Brics-Gipfel in Russland

Putin möchte Brics zu einem neuen Machtzentrum aufbauen


sized

Die Umarmung mit Modi liefert Putin eins der nötigen Bilder, um zu demonstrieren, dass er international trotz Krieg nicht isoliert ist.

Von dpa

Kremlchef Wladimir Putin will das Brics-Bündnis auf eine stärkere Kooperation insbesondere im Finanzsektor einschwören. Kremlsprecher Dmitri Peskow dementierte zwar, dass es Moskau darum gehe, mit Hilfe von Brics die Vorherrschaft des US-Dollars auf den Weltmärkten zu bekämpfen. Allerdings hatte Putin zuvor mehrfach die Dominanz der US-Währung kritisiert und erst vor wenigen Wochen angekündigt, innerhalb der Brics ein unabhängiges Zahlungs- und Verrechnungssystem aufbauen zu wollen.

"Die Zusammenarbeit im Rahmen der Brics richtet sich gegen nichts und niemanden - nicht gegen den Dollar, nicht gegen andere Währungen. Sie verfolgt das alleinige Ziel, die Interessen der Länder zu gewährleisten, die an dem Format teilnehmen", sagte Peskow.

Die Abkürzung Brics steht für die Anfangsbuchstaben der ersten fünf Mitglieder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Für das Gipfeltreffen bis zum Donnerstag in der russischen Millionenstadt Kasan herrschen strenge Sicherheitsvorkehrungen, weil auch Chinas Präsident Xi Jinping, Indiens Ministerpräsident Narendra Modi und andere Staats- und Regierungschef zu Gast sind.

Für Moskau ist dies angesichts des Angriffskriegs gegen die Ukraine besonders aktuell: Infolge des Kriegs haben westliche Industriestaaten Sanktionen gegen Russland verhängt, die speziell den Finanzsektor des Landes empfindlich treffen. So wurde Russland vom internationalen Zahlungsinformationsdienst Swift abgeschaltet und der Zugang zu Dollar und Euro beschränkt. Den Vorschlag, den bilateralen Handel in nationalen Währungen abzurechnen, wiederholte Putin daher in Kasan bei mehreren Gesprächen mit seinen ausländischen Gästen wie Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa.

Putin sieht die Brics aber auch als politisches Bündnis. Er strebt nach dem Aufbau einer neuen Weltordnung ohne eine Dominanz des Westens. Zugleich betonte er aber auch, dass die Brics-Allianz, zu der inzwischen auch der Iran, Ägypten, Äthiopien und die Vereinigten Arabischen Emirate gehören, nicht gegen irgendjemanden gerichtet sei.

Mit China und Indien sind die zwei mit Abstand bevölkerungsreichsten Staaten Teil der Brics. Nach Darstellung des Kremls verleiht dies dem Bündnis auch eine moralische Autorität, da es für einen Großteil der Weltbevölkerung spreche.

Die Erweiterung um neue Mitglieder soll der Organisation weiteres Gewicht geben. Insgesamt sind mehr als 20 Staats- und Regierungschefs angereist. Russland sieht sie als potenzielle Beitrittskandidaten. Interessant ist in der Hinsicht die Annäherung des Nato-Mitglieds Türkei. Deren Präsident Recep Tayyip Erdogan flog ebenfalls nach Kasan.

Als wichtigster Gast gilt allerdings Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping. Chinas Rückendeckung ist für Putins weitere Kriegsführung in der Ukraine wichtig. Peking ist zudem wie Moskau daran interessiert, die Dominanz des Westens zu brechen, und sieht die Brics dazu als mögliches Instrument.

In jedem Fall lieferte der Gipfel Putin schon am ersten Tag reichlich Bilder, um das Narrativ zu entkräften, er sei wegen des Kriegs international isoliert. So umarmte er innig Indiens Regierungschef Narendra Modi bei dessen Empfang im Kasaner Kreml.

Modi bot dem Gastgeber dabei erneut Indiens Vermittlung im Ukrainekonflikt an. "Wir unterstützen vollständig die schnellstmögliche Wiederherstellung von Frieden und Stabilität", sagte der indische Regierungschef. Probleme sollten auf friedliche Weise gelöst werden. Da Indien das Humanitäre im Blick habe, sei das Land mit allen Seiten in Kontakt und auch künftig bereit, "jede Art von Unterstützung zu leisten", um den Krieg zu beenden. Er wolle bei den weiteren Gesprächen mit Putin das Thema vertiefen, sagte Modi.

Modi hatte im Juli schon einmal Russland besucht. Seine Geste der Umarmung mit Putin rief in der Ukraine Ärger hervor, da ein russischer Raketenangriff zuvor ein Kinderkrankenhaus in Kiew zerstört hatte. Später umarmte Modi bei seinem Besuch in Kiew auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

In Kasan sind zudem Gespräche Putins mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres geplant. Dabei werde es auch um die Krisen im Nahen Osten und in der Ukraine gehen, teilte der Kreml mit. Während russische Medien die Visite mit der gestiegenen Bedeutung der Brics auch für den Westen begründeten, kam Kritik aus der Ukraine.

Dass Guterres den Friedensgipfel in der Schweiz ignoriert habe, nun aber nach Kasan reise, sei eine falsche Wahl, teilte das ukrainische Außenministerium auf der Plattform X mit.

Guterres hat nach Kriegsbeginn sowohl Russland als auch die Ukraine besucht, um eine friedliche Lösung zu erreichen. Unter Vermittlung der UN schlossen Moskau und Kiew im Sommer 2022 den Getreidedeal ab, der es der Ukraine erlaubte, trotz des Kriegs einen Teil seiner Agrarerträge über See zu exportieren. Ein Jahr später kündigte Russland dieses Abkommen allerdings mit der Begründung, dass die Ukraine den für Getreidefrachter eingerichteten Seekorridor angeblich für Waffenlieferungen nutze. Konkrete Ergebnisse von der jetzigen Visite von Guterres in Kasan werden nicht erwartet.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze warf dem russischen Präsidenten vor, die Staatengruppe als "antiwestliches" Bündnis positionieren zu wollen. Die Antwort darauf müsse sein, neutralen Mitgliedstaaten der Gruppe wie Brasilien, Indien und Südafrika "bessere Angebote für eine faire Zusammenarbeit" zu machen, sagte die SPD-Politikerin. Als Beispiel nannte sie ein verstärktes Engagement bei Infrastrukturprojekten in Asien, Afrika und Lateinamerika.

"Das Lagerdenken Putins, der sich in Kasan als Anführer einer antiwestlichen Gruppe inszenieren will, ist in der multipolaren Welt von heute überholt", sagte Schulze. "Das zeigt sich auch daran, dass viele der Brics-Gäste zugleich auch bei G7-Treffen vertreten sind und gut mit uns zusammenarbeiten."


Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.