Kultur
Stadt, Land, Ökologie
4. Januar 2023, 15:50 Uhr aktualisiert am 5. Januar 2023, 10:22 Uhr
Ein Familienfilm fürs Herz: Der ungestüme Großstadtjunge Sebastian wird von seiner alleinerziehenden Mutter in ihr Heimatdorf in den französischen Alpen gebracht und soll in den Ferien der Großmutter und der Tante mit den Tieren auf der Alm helfen, das Landleben kennenlernen. Das findet der Junge aus Paris nicht gerade cool und ganz schlimm, dass es nicht überall Handyempfang gibt.
Die Langeweile vergeht, als der Bub die von ihrem Besitzer schlecht behandelte Hündin Belle befreit, die ihm in die Berge folgt und die Schafherde gegen Attacken von Wölfen bewacht. Bald sind sie unzertrennlich und ein "Sommer voller Abenteuer" mit dem flauschigen und freiheitsliebenden Freund beginnt, den der Zehnjährige nie wirklich besitzen oder gar domestizieren will, sondern als ebenbürtig ansieht.
Die Erzählung ist nicht neu, Cécile Aubrys Kinderbücher um "Belle & Sebastian" aus den 60er Jahren sind in Frankreich sehr beliebt. 1965 lief bereits eine Fernsehserie. Fast 40 Jahre später verlegte Nicolas Vernier die Handlung in das Jahr 1943, wo die Bewohner des kleinen Bergdorfs unter der Nazibesatzung leiden und jüdische Flüchtlinge in die nahe Schweiz bringen. Nach der 1945 angesiedelten Fortsetzung von Christian Duguay aus dem Jahre 2015, lieferte Clovis Cornillac dann 2017 eine neue Version der wohl zeitlosen Freundschaft zwischen Tier und Mensch, in der Sebastian für Belles Welpen kämpft.
Regisseur Pierre Coré aktuelle Neuverfilmung greift den Zwiespalt zwischen touristischem Druck und notwendigem Schutz der Umwelt auf, ist in der Gegenwart mit Selfies und Instagram angekommen. Interessant ist, dass sich in Frankreich wirklich immer mehr junge Menschen für die Wanderschäferei interessieren.
Beim Filmpersonal in Belle & Sebastian - Ein Sommer voller Abenteuer ist Gut und Böse einfach gestrickt. Da ist Sebastians Vater, der sich nicht so recht kümmert. Und in der scheinbaren Landidylle gibt es den brutalen Hundehalter und den hinterhältigen Alten, der sich mit falschen Angaben den Grund der Familie unter den Nagel reißen will, um in der unberührten Natur ein Wintersportressort zu bauen. Die Guten, das sind Großmutter, Tochter und Enkelin, auch wenn es zwischen den Generationen mal kracht.
Neben der Freundschaftsgeschichte geht es ohne belehrende Botschaft fast wie nebenbei und trotzdem deutlich um die kindgerechte Schärfung des ökologischen Bewusstseins vor traumhafter Bergkulisse mit unheimlichen Wäldern und Höhlen. Und das funktioniert. Dem Zeitgeist folgend verkörpern nicht mehr Männer die erwachsenen Hauptrollen wie in den vorherigen Adaptionen, sondern Frauen übernehmen ihren Part, setzen sich gegen Intrigen und Bevormundung durch. Robinson Mensah-Rouanet ist als mutiger kleiner Held wunderbar, aber die Show stiehlt ihm die Pyrenäenberghündin Belle.
Kino: Solln, Cinemaxx, Mathäser und Museum Lichtspiele
R: Pierre Core (F, 96 Min.)