Flüchtlingspolitik

CSU: Das Problem ist, „dass die SPD nicht will“


Ungewisse Aussichten: In der Frage der Transitzonen für Flüchtlinge sind Union und SPD tief gespalten.

Ungewisse Aussichten: In der Frage der Transitzonen für Flüchtlinge sind Union und SPD tief gespalten.

Von Manfred Fischer / Onlineredaktion

Die Christsozialen sehen in Transitzonen den Schlüssel zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Doch die SPD sperrt sich dagegen.

Eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen und die Integration der Schutzbedürftigen: Das sind für CSU-Chef Horst Seehofer derzeit die vordringlichsten Ziele zur Bewältigung des anhaltenden Flüchtlingszustroms. Im Schulterschluss mit der Schwesterpartei CDU sei es nun gelungen, sich auf diese Positionen festzulegen, und er sei "für den Moment zufrieden", sagte Seehofer gestern kurz vor Beginn der CSU-Vorstandssitzung in der Münchner Parteizentrale.

Am Sonntag hatte er in insgesamt zwölfstündigen Gesprächen in Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erneute auf die von der CSU so sehr gewünschten Transitzonen festgenagelt. Und auch der Familiennachzug soll für bestimmte Migrantengruppen eingeschränkt werden. Das Positionspapier, auf das sich die Schwesterparteien geeinigt haben, sieht in 13 Punkten Maßnahmen vor, um "Steuerung, Ordnung und Reduzierung der Zahlen" zu erreichen, erklärte der bayerische Ministerpräsident. Der Vorstand habe dieses Papier ohne kritische Stimmen akzeptiert, sagte Seehofer nach der Sitzung, denn er habe alles erreicht, was zu diesem Zeitpunkt zu erreichen war. Wobei er betonte: Dieser Katalog sei "prioritär, aber nicht abschließend".

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"Integration braucht Richtung", sagte Seehofer, und das bedeute die Orientierung an den "deutschen Leitwerten". Daher sei er froh darüber, dass nun auch die CDU eine "Multikulti-Gesellschaft" ablehne, dies sei "sehr zufriedenstellend". Nun wollen sich die Spitzen von CDU und CSU alle 14 Tage treffen, um die beschlossenen Maßnahmen in ihrer Wirksamkeit zu beurteilen und wo nötig nachzusteuern.

Die von der CSU angedrohte Klage gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung oder ein möglicher Rückzug der drei CSU-Bundesminister seien für Seehofer zwar nicht vom Tisch, die Notwendigkeit, diese Maßnahmen zu ergreifen, sieht er aber derzeit als "nicht gegeben". Doch der Druck bleibt, schließlich gilt es jetzt, die SPD zu überzeugen. Daher wolle er das Treffen der Koalitionsspitzen am Donnerstag "gut vorbereiten". SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte am Sonntag auch zwei Stunden lang im Kanzleramt mitverhandelt. Transitzonen, in denen die CSU einen Schlüssel zur Bewältigung der derzeitigen Herausforderung sieht, lehnt die SPD entschieden ab. Partei-Vize Ralf Stegner sieht in diesen Einrichtungen "Haftanstalten" und glaubt, die Union wolle mit diesem Vorschlag nur die Öffentlichkeit für sich einnehmen und von ihrer Orientierungslosigkeit ablenken.

Das sieht Seehofer naturgemäß anders. Zum einen seien 70 Prozent der Menschen für Transitzonen. Zudem werde niemand daran gehindert, irgendwo hinzugehen, mit einer Ausnahme: Die Einreise nach Deutschland soll erst nach Durchführung des Registrierungsverfahrens möglich sein. Aber mit Haft, wie dies die SPD bezeichne, habe das nichts zu tun. Wie CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer ergänzte, gehe es darum, die Verfahren zu beschleunigen.

Syrer sind ausgenommen

In diesen Zentren soll für Flüchtlinge, die offenkundig keine Bleibeperspektive haben, das entsprechende Verfahren starten mit dem Ziel, sie möglichst wieder in ihre Heimat zurückzuschicken. Es sei schließlich "skurril", diese Personengruppe - wie von der SPD gewünscht - erst einreisen zu lassen und dann kompliziert in Deutschland zu verteilen. Für Transitzonen kämen ohnehin nur Menschen in Betracht, die nicht verfolgt werden oder aus einem sicheren Drittland kommen sowie Personen, die einen Folgeantrag stellen oder trotz Ablehnung wieder nach Deutschland einreisen wollten. Ansonsten muss die Bundesrepublik ohnehin erst den Status einer ankommenden Person klären. Syrer seien von der Behandlung in Transitzentren ausdrücklich ausgenommen, stellte Seehofer im Anschluss an die Vorstandssitzung klar.

Die Union habe in dieser "wichtigen Frage eine geschlossene Haltung", betonte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt im Vorfeld der Vorstandssitzung. Nun müsse die SPD ihre "Verweigerungshaltung" aufgeben.

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Gar als "unglaubwürdig" bezeichnete der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die SPD-Linie. "Die SPD eiert herum, um sich einer Festlegung zu entziehen." Schließlich sei es vor Kurzem noch ausdrücklicher Wunsch der SPD gewesen, Einreisezentren direkt in Grenznähe zu errichten. Zudem erlaube EU-Recht die Einrichtung der von der CSU favorisierten Transitzonen. Seine Partei verfolge dagegen einen klaren rechtsstaatlichen Standpunkt. Man könne geltendes Recht nicht "wegen der derzeit hohen Zahl" an Flüchtlingen außer Kraft setzen. Auch mit dem Nachbarland Österreich sei man derzeit in Gesprächen. Aus Herrmanns Sicht gebe es derzeit bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise nur ein Problem, nämlich, "dass die SPD nicht will".

Die SPD solle mal die "Stimmung im Land spüren", empfiehlt daher Bayerns Heimatminister Markus Söder (CSU). Die Menschen wollten Lösungen, auch SPD-Wähler seien besorgt und das Modell der Sozialdemokraten zu Einreisezentren eine wirkungslose "Mogelpackung". Doch noch sei ein langer Atem nötig, prophezeite Söder, auch wenn die "CSU hier der Taktgeber ist".

Das Positionspapier von CDU und CSU zur Zuwanderung

Nach ihrer Sitzung am vergangenen Sonntag haben sich CDU und CSU auf ein Positionspapier geeinigt mit dem Titel "Menschen in Not helfen, Zuwanderung ordnen und steuern, Integration sichern". Damit wollen die Unionsparteien den Zuwanderungsdruck von Deutschland nehmen. Die wichtigsten Punkte im Überblick:

Transitzonen: In ihnen sollen Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern, mit Wiedereinreisesperre, Folgeanträgen und "ohne Mitwirkungsbereitschaft" (also wenn sie zum Beispiel ihre Dokumente vernichten) in Grenznähe ein beschleunigtes Verfahren durchlaufen.

Grenzmanagement: Deutschland und Österreich sollen besser zusammenarbeiten. Dazu gehören ein gemeinsames Zentrum zur Polizeizusammenarbeit sowie gemeinsame Grenzstreifen.

Das Treffen am Donnerstag soll dazu dienen, eine Beschleunigung der Asylverfahren herbeizuführen und Abschiebungen zu intensivieren.

Familiennachzug: Dieser soll für Antragsteller mit subsidiärem Schutz für zwei Jahre ausgesetzt werden.

Flüchtlingsausweis: Dieser soll künftig einheitlich aussehen und ist Voraussetzung für den Leistungsbezug.

Europäische und internationale Ebene: CDU und CSU wollen die Schwächen des Dublin-III-Abkommens überwinden. Ein EU-Türkei-Gipfel soll zu einer gemeinsamen "Migrationsagenda" führen. Mit der Türkei sollen auch weitere Kapitel bei den EU-Beitrittsverhandlungen geöffnet werden. In Afghanistan wollen Europa und USA ihr militärisches Engagement verlängern sowie innerstaatliche Fluchtzonen schaffen, um Menschen von der Flucht nach Europa abzuhalten.

Ein EU-Afrika-Gipfel soll zu einer Neuausrichtung der Entwicklungspolitik führen. In Griechenland und Italien sollen "Hotspots" eingeführt werden, also Aufnahme- und Verteilzentren.

Insgesamt wollen CDU und CSU die Integration für diejenigen Flüchtlinge verbessern, die dauerhaft in Deutschland bleiben können, da "Multikulti" und Parallelgesellschaften einer erfolgreichen Integration im Weg stünden.