Die idowa-Familienkolumne
Frag nur, Kind! Über die Unlösbarkeit von Hausaufgaben
9. Juli 2021, 16:47 Uhr aktualisiert am 9. Juli 2021, 16:47 Uhr
Frag nur, Kind!
Wie lange ist das Abi her? 10 Jahre, 20 Jahre?
Wie so oft in dieser Zeit sitzen die Eltern mit ihren Kindern vor den Hausaufgaben und befunden die mathematischen Zeichen als kyrillische Schrift, Hieroglyphen geradezu, deren Relevanz für das restliche Leben nicht klärbar sei. "Home Schooling" lehrt leider nur Kinder, nicht die anwesenden Vorfahren. Wenngleich es ein Längenmaß zu sein behauptet, scheint die elterliche Schulzeit doch eher Lichtjahre zurückzuliegen.
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"Das haben wir damals anders gemacht", ist da eine willkommene Ausrede, die vom eigenen Versagen ablenken soll. "Latein hab ich nie gehabt", greift da schon eher. Dass aber auch die englischen, französischen und - manchmal auch die hochdeutschen - Vokabeln ebenso verschwunden sind, kann nur von kosmischer Strahlung oder einem synaptischen Totalausfall rühren.
In der Mathematik ist es noch schlimmer. Ob der Autor des Schulbuchs eingeschlafen und mit dem Gesicht auf die Tastatur gefallen ist? Dies würde die nicht vorhandene Lesbarkeit des geschriebenen Zeichenwirrwarrs erklären.
"Entweder ich habe einen Schlaganfall oder die Aufgabenstellung ist auf Androiden ausgelegt!", drängt sich als Gedanke auf. Schnell das Tastempfinden und die Mimik überprüft. Alles funktioniert. Also scheint der Verwirrung schlichte Unkenntnis der mathematischen Stochastik zugrunde zu liegen.
Nachdem die Interneterklärungen gelesen sind, fällt doch noch der Clou ein, mit dem auch die Eltern durch das Abitur getaumelt sind: der Mut zur Lücke. Als dann abends das Kind der Mutter beichtet, dass es den Papa nichts mehr fragen wolle, weil er erstens immer genervt reagiere und zweitens die Antwort selten wüsste, fühlt sich der männliche Elternteil bewogen, diesen Umstand richtigzustellen: "Nein, frag nur Kind, sonst lernst nix!" Das quittierende Augenrollen des Kindes kann übrigens sogar der Vater entschlüsseln. Ohne im Internet nachschauen zu müssen.
Die Kolumne stammt aus dem NIEDERBAYERN TV Magazin.