Bad Windsheim
Grünen-Parteitag: Traum von 20 Prozent
3. Februar 2019, 17:57 Uhr aktualisiert am 3. Februar 2019, 17:57 Uhr
Beim Landesparteitag in Bad Windsheim denken die Grünen an Europa - und wählen Hallitzky statt Beppo Brem aus München zum Co-Chef.
München - Selten hat man einen Parteitag erlebt, auf dem die Delegierten so gut drauf waren wie am Wochenende beim Landesparteitag der bayerischen Grünen in Bad Windsheim. Zur Feier des Tages ließ sich Landesvorsitzender Eike Hallitzky zum ersten Mal in seinem Leben eine Krawatte - natürlich eine grüne - umbinden, um "das Ende des Zeitalters der Larmoyanz" zu verkünden. Dem Vorsitzenden der grünen Bundestagsfraktion Toni Hofreiter sang der gesamte Parteitag zu seinem 49. Geburtstag ein Ständchen.
Noch mehr gefreut haben dürfte Hallitzky, dass er sich gestern bei der Vorsitzendenwahl klar gegen den Gegenkandidaten Beppo Brem aus München durchsetzen konnte. Für Hallitzky votierten 194 von 313 Delegierten, Brem erhielt 110 Stimmen. Co-Vorsitzende Sigi Hagl amtiert bis Oktober, will dann ihr Amt zur Verfügung stellen, um in Landshut als Oberbürgermeisterin zu kandidieren.
Grund zum Jubeln
Die bayerischen Grünen zeigten sich in Bad Windsheim einiger als die CSU, die sich viel für ihre "legendäre Geschlossenheit" zugute hält. Sie haben auch allen Grund zum Jubel, denn bei der Landtagswahl vom Oktober vergangenen Jahres wurden sie nach der CSU mit 17,6 Prozent stärkste politische Kraft im Lande.
Die Zahl ihrer Landtagsabgeordneten konnten sie auf 38 mehr als verdoppeln und jüngere Umfragen deuten daraufhin, dass sich der Aufschwung zur Europawahl im Mai fortsetzen könnte, vielleicht sogar bis über die 20-Prozent-Marke. "Die Grünen sind die treibende Kraft in Bayern", freute sich die Co-Landesvorsitzende Hagl. Und sie müssten sich "keine Sorgen machen, dass uns die Themen jemand aus der Hand nimmt".
Ein solcher "Vertrauensvorschuss" bedeute "immer auch Erwartung", mahnte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth vor Übermut: "Jetzt müssen wir liefern". Was das Papier angeht, folgten die mehr als 300 Delegierten diesem Ratschlag: In den zwei wichtigsten Leitanträgen zeigten sich die Grünen als glühende Europäer und forderten "radikales Umsteuern" im Kampf gegen den Klimawandel. Die Menge der Treibhausgasemissionen soll bis 2030 auf unter drei Tonnen pro Kopf und Jahr reduziert werden. 2050 soll der ganze Freistaat "klimaneutral" sein.
Grüne für starke Europäische Union
Roth sah auf die Grünen gar die "historische Aufgabe" zukommen, Nationalismus und Populismus europaweit die Stirn zu bieten. Man dürfe nicht glauben, das Schlimmste sei in dieser Hinsicht schon überwunden. Die bayerische Landtagswahl mit dem Einzug der AfD in das Landesparlament habe gezeigt, dass "der Rechtsruck bis vor die Haustür" vorgedrungen sei, warnte die Spitzenkandidatin der bayerischen Grünen für die Europawahl, Henrike Hahn.
Bei der Verteidigung eines friedlichen und sozialen Europas könne man sich "auf die CSU nicht verlassen". Die von der Regierungspartei wieder gegründete "bayerische Grenzpolizei" und die wieder stattfindenden Grenzkontrollen seien "antieuropäisch". "In einer Welt der Trumps und Putins", so die Spitzenkandidatin der Grünen für die Europawahl, Ska Keller, brauche man mehr denn je eine starke Europäische Union. Die EU sei "nicht perfekt, aber ein guter Anfang", so Keller.