Münchner Autobauer

Brexit-Angst bei BMW


Die BMW-Produktion im Werk in Regensburg. Viele der in Deutschland verbauten Motoren werden derzeit in England produziert.

Die BMW-Produktion im Werk in Regensburg. Viele der in Deutschland verbauten Motoren werden derzeit in England produziert.

Von Romana Bauer

Die Unsicherheit um Großbritanniens EU-Austritt stellt die Industrie vor Probleme - vor allem jedoch den Münchner Autobauer. Am Montag wird es spannend.

London - Ab Montag werden die Weichen gestellt: Erst wird das oberste EU-Gericht über die Möglichkeit eines Rückziehers vom Brexit entscheiden. Am Dienstag wird das Parlament in London über das von Regierungschefin Theresa May und den übrigen 27 EU-Staaten vereinbarte Brexit-Abkommen abstimmen.

Brexit-Folgen für die Industrie

Sollte das Abkommen abgelehnt werden und es zum ungeordneten Brexit kommen, drohen drastische Folgen für die Industriekonzerne auf beiden Seiten des Ärmelkanals.

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Einen trifft es dabei besonders hart: BMW, welcher unter deutschen Autobauern bei weitem am stärksten auf der Insel engagiert ist. Der Konzern fertigt dort unter anderem den Kleinwagen Mini sowie Motoren für die deutschen Werke. Kommt es zum harten Brexit, werden viele Bauteile für die britischen Fabriken wohl nicht mehr rechtzeitig angeliefert werden können, so die Sorge. Denn gehört Großbritannien nicht mehr zur EU, drohen am Ärmelkanal Zollkontrollen - und damit lange Lastwagenstaus.

BMW stellt sich auf den Brexit ein

Seit Monaten schon entwickelt BMW daher Strategien für die drei möglichen Brexit-Szenarien. "Als verantwortungsvolles Unternehmen bereiten wir uns weiterhin auf das Worst-Case-Szenario und damit einen No-deal-Brexit vor. Aber es ist natürlich klar, dass für uns ein Mangel an Planungssicherheit nicht hilfreich ist", sagt BMW-Sprecherin Christina Hepe im Gespräch mit der AZ.

Im Juni schon hatte BMW die Schließung britischer Werke angekündigt, falls es zu Unterbrechungen in der Lieferkette kommen sollte. In diesem Fall könne der Konzern seine Produkte nicht mehr in Großbritannien produzieren, hatte der für Zollfragen zuständige BMW-Manager Stephan Freismuth der "Financial Times" gesagt. Der Bericht sorgte damals für Aufregung; nur einen Tag später ruderte BMW wieder zurück: Der Konzern denke nicht aktiv über eine Auslagerung der Produktion nach.

Eine solche Entscheidung hätte für die Briten erhebliche Auswirkungen: Vier Werke mit 8000 Mitarbeitern betreibt die BMW-Group auf der Insel. Zusammen mit dem Vertriebsnetzwerk sind es rund 24 000 Beschäftigte. "Zudem stützt BMW fast 50 000 Jobs in Großbritannien", sagt Hepe. Wie etwa die Zulieferer für Autoteile.

Solange nicht klar ist, welchen Weg London einschlagen wird, bleibt BMW nur: Abwarten - und das Produktionsnetzwerk so gut wie möglich auf die Auswirkungen des Brexit vorbereiten. Hepe: "Dafür betreiben wir aktuell einen hohen Aufwand. Ziel ist es, so gut wie möglich sicherzustellen, dass die betroffenen Standorte auch nach dem Brexit ohne unvorhergesehene Unterbrechungen der Versorgungskette weiter produzieren können."

Was in diesem Fall bedeutet: BMW sorgt zunächst eigenständig für eine Unterbrechung. Die jährlich wiederkehrenden Wartungsarbeiten im Hauptwerk in Oxford werden im kommenden Jahr auf April vorverlegt und beginnen direkt nach dem Brexit. "So minimieren wir das Risiko", sagt Hepe. Normalerweise sind diese Produktionsunterbrechungen, die unter anderem der Wartung, Erneuerung oder Umstellung von Maschinen dienen, im Sommer und dauern vier bis sechs Wochen.

Nicht viel Zeit, um im Fall eines harten Brexits die Fragen um Zollabwicklung, Umstellung der IT-Systeme und die dazugehörige Logistik zu lösen. Denn sobald nur wenige der 4000 bis 5000 Komponenten, aus denen jedes einzelne Fahrzeug besteht, fehlen, verlangsamt oder stoppt dies die Produktion.

Und viele dieser Teile stammen vom europäischen Festland: Im Schnitt liefern täglich 150 Lastwagen Produktionsmaterial von rund 1500 EU-Lieferanten auf die Insel.

Aktuell prüft BMW daher, die Lagerkapazitäten zu erweitern, um unabhängiger von Lieferverzögerungen zu sein. Zur Höhe der daraus resultierenden Zusatzkosten wollte sich BMW auf AZ-Nachfrage nicht äußern. Klar ist: Ausfallzeiten in der Produktion kämen BMW wesentlich teurer zu stehen.

Folgen für München, Dingolfing und Landshut

Auch auf die bayerischen Standorte wie München, Dingolfing oder Landshut hätte ein ungeordneter Brexit große Auswirkungen: Denn BMW lässt in Großbritannien Motoren produzieren, die in Deutschland verbaut werden. Allein das Werk im englischen Hams Hall beispielsweise hat im vergangenen Jahr über 300 000 Motoren hergestellt. Auch hier könnten Lieferverzögerungen zu teuren Produktionsausfällen führen