Regensburg
OTH-Wissenschaftler forschen zu Stromnetz-Stabilität
11. November 2019, 9:09 Uhr aktualisiert am 11. November 2019, 9:48 Uhr
Wie können die Stromnetze in Deutschland in Zeiten der Energiewende stabil und leistungsfähig erhalten werden? Mit dieser Frage setzen sich unter anderem Forscher der OTH Regensburg auseinander. In einer Studie wollen sie Strategien finden, um sowohl mit "Dunkelflauten" als auch mit Leistungsspitzen umgehen zu können. Die Lösung der Kommission: Die Lieferanten von sogenanntem "Blindstrom" entlohnen.
Angesichts der Herausforderungen der Energiewende für das deutsche Stromnetz setzt die Bundesregierung auf die Expertise der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg. Das schreibt die OTH Regensburg in einer Mitteilung an die Presse.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sollen die Wissenschaftler anhand von Simulationen zunächst untersuchen, wie hoch der Bedarf an sogenannter Blindleistung im gesamten deutschen Stromnetz künftig sein wird.
Blindleistung hält im Stromnetz die Spannung auf einem bestimmten Niveau stabil, so dass beispielsweise Elektrogeräte zuverlässig funktionieren und nicht beschädigt werden. Es handelt sich um eine zweite Art der elektrischen Leistung, mit der zwar keine Wirkenergie umgesetzt, aber die Spannung geregelt werden kann. Energiewende und Elektromobilität erschweren die Einhaltung der definierten Spannungsgrenzen, weil die Netze ursprünglich nicht für diese hohen Leistungseinspeisungen und -entnahmen ausgelegt waren. Bislang wurde Blindleistung vor allem aus konventionellen Kraftwerken aus dem Übertragungsnetz bereitgestellt. Mit Verdrängung dieser Kraftwerke verschärft sich also die Situation.
In einem nächsten Schritt arbeitet das Team um Prof. Dr. Oliver Brückl aus der Fakultät für Elektro- und Informationstechnik Defizite bei der Bereitstellung von Blindleistung im Übertragungsnetz heraus und berechnet, wie diese durch Blindleistungsquellen im Verteilungsnetz gedeckt werden könnten.
Die aktuelle Studie ist bereits die zweite zur zukünftigen Bereitstellung von Blindleistung, die die OTH Regensburg gemeinsam mit dem Institut für Netz- und Anwendungstechnik (INA) erarbeitet. Im Sommer dieses Jahres wurde OTH-Professor Oliver Brückl von der OTH zudem vom BMWi als ständiges Mitglied der AG Systemsicherheit berufen. Diese entwickelt Maßnahmen, die trotz der großen Veränderungen im Energiesektor einen sicheren Betrieb der Stromnetze garantieren. Außerdem steht der Wissenschaftler der OTH Regensburg der vom BMWi eingesetzten "Kommission zur zukünftigen Beschaffung von Blindleistung" vor, die nun ihren Endbericht veröffentlichte.
Darin schlagen die Experten vor, Strommarktteilnehmer, die Blindleistung zur Stabilisierung der Netzspannung liefern, künftig zu entlohnen. Laut der Empfehlung sollen Netzbetreiber und Blindleistungslieferanten die Vergütungen bilateral aushandeln. Dabei bleibt offen, ob es für die Höhe der Vergütungen Vorgaben geben soll.
In der Kommission hatten sich rund ein Jahr lang Vertreter der 15 größten und relevantesten Verbände im Bereich Stromversorgung, die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde, das Forum Netztechnik-Netzbetrieb als Ausschuss des Verbands der Elektrotechnik (VDE) sowie Vertreter mehrerer Abteilungen des Bundeswirtschaftsministeriums ausgetauscht.