Freilichtspiel 2022
Gelebte Geschichte in Aidenbach
15. März 2022, 8:00 Uhr aktualisiert am 15. März 2022, 8:00 Uhr
Nicht immer lässt sich die Geschichte zuverlässig bewahren. Im niederbayerischen Aidenbach lebt man in der Historie. Ob im Freilichtspiel, auf den Schlachtfeldern oder im Marktgeschehen: Die bayerische Volkserhebung von 1705/1706 ist hier allgegenwärtig. Sie ist Teil der Aidenbacher Seele.
8. Januar 1706. Nahe Aidenbach treffen tausende Bauern und Bürger, die gegen die Unterdrückung durch ihre Besatzer aufbegehrt hatten, auf kaiserlich-österreichische Truppen. Das Resultat ist keine Schlacht, sondern ein Gemetzel. Am Handlberg, am Kleeberg und in den umliegenden Wäldern und Wiesen werden die Aufständischen hingeschlachtet.
Das Ereignis hat sich in die Region regelrecht eingebrannt. Doch man hat die Bürde angenommen. "Wir Aidenbacher haben uns vorgenommen, dass wir die Geschichte leben wollen", erzählt Karl Obermeier, Bürgermeister der Marktgemeinde. "Wir haben seit 30 Jahren ein Festspiel, das da heißt "Lieber bairisch sterben … Aidenbach 1706". Es wird derzeit alle zwei Jahre aufgeführt und ist eine großartige Veranstaltung."
Mit dieser Meinung steht Karl Obermeier nicht allein da. Nicht umsonst wurde das Bühnenstück bereits mit dem Kulturpreis des Landkreises Passau und dem Niederbayerischen Heimatpreis ausgezeichnet.
Dabei gehe es nicht allein um die schauspielerische Leistung oder die lange Tradition. Karl Obermeier erzählt weiter: "Wir wollen mitteilen, dass Krieg nie ein Mittel ist, Probleme zu lösen." Er macht eine kleine Pause und wird nachdenklich: "Und da muss ich dazusagen: Bisher hat man das nicht gelernt."
Lesen Sie den vollständigen Artikel im NIEDERBAYERN TV Magazin, Ausgabe 10.
Großes Engagement
Um das eineinhalbstündige Stück über die Schlacht bei Aidenbach zu inszenieren, ist die Mitarbeit von knapp 120 Menschen nötig. Vor und hinter der Bühne stecken diese einen großen Teil ihrer Freizeit in das kulturelle Projekt und machen so etwas ganz Besonderes möglich. Ende 2021 hat die Gemeinde zusammen mit diversen Unterstützern die Anerkennung als "Immaterielles Kulturerbe" beantragt.
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Bereits 1923 wurde das tragische Ende des Volksaufstands erstmals auf die Bühne gebracht. Emil Hinterdobler hatte ein Stück geschrieben, das damals vom Turn- und Sportverein aufgeführt wurde. Der Theaterverein "Die vom Reschndobl" kam später ins Spiel. Doch schließlich war es der 2014 verstorbene Peter Klewitz, der ein historisch ausgerichtetes Stück verfasste, das 1991 Premiere feierte.
Eigentlich hätte man in der Spielzeit 2021 also das 30-jährige Jubiläum gefeiert. Doch durch die Corona-Pandemie musste diese auf das Folgejahr verschoben werden. Übrigens mit einem neuen Regisseur. Franz Rinberger übernimmt nun die Führung im Schauspiel. Doch er hat nicht vor, große Veränderungen vorzunehmen. "Wichtig ist, dass die Schauspieltruppe zusammenwächst", erzählt er anlässlich einer Fackelwanderung am 8. Januar 2022, die auch pandemiebedingt nur im allerkleinsten Kreis coronakonform abgehalten werden konnte.
Dokumentationszentrum geplant
Das alte Krankenhaus soll in Kürze zu einem Bürgerhaus mit Dokumentationszentrum umgebaut werden. "Es wird entkernt und neu gestaltet", erklärt Karl Obermeier. Bürgersaal, Sonderausstellungen, Vernissagen und Vereine - jeder soll einen Platz finden. Doch vor allem das Dokumentationszentrum ist für den Bürgermeister eine Herzensangelegenheit: "Wir wollen diesen bayerischen Volksaufstand den Menschen näherbringen."
Auch Schulen sollen hier eine Quelle für Informationen finden. Dies ist auch ganz im Sinne von Nicole Plattner. Die Vorsitzende des Kultur- und Festspielvereins erzählt bei der bereits erwähnten Fackelwanderung: "Es sind über 3.000 Bauern damals ums Leben gekommen. Das Leid, das damals herrschte, gehört weitergetragen. Es gehört daran erinnert. Es soll nicht vergessen werden."
Derzeit befindet sich auch ein Dokumentarfilm mit dem Titel "Aidenbach 1706 - Vom Ende einer Volkserhebung" in Produktion. Hier können Sie ein erstes Preview sehen:
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Betrachtet man das Engagement der Schauspieler, Vereinsmitglieder, Bürger und der Gemeindeverwaltung, dann kann man wahrlich spüren, wie sehr die Geschichte im Ort gelebt wird. Ob man Schauspielern in Gewandung bei Märkten und Festlichkeiten begegnet oder ob man das Bühnenstück selbst sehen kann - es ist eine tief verwurzelte Leidenschaft für die Region, die Historie und nicht zuletzt für die Kultur, die diese Menschen transportieren.