Ni hao, Herr Ai Wang

Aiwanger in China: Einmal Bierzelt-Politik, süßsauer

Hubert Aiwanger machte bisher eher in bayerischen Bierzelten als auf internationalem Parkett von sich reden. Nun besucht der bayerische Wirtschaftsminister China. Kann das gutgehen?


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Zwei Länder, zwei Gesichter? Zumindest eine Dolmetscherin stellte den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger versehentlich bereits als Herrn "Ai Wang" vor.

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Im Video erzählt Johannes Wiest aus der Digital- und Seite-3-Redaktion, wie die Geschichte hinter diesem Türchen entstanden ist.

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Keine Antwort. Hubert Aiwanger lehnt an einem braunen Zaun, der ihm bis zur Brust reicht. Den Blick starr auf die gerundete Wand vor sich gerichtet, formt er mit beiden Händen eine Art Trichter vor dem Mund. Dann versucht er es erneut: "Hallo Peking. Hörst du uns?", ruft der bayerische Wirtschaftsminister. "Hier ist Bayern." Doch an der sogenannten Echo-Wand am Himmelstempel bleibt das Ziel von Aiwangers Reise unerfüllt: der Dialog mit China.

Immerhin in Bayern war zuvor eine Vielzahl an Unternehmern Aiwangers Aufruf gefolgt, sich einer Wirtschaftsdelegation zum wichtigsten bayerischen Handelspartner anzuschließen. Allein 2023 beliefen sich die Exporte aus Bayern in die Volksrepublik auf rund 17 Milliarden Euro, die Importe lagen bei knapp 36 Milliarden Euro. Mit dem Kernthema "Zukunft der Mobilität" soll die Delegation in den vier Tagen vor Ort die Basis für weitere Geschäfte zwischen Bayern und China schaffen - gerade in einer schwierigen Phase, in der die Europäische Union den Weg für Autozölle gegen China frei gemacht hat.

"Russia Today" in den Hotels Standardprogramm

"Das liegt ihnen schon schwer im Magen", sagt Aiwanger, nachdem er vor Ort dann doch zahlreiche Gespräche führte. Mit dem Vizehandelsminister Ji Ling etwa oder Vertretern von Firmen wie dem E-Autohersteller Li Auto und WeRide, einem Unternehmen für autonome Fahrtechnologie. Ihnen allen versichert er: Bayern heiße das Verhalten der EU nicht gut.

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Man müsse zusammenarbeiten statt gegeneinander. Denn Aiwanger ist klar: Ohne die politisch und wirtschaftlich in der Kritik stehende autokratisch geführte Volksrepublik "würde die bayerische Wirtschaft zusammenklappen".

Mögliche Schwierigkeiten in den Beziehungen zu China sind auch vor Ort kaum zu übersehen. Dass in beiden Hotels, in denen die Delegation übernachtet, der Sender "Russia Today" an einer der ersten Stellen im TV-Programm aufgeführt ist, ist kein Zufall. Elektrische Geräte sollten die Teilnehmer der Reise aus Angst vor Viren und Datendiebstahl stets bei sich tragen. Einen Eindruck von der Überwachung in China erhalten sie unter anderem bei einem Busunternehmen in Shenzhen, wo eine Vielzahl an Kameras jeden Schritt beobachtet - wenngleich die Gesprächsteilnehmer stets beteuern, der legale Rahmen werde eingehalten. Unangenehme Fragen beantworten sie meist mit einem Lächeln im Gesicht ausweichend.

Aiwanger will in China keine Show inszenieren

Aiwanger selbst betont, der Fokus dieser Reise liege vor allem auf der bayerischen Wirtschaft und weniger auf bundespolitischen Themen. "Bei allen Dingen, die an der Kritik an China berechtigt sind, müssen wir auch sehen, dass unsere Unternehmen auf Wirtschaftskontakte nach China angewiesen sind. Dort werden in großem Stile Waren produziert, die wir in Deutschland auch als Vorprodukte brauchen." Statt Haudrauf-Aiwanger wirkt der Minister bei dieser Reise ruhig, fast schon entspannt. "Staatsmännischer" nennen es politische Vertreter, die die Delegation begleiten. Und doch bleiben die markigen Eigenheiten, die vielleicht sogar einer der Hauptgründe für Aiwangers Erfolg sind.

Konsequent begrüßt der Freie-Wähler-Chef etwa jeden Gesprächspartner mit einem "Hallo" - ungeachtet der Sprache, in der er angesprochen wird. Wahlweise mit einem "So" davor, das jedem im Umkreis signalisiert: Jetzt geht es los. "So, hallo!", "So, etz back ma's!", "So, an Guadn - gibt's a Gabel auch?" Aiwanger inszeniert keine Show, wie es etwa Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei zahlreichen Auftritten oder seiner eigenen China-Reise im Frühjahr perfektioniert hat. Das will Aiwanger nicht - und kann es wohl auch nicht.

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Vier Tage lang besuchte Aiwanger mit einer Wirtschaftsdelegation China.

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Vier Tage lang besuchte Aiwanger mit einer Wirtschaftsdelegation China.

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Vier Tage lang besuchte Aiwanger mit einer Wirtschaftsdelegation China.

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Vier Tage lang besuchte Aiwanger mit einer Wirtschaftsdelegation China.

Während sich Söder öffentlichkeitswirksam mit Panda-Plüschtieren ablichten ließ, zeigt Aiwanger am Flughafen Peking auf einen Sitztisch mit drei riesigen Blumen in der Mitte - zwei Personen schlafen, auf dem Tisch liegt überall Müll herum. "A Tulpenfoto kannd ma machen", sagt er einer seiner Mitarbeiterinnen. Die redet es ihm lieber aus. Wo Söder ein Feuerwerk zündet, legt Aiwanger ein Stückchen Holz in die Glut seines Lagerfeuers. Er nimmt sich bei jedem Termin die Zeit für Fotowünsche, bleibt bei den Empfangsabenden unter den Leuten, beantwortet geduldig jede Frage - und stellt selbst einige. Aiwanger tritt auf dieser Reise als wissbegieriger Wirtschaftsminister auf und will gleichzeitig als Türöffner für bayerische Unternehmer agieren. Ein Balanceakt, der ihm dem Großteil der Delegationsteilnehmer zufolge gut gelingt.

Dazwischen immer wieder ein lockerer Spruch, über den Aiwanger oft selbst am lautesten lacht - und den er nicht selten auch auf eigene Kosten macht. "I kannd scho a bo so Mr.-Bean-Filme drahn", witzelt er, nachdem er Grimassen wie ein Zahnarzt-Patient macht. Bei einem Termin bei Li Auto schlägt Aiwanger dem deutschen Chefdesigner Ben Baum Verbesserungen am Look vor: "Machen's das doch nächsts Jahr, dass das wie ein Smiley vorn ausschaut."

Doch meist bleibt Aiwanger ernst bei der Sache. Im Anschluss an Termine bei Firmen schließt er sich häufig mit Delegationsteilnehmern kurz, ob das denn auch etwas für Bayern oder ihre Unternehmen sein könnte. Unterwegs macht er stets halt, um etwa Bäume, Mauern oder Maschinen anzufassen - als wolle er das ganze Land mit seinen Händen durchdringen und verstehen.

Auf die Kennzeichen achtet Aiwanger besonders

Das würde auch zur Aufgabe passen, die Aiwanger sich und der Delegation im Vorfeld der Reise auferlegte: die "Brille der anderen" aufzusetzen. Dabei bemerkte er, dass auch China mit Problemen, etwa bei der Arbeitslosigkeit von qualifiziertem Personal oder einer stockenden Bauindustrie, zu kämpfen hat.

Wenngleich in China Elektroautos im Juli erstmals die Mehrheit der zugelassenen Neuwagen gestellt haben, zeigt sich der Minister noch unbeeindruckt. "Schaut's euch mal die Nummerntaferl an, dann wisst's, was los ist", sagt er und zeigt aus dem Fenster des kleinen Busses auf eine Pekinger Straße. Dort fahren überwiegend Autos mit blauem Kennzeichen - der Farbe für Verbrenner-Autos. BMW sieht Aiwanger auf Chinas Straßen fast keine. Die bekamen die Delegationsteilnehmer und er hauptsächlich auf großen Werbebannern am Flughafen zu sehen.

Aiwanger will sich was von China abschauen

Doch Aiwanger zeigt sich auch beeindruckt. Das Land habe seit seinem letzten Besuch 2019 große Fortschritte gemacht. "Wir haben gesehen, dass China Dinge in zwei Jahren umsetzt, für die wir sieben benötigen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen wir etwa unsere Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigen", sagt er. Ziel müsse ein sinnvoller Abbau von Vorschriften in Deutschland sein - und ein weiterer gemeinsamer Weg mit dem Handelspartner China.

Als wichtigen Partner stellte Aiwanger dabei die Region Guangdong mit 130 Millionen Einwohnern heraus. Anlässlich der 20-jährigen Partnerschaft zwischen Bayern und Guangdong fand ein Empfang mit Hunderten Teilnehmern aus Politik und Wirtschaft statt. Neben der deutschen und der chinesischen Hymne wurde zu Beginn der Feierlichkeiten, die gleichzeitig den Tag der Deutschen Einheit zelebrierten, auch die europäische Hymne gespielt. Einen Tag später begrüßte der E-Auto-Hersteller BYD Aiwanger und die Delegation in seiner Ausstellungshalle prominent mit eigener Aufschrift. Die chinesische Echo-Mauer hallt am Ende doch zurück - in der Regel das, was gehört werden will.

1 Kommentare:


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Gunter S.

am 08.12.2024 um 13:38

Ein interessanter Artikel, der zeigt, dass Aiwanger überall niederbayerisch unverwechselbar, mit gradliniger Haltung auftritt. Schade, dass er nicht darum gebeten hat, anstelle der Nationalhymne das "Lied der Bayern" spielen zu lassen.



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