Grüne fordern CO2-Einstiegsabgabe
Ludwig Hartmann über Klimaschutz: "Uns läuft die Zeit davon"
2. Juli 2019, 6:24 Uhr aktualisiert am 2. Juli 2019, 6:24 Uhr
Bayerns Grüne wollen schnellstmöglich eine CO2-Bepreisung einführen. Fraktionschef Ludwig Hartmann schlägt einen Einstiegspreis von 50 Euro pro Tonne Kohlendioxid vor.
München - Jacqueline Jakob ist zufrieden. "Es wirkt", sagte die Mitarbeiterin der Züricher Energieagentur der Wirtschaft über das "Schweizer Modell" zur Verringerung der CO2-Emissionen.
Von 2013 bis 2017 hätten die eidgenössischen Konzerne knapp 486 000 Tonnen Kohlendioxid eingespart. "Das entspricht etwa 60 00 Flügen rund um die Welt", so Jakob am Sonntag in München.
Mehr als 70 Länder müssen bereits zahlen
Die Schweiz praktiziert seit vielen Jahren ein Energie-Management-System, bei dem Unternehmen für die Produktion des klimaschädlichen Gases bezahlen müssen. Aktuell liegt der Preis pro Tonne bei 96 Franken. Die so gewonnenen Einnahmen fließen an die Allgemeinheit zurück, unter anderem über die Krankenversicherung. CO2-intensive Unternehmen können sich von der Abgabe befreien lassen, wenn sie sich im Gegenzug zu einer Emissionsverminderung verpflichten und diese auch einhalten.
Eine CO2-Bepreisung gibt es laut Weltbank bereits in mehr als 70 Ländern, darunter auch Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Dänemark und Schweden. Deutschland hat bislang darauf verzichtet.
Geht es nach den Grünen, soll sich das schnellstmöglich ändern - und Bayern mit gutem Beispiel voranmarschieren. Fraktionschef Ludwig Hartmann favorisiert dabei Lenkungsmaßnahmen wie in der Schweiz. "Ein steuerndes Instrument, wenn etwas falsch läuft: Das ist doch die Grundaufgabe eines Staatswesens, dass man lenkend eingreift, um an ein Ziel zu kommen", sagte er und schlug einen Einstiegspreis von 50 Euro pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid vor, der "verbindlich nach oben geht".
Hartmann: "Klimaveränderung ist in vollem Gange"
Weil dann Benzin, Diesel - um geschätzt zehn Cent pro Liter - und das private Heizen ebenfalls teurer würden, soll im Gegenzug die Stromsteuer abgeschafft werden. Zusätzlich sollten die Bürger ein Energiegeld von 100 Euro pro Jahr und Kopf erhalten, wie es auch die Bundesgrünen unlängst vorgeschlagen hatten. Allerdings erscheine es ihm nicht sinnvoll, langfristig für alle Sektoren und Energieträger die gleichen Preise zu erheben, so Ludwig Hartmann.
Als Hebel im unternehmerischen Bereich will Hartmann die Wirtschaftsförderung nutzen. "Bayern betreibt meines Wissens nach die größte Wirtschaftsförderung aller Bundesländer. Da könnte man doch sagen: Ihr könnt Euch nur dafür bewerben, wenn man vorher eine Zielvereinbarung macht, und sagt: Man reduziert den CO2-Ausstoß." So würde der Wettkampf um Ideen angeheizt - und nicht das Weltklima. "Die Klimaveränderung ist in vollem Gange. Die neun der zehn wärmsten Jahre lagen alle im 21. Jahrhundert. Die Kurve geht so steil nach oben wie noch nie." Es sei deshalb unstrittig, dass etwas getan werden müsse.
Söder lehnt Grünen-Vorschlag ab
Martin Hagen, Fraktionsvorsitzender der FDP im Landtag, warf den Grünen "planwirtschaftliche Hybris vor" und forderte stattdessen die Ausweitung des europäischen Emissionshandels. "Hier legt die Politik die Höchstmenge an CO2 fest, das emittiert werden darf, und der Preis für die Emissionsrechte bildet sich am Markt."
Eine lenkende Wirkung habe man damit nicht erreicht, konterte Hartmann. Zudem würde es Jahre dauern, bis man sich auf EU-Ebene auf eine Erweiterung des Emissionshandels einigen könnte. "Aber wir müssen jetzt handeln! Uns läuft die Zeit davon."
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) blockte die Grünen-Vorschläge ab: "Wir setzen nicht auf Verbote und Vorschriften. Unser Weg sind positive Anreize und Motivation für jene, die CO2 sparen."
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