetrag von 500 Euro aus, der zum üblichen Studienbeitrag hinzukommt. Der umfasst Kosten für das Semesterticket, Sozialbeitrag für das Studentenwerk, Beitrag zur Studentenvertretung und Verwaltungskosten und ist durchaus sinnvoll. Studenten der Ludwig-Maximilian-Universität in München zahlen für das kommende Semester nun auch schon 592 Euro. In Passau sind es 585 Euro, in Bayreuth 612,01 Euro und in Regensburg 627 Euro, die jedes Semester überwiesen werden müssen. Das heißt, über 1000 Euro jedes Jahr, allein um Studieren zu können - ganz schön viel. Kann das ein normaler Student, der auch noch für Miete, Bücher und Lebensunterhalt aufkommen muss, überhaupt aufbringen? Wozu verwenden die Unis das Geld?
Gibt es eine Verbesserung?
Studiengebühren wurden zur Verbesserung der Lehre eingeführt. Sie sollen den Studienalltag erleichtern. Es werden neuere Computer angeschafft, Räume neu ausgestattet, zusätzliches Personal und studentische Hilfskräfte beschäftigt und die Öffnungszeiten der Bibliotheken erweitert. Platzmangel und Baufälligkeit können nur durch Baumaßnahmen und Sanierungen behoben werden. Nur zehn Prozent der Einnahmen aus den Studiengebühren dürfen dafür verwendet werden, denn das ist eigentlich Aufgabe des jeweiligen Landes. Sind Studiengebühren der richtige Weg, um all das zu finanzieren? Noch viel wichtiger: Gibt es einen spürbaren Fortschritt in der Qualität des Unterrichts, der Anzahl der Lehrveranstaltungen, Qualität der Dozenten-Sprechstunden, Praxisnähe der Studiengänge und der Studienberatung? Bisher haben die Hochschulen 350 Millionen Euro eingenommen. Eine bundesweite Umfrage hat aber ergeben, dass ganze 74 Prozent keine Verbesserung an ihren Unis feststellen können und 70 Prozent sind eigentlich dagegen, Studiengebühren zu bezahlen.
Lehre statt Studentendarlehen
In Hessen und Berlin ist ein gebührenfreies Erststudium wieder möglich. Die Hochschulen dort verzeichnen ansteigende Zahlen der Studienanfänger, wogegen diese beispielsweise in Bayern und Baden-Württemberg sinken. Studiengebühren wirken also abschreckend und Gebührenfreiheit wird zum Kriterium bei der Auswahl einer Universität. Viele Abiturienten aus finanziell oder sozial schwachen Familien entscheiden sich gezwungenermaßen für eine Lehre und gegen eine mögliche Lösung, zum Beispiel Studentendarlehen.
Befreiung und Darlehen
Es ist von Bundesland zu Bundesland, gar von Uni zu Uni verschieden, wie und ob von den Studiengebühren befreit wird. Immer wird auf Studentendarlehen verwiesen, das soll jedem ein Studium zugänglich machen. Also finanzielle Bedürftigkeit ist nicht ausreichend. Zwar gibt es eine Schuldenobergrenze, alles darüber wird erlassen, doch die greift nur bei Bafög-Höchstsatz und einem Studium, das länger dauert als ein Bachelorabschluss. Doch wer ist schon gern verschuldet? Dazu noch ohne je zuvor richtig gearbeitet zu haben, abgesehen von Studentenjobs. Bis zu 10 Prozent der Studierenden darf eine Hochschule wegen guter Leistungen von den Studiengebühren befreien. Dieses System zielt auf Hochbegabte ab, dabei sagt dies nichts darüber aus, ob sie dieser Unterstützung auch bedürfen. Die Unis setzten sich auf einen Elitezug, damit die sowieso schon Guten noch schneller studieren und früher arbeiten können. Ausnahmen von den Studiengebühren belaufen sich in Bayern auf Urlaubs- oder Praxissemester, Praktisches Jahr bei ÄrztInnen und Promotionsstudium. Befreiung gibt es nur für Studierende mit behindertem Kind oder Kind(ern) unter zehn Jahren, bei Familien mit mehr als drei Kindern, die Kindergeld beziehen oder Wehr-, Ersatz- oder Sozialdienst ableisten und in besonderen Härtefällen.
Wie geht's weiter?
Gar nicht so einfach, sich durch den Bürokratiedschungel zu kämpfen und von den Gebühren ausgeschlossen zu werden. In Österreich ist die Abschaffung der Studiengebühren schon im Gespräch, eventuell ein Anstoß für Deutschland. Den Studenten bleibt nur zu wünschen, dass sie verständnisvolle Eltern und vielleicht auch einen guten Nebenjob haben.
Raphaela war in Straubing unterwegs und hat Euch gefragt, was Ihr von Studiengebühren haltet? Hier geht's zur Umfrage