Russische Invasion
Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
6. Februar 2023, 5:14 Uhr aktualisiert am 6. Februar 2023, 16:00 Uhr
Nach massiven Spekulationen steht eine Auswechslung des ukrainischen Verteidigungsministers Olexij Resnikow offenbar doch noch nicht unmittelbar bevor. "Personaländerungen im Verteidigungsbereich wird es in dieser Woche nicht geben", schrieb der Fraktionsvorsitzende der Präsidentenpartei Diener des Volkes, David Arachamija, im Nachrichtendienst Telegram.
Russland will nach britischer Einschätzung mit den geplanten Wahlen die besetzten ukrainischen Gebiete als festen Bestandteil der Russischen Föderation präsentieren. Die Flucht von inzwischen rund einer Million Ukrainern nach Deutschland verschärft die Lage auf dem Wohnungsmarkt.
Verteidigungsminister Resnikow, der den Posten seit November 2021 bekleidet, war inmitten der Abwehr des russischen Angriffskriegs zuletzt wegen eines Skandals um überteuerte Lebensmittelkäufe für die Armee in die Kritik geraten. Warum der 56-Jährige nun zunächst doch im Amt bleiben soll, erklärte Arachamija nicht. Gemutmaßt wurde, dass die Präsidentenpartei nicht genügend Stimmen für die geplante Ernennung Resnikows zum Minister für strategische Industriebranchen finden würde. Ein weiteres Problem bei der angestrebten Auswechslung des Verteidigungsministers ist Medienberichten zufolge, dass der mutmaßliche Nachfolger Kyrylo Budanow den Armeedienst quittieren müsste. Das Gesetz sieht formal nur Zivilisten für den Posten des Verteidigungsministers vor.
Resnikow war nach einer Reihe von Skandalen um Korruption und Geldverschwendung in seinem Ministerium in die Kritik geraten. Unter anderem war zuletzt sein Stellvertreter Wjatscheslaw Schapowalow im Zusammenhang mit dem Skandal um den Einkauf überteuerter Lebensmittel für Soldaten zurückgetreten. Zudem sollen laut Medienberichten in einem anderen Bereich der Behörde beim Bau von Kasernen Gelder veruntreut worden sein. Resnikow hatte die Vorwürfe gegen ihn stets zurückgewiesen.
Die Ukraine wehrt seit fast einem Jahr eine russische Invasion ab. Die Finanzierung der Militärausgaben hängt dabei zu großen Teilen von westlichen Geldern ab. Das osteuropäische Land gilt als eines der korruptesten Länder Europas.
Angesichts des näher rückenden Jahrestags des russischen Einmarschs in die Ukraine am 24. Februar hat deren Präsident vor einer "symbolhaften Aktion" der Besatzer gewarnt. Dazu gebe es bereits zahlreiche Berichte und Hinweise, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Russland wolle sich für die Niederlagen des vergangenen Jahres rächen. "Wir stellen fest, dass der Druck auf verschiedene Frontbereiche und auch im Informationsbereich zugenommen hat."
Besonders schwierig sei aktuell die Lage in der Region Donezk. "Aber egal, wie schwer es ist und wie groß der Druck ist, wir müssen überleben", sagte Selenskyj. Die Ukraine müsse jeden Tag und jede Woche nutzen, um die Verteidigungspositionen an der Front sowie die internationale Position des Landes zu stärken.
Derzeit steht die Ukraine vor allem rund um die Stadt Bachmut im Osten des Landes schwer unter Druck. Dort versuchen russische Truppen sowie Angehörige der berüchtigten Söldnertruppe Wagner seit Wochen, die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen. Das Verteidigungsministerium in Moskau meldete, Russland habe in der Region vorteilhaftere Positionen eingenommen.
Bachmut wird nach Einschätzung britischer Militärexperten immer mehr von russischen Truppen eingekreist, wie aus dem dem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg des britischen Verteidigungsministeriums am Sonntag hervorgeht.
In der südukrainischen Stadt Cherson sind bei russischen Angriffen nach Angaben aus Kiew mehrere Zivilisten getötet und verwundet worden. Genauere Angaben zu den Opfern machte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht am Abend nicht. Die Stadt sei mindestens 40 Mal aus Raketenwerfern beschossen worden, dabei seien zahlreiche Wohngebäude beschädigt worden. Auch die ostukrainische Stadt Charkiw war demnach Ziel russischer Angriffe aus Mehrfachraketenwerfern. Bei Treffern in einem Wohnhaus seien mindestens fünf Menschen verletzt worden.
Bei dem seit fast einem Jahr andauernden Krieg wird immer wieder auch zivile Infrastruktur getroffen, obwohl Russland behauptet, nur militärische Ziele anzugreifen. Nach UN-Angaben sind seit dem russischen Einmarsch mehr als 7000 Zivilisten getötet worden.
Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger hat die europäischen Partner Deutschlands zu raschem Handeln bei der Lieferung von Kampfpanzern aufgefordert. "Wir haben angesichts der drohenden russischen Großoffensive keine Zeit zu verlieren, um in einem großen europäischen Kraftakt alle Panzersysteme an die Ukraine zu geben, die wir nur irgendwie entbehren können", sagte sie dem "Tagesspiegel". Das sei im europäischen Interesse.
Die Bundesregierung ringt nach ihrer Entscheidung zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine um die Zusagen weiterer Staaten. Nach der politischen Freigabe von Lieferungen sei die geplante Allianz noch nicht komplett, wurde der Deutschen Presse-Agentur am Wochenende aus Regierungskreisen in Berlin erklärt. Allerdings begannen Polen und Kanada mit konkreten Schritten - aus Portugal gab es am Wochenende eine Zusage für die Lieferung von moderneren Leopard 2A6, die auch Deutschland geben will.