Alterssicherung
Neue Streiks und Proteste gegen Rentenreform in Frankreich
16. Februar 2023, 15:24 Uhr aktualisiert am 16. Februar 2023, 21:21 Uhr
In Frankreich sind am Donnerstag laut Behördenangaben landesweit rund 440.000 Menschen gegen die geplante Rentenreform auf die Straße gegangen. Demonstrationen gab es in Städten wie Marseille, Rennes und Bordeaux. An Flughäfen, im Energiesektor und bei der Bahn legten Menschen ihre Arbeit nieder. Die Mitte-Regierung unter Staatschef Emmanuel Macron will das Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben. Die Gewerkschaften halten das für brutal und ungerecht.
An früheren Tagen waren nach offiziellen Zahlen des Innenministeriums mehr als eine Million Menschen auf der Straße. Von Gewerkschaftsseite wurde sogar von weit mehr als zwei Millionen gesprochen. Weil in vielen französischen Regionen derzeit Schulferien sind, wurde am Donnerstag insgesamt mit geringerer Beteiligung gerechnet.
Derzeit liegt das Renteneintrittsalter bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber später: Wer nicht lang genug eingezahlt hat, um Anspruch auf volle Rente zu haben, arbeitet länger. Mit 67 gibt es unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag - dies will die Regierung behalten, auch wenn die Zahl der nötigen Einzahlungsjahre für eine volle Rente schneller steigen soll. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1200 Euro hochsetzen.
Die Rentenreform gilt als eines der zentralen Vorhaben Macrons. Das linke Lager und Frankreichs Rechtsnationale stellen sich dagegen. Die Regierung hofft, sie mit den Stimmen der konservativen Républicains durchs Parlament zu bekommen. Noch steht aber keine Mehrheit.
Eine erste Schlappe musste die Regierung in der Nacht zum Mittwoch einstecken, weil die Abgeordneten der Nationalversammlung mehrheitlich gegen einen Artikel der Reform stimmten. Auch die meisten Républicains votierten dagegen. Das bedeutet nicht, dass sie gegen das gesamte Vorhaben stimmen werden.
Die Nationalversammlung als Unterhaus hat noch bis zur Nacht auf Samstag Zeit, um zu beraten. Weil mehr als 20.000 Änderungsanträge eingereicht wurden, scheint unwahrscheinlich, dass die Abgeordneten die Prüfung abschließen. Nun sollen etliche Anträge zurückgezogen werden, um zumindest über den Kern zu debattieren. Nach der Frist geht das Vorhaben im beschleunigten Verfahren in den Senat, die zweite Parlamentskammer - ob mit oder ohne vorige Abstimmung in der Nationalversammlung.