Bayern
Aschermittwoch kann kommen: Aiwanger schießt sich auf Seehofer ein
16. Januar 2016, 12:49 Uhr aktualisiert am 16. Januar 2016, 12:49 Uhr
Hubert Aiwanger wird am 10. Februar in der Deggendorfer Stadthalle nicht zum Diplomaten mutieren. Denn der Politische Aschermittwoch der Freien Wähler steht an und deren Bundes-, Landes- und Fraktionsvorsitzender will sich trotz Flüchtlingskrise, Terror und frauenfeindlichen Übergriffen nicht zurückhalten. Vor allem CSU-Chef Horst Seehofer darf sich warm anziehen, warnt Aiwanger im Gespräch mit unserer Zeitung.
Herr Aiwanger, jeden Tag kommen Tausende Flüchtlinge, überall in der Welt gibt es Terroranschläge, dazu kommen Vorfälle wie in der Silvesternacht in Köln: Können Sie am Politischen Aschermittwoch da noch die übliche Bierzeltrhetorik abliefern?
Aiwanger: Leichter denn je. Immer wenn große und polarisierende Themen da sind, ist der Politische Aschermittwoch gefordert, die Stimme des Volkes zu sein. Das ist mehr denn je das richtige Podium, um die Fehlentwicklungen der Regierungspolitik beim Namen zu nennen.
Über wen werden Sie sich dieses Jahr besonders lustig machen?
Aiwanger: Weniger lustig machen, eher wirklich schimpfen. Das ist in erster Linie die Staatsregierung, wie in den letzten Jahren auch: Wir kritisieren den, der das Sagen hat und die Weichen falsch stellt. Wir werden vielleicht auch ein bisschen über Rot-Grün schimpfen, aber die haben in Bayern nichts zu sagen, also brauche ich über die kaum ein Wort verlieren. Wer allerdings mit absoluter Mehrheit regiert und trotzdem so viel politischen Blödsinn macht wie die CSU unter Horst Seehofer - von der Zustimmung zu TTIP bis zur gescheiterten Flüchtlingspolitik -, der wird sich einiges von uns anhören müssen.
Bei den Freien Wählern selber ist auch nicht alles rosig. Ihr stellvertretender Fraktionschef Bernhard Pohl ist zu sechs Monaten Haft auf Bewährung wegen einer Trunkenheitsfahrt verurteilt worden. Gegen Ihren bildungspolitischen Sprecher Günther Felbinger laufen Betrugsermittlungen. Drückt das auf die Stimmung?
Aiwanger: Natürlich hat uns das beschädigt und zurückgeworfen. Trotzdem werden wir das überwinden und diese Scharte auswetzen. Skandale zu haben, ist ja bei der CSU tägliches Geschäft. Die schlittern von einem Untersuchungsausschuss in den nächsten und haben trotzdem permanent die absolute Mehrheit. Insofern wird auch uns der Wähler verzeihen, wenn bei uns mal was schiefläuft.
Pohl ist jetzt zum fünften Mal wegen eines Verkehrsdelikts verurteilt worden. Sie wollen ihn trotzdem in Ihrer Fraktion behalten?
Aiwanger: Wer vom Wähler gewählt ist, bleibt auch bis zum Ende der Legislaturperiode Abgeordneter. Ich muss mit den Leuten zusammenarbeiten, wie sie mir der Wähler ins Parlament schickt. Herr Pohl ist durchaus ein profilierter Haushalts- und Finanzpolitiker. Er hat sich bei der Landesbankaffäre sehr stark reingekniet und viele Versäumnisse der Staatsregierung aufgearbeitet. Das sind politische Verdienste, die ich jetzt nicht deswegen auf den Mond schießen will, weil er betrunken Auto gefahren ist.
In den Umfragen sieht es nicht gut für die Freien Wähler aus: Die aktuellste sieht Sie bei fünf Prozent - und die Tendenz geht nach unten. Was müssen Sie besser machen, damit Sie bis zur nächsten Landtagswahl nicht zwischen CSU und AfD zerrieben werden?
Aiwanger: Wir müssen weiterhin an unserer Wahrnehmbarkeit arbeiten. Das größte Problem der Freien Wähler ist ja, dass wir in den bundesweiten Medien, in der Tagespresse zu wenig vorkommen. Wenn wir mehr in den Medien vorkommen, werden wir auch in den Umfragen wieder besser werden.
Muss man sich also auf weitere fragwürdige Aktionen wie den Landshuter Flüchtlingsbus vor dem Bundeskanzleramt gefasst machen?
Aiwanger: Ein mutiger Landrat der Freien Wähler hat hier ein Zeichen gesetzt, Seehofer redet dagegen nur. Die Botschaft "So geht’s nicht weiter!" wurde bis ins Kanzleramt gehört und das ist gut so. Natürlich geht die Debatte weiter und wir werden dafür sorgen, dass die Anliegen unserer Bürger weiter gehört werden.
Vielleicht hilft ja auch der Politische Aschermittwoch. Welches Signal soll von Ihrem Auftritt in Deggendorf ausgehen?
Aiwanger: Dass die Freien Wähler Politik mit gesundem Menschenverstand machen, dass wir Ideengeber für eine bessere Politik sind, dass wir den Regierenden auf die Finger schauen und sie auch inhaltlich vor uns hertreiben: Abschaffung der Studiengebühren oder Wahlfreiheit zwischen acht und neun Jahren Gymnasium sind Beweise dafür, dass wir die Politik bewegen. Selbst wenn absolute Mehrheiten regieren, haben wir es geschafft, Akzente zu setzen. Im Gegensatz zu Rot-Grün haben wir im Bayerischen Landtag schon sehr viel bewegt.