Flüchtlingshilfe

Musik braucht keine Sprache: Corinna Hauslbauer lernt jungen Flüchtlingen Gitarre


Die Sonne scheint durch das Glasdach des kleinen Wintergartens. Hinter den Fenstern ist das bunte Laub im Garten zu sehen. Der kleine Raum mit dem hellen Holzboden ist erfüllt vom Duft von frischem Stollen und Tee. Einzelne Gitarrentöne erklingen, gefolgt von Applaus und einem fröhlichen Mädchenlachen. Jeden Sonntag treffen sich hier junge Menschen zum gemeinsamen Gitarrenunterricht. Junge Menschen auf der Suche nach Normalität, Ablenkung und Freundlichkeit. Bei Corinna Hauslbauer finden sie genau das. Sie lernt jungen Flüchtlingen, Gitarre zu spielen.

Seit etwa sieben Wochen holt Corinna die jungen Flüchtlinge aus ihrem Ort zu sich in den Wintergarten. Drei Kindern und drei jungen Erwachsenen lernt sie Notenlesen und das Spielen selbst. Und das kommt gut an, findet die zehnjährige Maryam: "Ich liebe Musik. Ich spiele auch Klavier und singe gerne. Deswegen bin ich sehr gern hier." Das Mädchen ist seit knapp einem Jahr in Deutschland. Sie ist mit ihrer Familie aus dem Irak geflüchtet. Maryam spricht fließend Deutsch und unterstützt Corinna bei Sprachbarrieren, so gut sie kann. Denn Maryam versteht selbst nicht alle ihrer Musikpartner. Sie spricht afghanisch, genau wie der elfjährige Faysal. Die älteren Schüler, Sulieman und Mohammad, kommen aus Syrien und sprechen arabisch. Der 22-jährige Abdullah spricht Tigrinya, die Muttersprache in Eritrea.

Sprechen mit Händen und Füßen

"Irgendwie kommen wir aber schon zusammen. Mittlerweile verstehen sie mich schon sehr gut. Wenn ich hochdeutsch spreche und mit Händen und Füßen arbeite, klappt das schon", sagt Corinna. Und kommen sie nicht weiter, helfen auch Übersetzungs-Apps oder die pantomimischen Fähigkeiten von Maryam. Als das Gespräch auf das Thema "Hochzeit" kommt und die Jungs nicht verstehen, was Corinna meint, steht Maryam kurzerhand auf und deutet einen Hochzeitstanz und einen Kuss an. Schon haben alle verstanden.

Knapp zwei Stunden arbeiten die Jugendlichen miteinander. Wer Lust hat, spielt vor, was er die Woche über geübt hat. Wer nicht mag, muss auch nicht. Wer besonders fleißig war, bekommt einen Sticker für seine Gitarre. Über die Lieder kommt die Gruppe viel ins Gespräch. Sie reden über die Woche, über ihre Interessen und ihre Hobbys und - wer mag - auch über ihre Vergangenheit in ihren Ländern. "Das Reden ist so wichtig. Auch die paar Worte, die ich ihnen beibringe, helfen, sie zu integrieren. Darum geht es: Etwas gemeinsam zu unternehmen und dadurch unsere Sprache und unsere Kultur näher zu bringen.", erklärt Corinna ihre Beweggründe. Mit dem Unterricht auf den Gitarren möchte die Geografie-Studentin die Jugendlichen ablenken und auch etwas Schwung in ihren Alltag bringen. "Viele dürfen nicht arbeiten und sind zu alt für die Übergangsklassen in der Schule. Ihnen ist ja auch langweilig", begründet Corinna weiter. Abdullah, 22 Jahre alt, nickt und erzählt, dass er zwei Stunden die Woche einen Deutschkurs besucht und sonst nur zum Gitarrenunterricht kommt. "Ich würde gerne in die große Schule in Landau gehen. Fünf Tage Schule wären toll, aber das geht nicht." In seinem Alter ist er nicht schulpflichtig und muss deshalb wie die erwachsenen Flüchtlinge auch abwarten, ob er in Deutschland bleiben darf oder nicht.

Corinna ist bewegt von den Geschichten, die alle bisher schon erlebt haben. "Ich finde es auch so beeindruckend, dass alle immer so gut gelaunt sind, obwohl sie schon so viel mitmachen mussten. Ich denke aber, dass sie genau deshalb auch so viel Freude an den kleinen Dingen des Lebens haben."

In einer kurzen Pause erklärt Corinna den jungen Flüchtlingen, was sie gerade naschen: "Das ist ein Stollen, ein typischer Kuchen, den es bei uns zur Weihnachtszeit gibt. Eigentlich ist es noch etwas zu früh, aber ich dachte, ihr wollt es sicher mal probieren." Alle nehmen ein Stück und unterhalten sich so gut es geht auf Deutsch.

Eine bekannte Melodie

Suleiman erzählt von einem arabischen Instrument - ähnlich der Gitarre, das er Zuhause gespielt hat. Er spielt allen ein langsames Lied aus seiner Heimat vor, das er auf diesem Instrument gelernt hat. Auf der deutschen Gitarre klappt es noch nicht so wie er möchte, aber alle sind begeistert. Am Ende spielt er noch ein Lied, das alle kennen - auch Corinna. Das überrascht die anderen. "Das Lied kenne ich aus Afghanistan auch, aber mit französischem Text. Wir singen dazu Frère Jacques, Frère Jacques." Alle nicken und klatschen mit. Corinna singt den deutschen Text dazu: "Bruder Jakob, Bruder Jakob." Denn: "Musik ist eine Sprache, die jeder versteht", ist sich Corinna sicher. "Sie bringt zusammen, ohne große Barrieren."